Schweizer Mehrwertsteuer – das müssen Neugründer beachten Die Mehrwertsteuer kann Neugründerinnen und Neugründer von KMU vor kleine und grosse Herausforderungen stellen. Wenn sie nachfolgende Punkte beachten, lassen sich aber einige mehrwertsteuerliche Stolpersteine vermeiden.
Die Mehrwertsteuer kann Neugründerinnen und Neugründer von KMU vor kleine und grosse Herausforderungen stellen. Wenn sie nachfolgende Punkte beachten, lassen sich aber einige mehrwertsteuerliche Stolpersteine vermeiden.
Wer muss sich für die Mehrwertsteuer (MwSt.) registrieren und wer nicht?
Grundsätzlich ist mehrwertsteuerpflichtig, wer – unabhängig von Rechtsform, Zweck und Gewinnabsicht – ein Unternehmen betreibt und mit diesem Unternehmen Leistungen im Inland erbringt oder Sitz, Wohnsitz oder Betriebsstätte im Inland hat. Unternehmen sind jedoch von der Steuerpflicht befreit, wenn sie einen Jahresumsatz von weniger als 100’000 Franken (exklusive MwSt.) aus Leistungen erzielen, die nicht von der MwSt. ausgenommen sind. Wer ein neugegründetes Unternehmen führt, muss daher zuerst einmal wissen, wie die Leistungen mehrwertsteuerlich zu qualifizieren sind und ob allenfalls von der MwSt. ausgenommene Leistungen vorliegen (z.B. im Bereich der Pflege, Kultur, Versicherungen oder Finanzen).
Wann und wie muss ein Unternehmen angemeldet werden?
Danach sollte der Zeitpunkt der Anmeldung bestimmt werden. Die Anmeldung auf den Beginn der Geschäftstätigkeit ist obligatorisch, wenn nach den Umständen anzunehmen ist, dass die Umsatzgrenze von 100’000 Franken innerhalb der folgenden zwölf Monate erreicht wird.
Kann dies noch nicht eingeschätzt werden, muss nach spätestens drei Monaten nochmals eine Beurteilung erfolgen. Geht man danach davon aus, dass die Umsatzgrenze überschritten wird, hat das Unternehmen ein Wahlrecht: Es kann entschieden werden, ob man das Unternehmen rückwirkend auf die Aufnahme der Geschäftstätigkeit oder auf den Zeitpunkt der erneuten Beurteilung der Steuerpflicht (spätestens jedoch mit dem Beginn des vierten Monats) registrieren lassen will. Im Zweifelsfall empfiehlt sich also ein genaues Monitoring der Umsätze in den ersten Monaten nach der Gründung.
Die Anmeldung bei der MwSt. erfolgt papierlos über die Website der Eidgenössischen Steuerverwaltung.
Kann sich eine freiwillige Unterstellung unter die MwSt.-Pflicht lohnen?
Ein Unternehmen, das von der Steuerpflicht eigentlich befreit ist, kann auf diese Befreiung aber auch verzichten. Gerne geht vergessen, dass die Steuerpflichtigen nicht nur die Pflicht haben, MwSt. zu deklarieren und abzuführen, sondern ihnen auch das Recht zusteht, die ihnen in Rechnung gestellte MwSt. wieder zurückzufordern (sog. Vorsteuerabzugsrecht). Gerade bei Neugründung resp. bei Unternehmen in der Startup-Phase können hohe Investitionen anfallen während noch kaum Umsätze erzielt werden. In diesen Konstellationen kann eine freiwillige MwSt.-Registrierung beispielsweise sinnvoll sein. Aber auch bei (Neu-)Unternehmen mit exportlastigem Umsatz (ohne Erreichung der Umsatzgrenze) kann eine freiwillige Anmeldung sachdienlich sein – die Lieferung von Gegenständen ins Ausland ist grundsätzlich von der MwSt. befreit, die bezahlte Vorsteuer auf Eingangsrechnungen kann nichtsdestotrotz im Rahmen der gesetzlichen Regelungen geltend gemacht werden.
Zusammengefasst empfiehlt sich daher bei Neugründungen:
- Die mehrwertsteuerliche Qualifikation der eigenen Leistungen/Umsätze zu kennen;
- Die erzielten Umsätze insbesondere in den ersten drei Monaten mit Blick auf eine obligatorische MwSt.-Pflicht im Auge zu behalten;
- Die Vorteile einer freiwilligen MwSt.-Registrierung zu kennen;
- Im Zweifelsfall frühzeitig einen Spezialisten herbeizuziehen, um Überraschung zu vermeiden.
Clara Bodemann, Eidg. Dipl. Steuerexpertin, ist in den Bereichen des nationalen und internationalen Steuerrechts mit Schwerpunkt Mehrwertsteuerrecht bei der Anwaltskanzlei Wenger Vieli AG tätig.