Energiekrise: Die Industrie zittert vor dem nächstem Winter Mitgliederfirmen der Swissmem sparten bereits 10 Prozent Strom ein – doch der Härtetest kommt erst
Mitgliederfirmen der Swissmem sparten bereits 10 Prozent Strom ein – doch der Härtetest kommt erst
Bis anhin ist die durch Russlands Angriff auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise glimpflich verlaufen. Die Furcht vor einer Strommangellage schwindet mit jedem Tag. Das ist insbesondere dem milden Winter zu verdanken. Doch nicht nur ihm. Die Industrie hat ebenfalls einen wichtigen Beitrag geleistet. Das zeigt eine Umfrage unter den über 1250 Mitgliedsfirmen des Branchenverbandes Swissmem, die der «NZZ am Sonntag» vorliegt.
Die Firmen stammen aus der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Zwei Drittel der befragten Firmen geben an, sie hätten weniger Strom verbraucht. Die Einsparung betrug mindestens 6 Prozent, zum Teil auch 20 Prozent und mehr. «Auf Basis dieser Antworten schätzen wir, dass unsere Mitgliederfirmen insgesamt rund 10 Prozent Strom eingespart haben», sagt der Swissmem-Vizedirektor Jean-Philippe Kohl. 74 Prozent der antwortenden Firmen sind KMU mit bis zu 250 Mitarbeitenden, der Rest Grossunternehmen.
Es liegt noch mehr drin
Diese Einsparungen sind laut Kohl nachhaltig und auch nächstes Jahr wieder zu erwarten. Doch das ist noch nicht alles. Auf der Grundlage der Umfrageresultate schätzt Kohl, dass die Firmen ihren Strombedarf um weitere 10 Prozent werden senken können. Grund sind die Pläne zur Modernisierung von Produktionsanlagen und Geräten. Dabei geht es etwa um den Kauf von neuen, energieeffizienteren Maschinen oder um den Ersatz von veralteten, stromfressenden Elektromotoren. Ein Drittel der befragten Firmen hat bereits entsprechende Massnahmen umgesetzt. Ein weiteres Drittel gibt an, solche zu planen.
Nur knapp 20 Prozent der Unternehmen setzen dagegen auf einen Ausbau ihrer Notstromversorgung. 78 Prozent planen keine solchen Massnahmen. Einen Boom dürfte es bei den Solaranlagen geben. 39 Prozent der Firmen sagen, sie wollten angesichts der steigenden Energiepreise und der drohenden Mangellage die eigene Stromproduktion mit erneuerbaren Energien ausbauen. Hierzu eignen sich insbesondere Solarpanels auf den Fabrikdächern.
Für Jean-Philippe Kohl sind die Resultate gerade mit Hinblick auf die weitere Zukunft erfreulich. «Diesen Winter sind wir wahrscheinlich über den Berg, aber im nächsten könnte es schwierig werden», sagt er. Wegen der Trockenheit hätten viele Stauseen nur wenig Wasser, zudem müsse Europa seine Gaslager im Sommer ohne Lieferungen aus Russland füllen. Komme dann noch ein kalter Winter dazu, könne es eng werden, sagt Kohl warnend.
Auch Gas eingespart
Die Umfrage entstand in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Energie (BfE) und umfasste neben Swissmem noch andere Verbände und Unternehmen. «Aus den Rückmeldungen ergibt sich, dass die Unternehmen im Schnitt bereits über 10 Prozent Strom und Gas eingespart haben», fasst die Sprecherin Marianne Zünd die Ergebnisse zusammen. Angesichts der Erfahrungen, die der Bund in der seit langem laufenden Energieberatung gesammelt hat, sei diese Grössenordnung plausibel, erklärt Zünd.
Sie betont aber, die Resultate könnten nicht auf die Gesamtheit der Unternehmen übertragen werden. Die Umfrage wurde unter den Mitgliedern der vom Bund organisierten Energiespar-Alliance durchgeführt. «Darin vertreten sind Unternehmen, die motiviert sind und die auch etwas zum Thema Energiesparen vorzuweisen haben», sagt Zünd.