Kunst für den Fiskus Hausrat oder Vermögenswert? Wer wertvolle Kunst besitzt, muss sich diese Frage beim Ausfüllen der Steuererklärung regelmässig stellen. Doch die Antwort darauf ist alles andere als einfach.

Hausrat oder Vermögenswert? Wer wertvolle Kunst besitzt, muss sich diese Frage beim Ausfüllen der Steuererklärung regelmässig stellen. Doch die Antwort darauf ist alles andere als einfach.

 

Wer Bilder von Künstlern hängen hat, die vornehmlich einem dekorativen Zweck dienen, braucht sich um die steuerlichen ­Aspekte dieser Werke kaum Sorgen zu machen. Bild: unsplash

Die Gäste des Zürcher Dolder Grand staunten nicht schlecht, als vor ziemlich genau fünf Jahren Mitarbeiter der Eidgenössischen Zollverwaltung beim Luxushotel vorfuhren und zahlreiche Kunstwerke von namhaften Künstlern wie Fernando Botero, Joan Miró oder Niki de Saint Phalle beschlagnahmten. Die Werke gehören Dolder-Besitzer Urs E. Schwarzenbach. Weil dieser sie unter Umgehung der Mehrwertsteuerpflicht eingeführt haben soll und Fristen für die Nachsteuern verstreichen liess, wurden die Objekte kurzerhand konfisziert. Noch heute ist der Rechtsstreit zwischen Schwarzenbach und den Steuerbehörden nicht abgeschlossen.
Einen Konflikt mit dem Fiskus ­riskieren nicht nur Financiers und Kunstsammler wie Schwarzenbach, schliesslich zählen Kunstobjekte zum Privatvermögen und müssen gegebenenfalls ­deklariert werden. Wann ein Werk in die Steuererklärung gehört und wann nicht, ist allerdings nicht genau definiert.

Keine klare Grenze

«Es existiert eine Grauzone», sagt ­Denis Boivin, Leiter Steuern & Recht bei BDO. Tatsächlich gelten Kunstwerke im Besitz von Privaten oftmals als «steuerfreier Hausrat». Wer also zu Hause Bilder von wenig bekannten Künstlern hängen hat, die vornehmlich einem dekorativen Zweck dienen, braucht sich um die steuerlichen ­Aspekte dieser Werke kaum Sorgen zu machen. Sobald diese aber einen gewissen, von den Steuerbehörden nicht genau bezifferten Betrag übersteigen, kann es sich um steuerpflichtige Vermögenswerte handeln.

«Einen wichtigen Hinweis liefert die Versicherung», erklärt Boivin. Wenn ­
für die Werke neben der klassischen Hausrat- auch eine separate Kunstversicherung abgeschlossen wurde, dürften es mehr als nur Einrichtungsgegenstände sein. Eine Deklaration ist dann angebracht. «Sinnvollerweise sollte man die Versicherungssumme als ­Vermögenswert angeben», so der BDO-Experte.

Ob ein Kunstwerk zum gewöhnlichen Hausrat oder zum steuerbaren Vermögen zählt, hängt aber auch von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Eigentümer ab. «Man kann davon ausgehen, dass der Hausrat bei einem ­Multimillionär einen deutlich höheren Wert aufweist als bei einer weniger vermögenden Person», erklärt KPMG-Steuerexperte Philipp Zünd. Dies sei auch der Grund, weshalb der Fiskus keine klare Grenze zwischen Hausrat und steuerbarem Vermögen von Kunstwerken festlegen könne. Steuerpflichtig wird Kunst oftmals auch, wenn nicht nur einzelne Objekt ausgestellt werden. «Ein einzelner Hodler kann unter ­Umständen noch als Hausrat durchgehen, eine ganze Sammlung hingegen nicht», ergänzt er. Findet schliesslich ein regelmässiger Handel mit Kunstobjekten statt, dann gilt dies für den Fiskus nicht mehr als steuerfreies Hobby, sondern vielmehr als gewerbemässige ­Tätigkeit. Die Praxis ist vergleichbar mit dem professionellen Handel mit Immobilien oder Wertpapieren.

Der Fiskus liest mit

Eine weitere Schwierigkeit bei der ­Deklaration von Kunstgegenständen ­ergibt sich, wenn der für die Steuererklärung massgebende Verkehrswert der Objekte ermittelt werden soll. «Die Versicherungssumme gibt nur einen Hinweis über den tatsächlichen Preis», sagt Zünd. Gehöre ein Werk beispielsweise seit Generation einer Familie, könne der Verkehrswert den Versicherungswert durchaus übersteigen. ­Anhaltspunkte für den Verkehrswert könnten allenfalls Auktionen oder auch der Kaufpreis liefern, sofern der Erwerb nicht allzu weit zurückliegt. «Den exakten Wert von Kunst zu bestimmen, ist aber äusserst komplex, da für die Werke oftmals kein Markt besteht», sagt der KPMG-Experte. Aus diesem Grund rät Zünd seinen Klienten im Zweifelsfall, ihre Kunst zu deklarieren und damit für Transparenz zu sorgen. «Besser einen Näherungswert angeben als nichts. Allenfalls werden die Steuerbehörden nachfragen, wie die Berechnung zustande gekommen ist.»

Auch wenn der Fiskus im Normalfall keine Hausbesuche vornimmt, kommt es immer mal wieder vor, dass undeklarierte Kunst entdeckt wird. «Viele Leute sind sich nicht bewusst, dass, wenn sie sich zu Hause den Medien präsentieren oder in den sozialen Medien selbst ­Bilder veröffentlichen, diese auch von den Steuerbehörden gesehen werden», sagt Denis Boivin. Der BDO-Experte empfiehlt seinen Kunden deshalb, Kauf­dokumente und ähnliche Unterlagen zu den Werken aufzubewahren und bei ­Bedenken die Objekte lieber zu ­deklarieren.

Das gilt übrigens auch bei sogenannten Non Fungible Token (NFT), also ­digitalen Anteilen, wie sie jüngst vermehrt auch auf Kunstobjekte angeboten wurden. «Wie Bitcoins oder andere Kryptowährungen, für die die Steuerverwaltung zum Teil sogar einen Steuerwert ausgibt, haben auch NFT einen Verkehrswert, der in der Steuererklärung angegeben werden muss», sagt Philipp Zünd. Angesichts der Kursschwankungen sei es hier allerdings schon fast ein Ding der Unmöglichkeit, einen korrekten Verkehrswert zu eruieren. «Ob NFT oder physisches Bild: Es bleibt ein Kunstwerk und sollte deklariert werden – zumal es sich bei einem digitalen Token kaum um Hausrat handeln dürfte», sagt Boivin.­­

Das gilt bei Uhren, Schmuck und Oldtimern

Wie bei Kunstgegenständen gilt auch hier die Unterscheidung zwischen Gebrauchs- und Anlageobjekten. Wer also Eigentümer von zwei bis drei teuren Markenuhren ist, die im Alltag durchaus auch getragen werden könnten, muss sich kaum Sorgen wegen des Fiskus machen. Handelt es sich jedoch um eine ganze Uhrensammlung, dann sollte man diese in der Steuererklärung deklarieren. Dasselbe gilt auch bei Schmuck und Oldtimern. Ein wichtiger Indikator, in welche Kategorie physische Wertgegenstände gehören, ist wie bei der Kunst die Versicherung. Sind die Objekte separat versichert, dürften sie mehr sein als eigentliche Gebrauchsgegenstände.

Etwas einfacher fällt es bei Uhren, Schmuck und Oldtimern, den ­Verkehrswert der einzelnen Objekte zu de­finieren. Bei Uhren kann man sich auf die Kataloge von Auktionshäusern oder Online-Plattformen ­abstützen, beim Schmuck kommt zumindest der Materialpreis (Gold, Diamanten etc.) zum Tragen. Und auch Oldtimer wechseln – sofern es sich nicht um seltene Raritäten handelt – immer mal wieder die Hand.

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