Warum sollen Kadermänner mehr wert sein als Kaderfrauen? Bei gleicher Qualifikation und Verantwortung in Führungspositionen verdienen Männer trotzdem mehr Geld als Frauen. Esther-Mirjam de Boer von GetDiversity nimmt für KMU_today das Thema unter die Lupe.
Bei gleicher Qualifikation und Verantwortung in Führungspositionen verdienen Männer trotzdem mehr Geld als Frauen. Esther-Mirjam de Boer von GetDiversity nimmt für KMU_today das Thema unter die Lupe.
Herausforderung: Männer verdienen bei gleicher Qualifikation und Verantwortung in Führungspositionen mehr als Frauen.
Lösungsansatz: In der Bewerbungssituation nicht nach dem bisherigen Lohn fragen, sondern einen unverhandelbaren Lohn für die Aufgabe festlegen.
Die Einschätzung der Expertin
Esther-Mirjam de Boer ist CEO von GetDiversity. Ihre Antwort: Die Schweizerische Bundesverfassung verpflichtet Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber zur Zahlung von gleichem Lohn für gleiche Arbeit. Die oben gemachte Feststellung zur Lohnungleichheit ist längst nicht mehr überall zutreffend, da viele Firmen bereits gehandelt und die gesetzlich verbotenen Unterschiede korrigiert haben. Allerdings gibt es Interpretationsspielraum, was «gleiche Arbeit» wirklich bedeutet und so gibt es vor allem in höheren Kaderstufen verbreitet erhebliche Unterschiede zwischen den bezahlten Löhnen, die in der Regel zum Nachteil der Frauen sind.
Die vorgeschlagene Lösung funktioniert
Bewerberinnen und Bewerber prägen mit einer Aussage zu ihrem bisherigen Lohn die Zahlungsbereitschaft des zukünftigen Arbeitgebers – das wirkt sowohl nach oben wie nach unten. Das Phänomen ist als «Priming» aus der Werbung oder der Manipulationstechnik bekannt. Wenn der offengelegte, bisherige Lohn als Referenzwert tiefer ist als das Budget, dann wird der vereinbarte Lohn tiefer als dieses sein und sich dabei grosszügig anfühlen. Im umgekehrten Fall wird der vereinbarte Lohn eventuell sogar höher als das Budget ausfallen und sich trotzdem etwas knausrig anfühlen.
Der Zusatznutzen
Eine konsequente und transparente Lohnpolitik schafft Vertrauen und wirkt positiv auf eine gute Firmenkultur. Lohndisziplin unterstützt Firmen darin, sich nicht von Blendern und Narzissten um den Finger wickeln zu lassen. Nicht jede Person mit besonders hohen Lohnforderungen erbringt gleichermassen bessere Leistungen. Und auch umgekehrt gilt: Einige in Lohnfragen bescheidene Personen sind ausgesprochen wertvoll und leistungsfähig.
ADVANCE ist mit 135 Firmenmitgliedern die führende Organisation in der Schweiz, die sich aktiv für mehr Frauen im Management einsetzt.
Zur Expertin
Esther-Mirjam de Boer ist Unternehmerin, Verwaltungsrätin, Politikerin und CEO von GetDiversity in Zürich. Das Kredo ihrer Firma: Vielfalt bringt grössere unternehmerische Erfolge. Seit 2007 setzt sich GetDiversity systematisch für Durchmischung ein. Kernkompetenz ist dabei, Vakanzen in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungen vermehrt mit qualifizierten Frauen zu besetzen. Die Firma erhebt jährlich den «Diversity Report Schweiz».
Bild: Remo Neuhaus