Was Kunden von der UBS und der Credit Suisse nach dem Zusammenschluss beachten sollten – Finanzberater und Professoren schätzen die Lage ein Die Angst vor einem unkontrollierten Kollaps der Credit Suisse ist seit dem Wochenende gebannt. Finanzexperten geben Auskunft darüber, was Kundinnen und Kunden der neuen Grossbank wissen sollten.
Die Angst vor einem unkontrollierten Kollaps der Credit Suisse ist seit dem Wochenende gebannt. Finanzexperten geben Auskunft darüber, was Kundinnen und Kunden der neuen Grossbank wissen sollten.
«Ist das Geld bei der Credit Suisse noch sicher?» Diese Frage hat in der vergangenen Woche bei der Bank einen Flächenbrand ausgelöst, vor dem die Kundschaft in Scharen floh – zuletzt hob sie rund 10 Milliarden Franken pro Tag von ihren Konten ab.
Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS ist der Flächenbrand gestoppt und die einst stolze Grossbank bald Geschichte. Die staatlichen Garantien und Finanzhilfen, welche die Übernahme ermöglicht haben, liegen bei kolossalen 209 Milliarden Franken. Durch den Zusammenschluss von UBS und CS ist ein Finanzgigant entstanden, wie ihn die Schweiz noch nie gesehen hat. Was bedeutet dies für die Kundinnen und Kunden sowie den Bankenmarkt?
Diskussion über Sicherheit von Einlagen ist gestoppt
«Mit der Übernahme der CS durch die UBS muss man die Diskussion über die Sicherheit von Spargeldern nicht mehr führen», sagt Andreas Dietrich, Finanzprofessor an der Hochschule Luzern. Die UBS sei in den Jahren nach der Rettung durch den Schweizer Staat in der Finanzkrise wieder eine stabile Bank geworden.
Zusammen mit den staatlichen Garantien führt dies dazu, dass das Ausfallrisiko der Credit Suisse massiv verringert worden ist und sich die Lage stabilisiert hat.
Manche Kunden haben jetzt «zu viele Eier im selben Korb»
Allerdings heisst das nicht, dass keinerlei Handlungsbedarf besteht. Schliesslich haben viele Leute Gelder auf die beiden Banken verteilt, gerade um etwaigen Ausfallrisiken vorzubeugen. Gerade für Krisensituationen ist dies durchaus zu empfehlen, schliesslich besagt schon eine alte Investorenregel, dass man bei der Geldanlage nicht alle Eier in denselben Korb legen sollte.
Nach dem Zusammenschluss von UBS und Credit Suisse funktioniert bei vielen Kunden nun aber die bisherige Risikostreuung – die sogenannte Diversifikation – nicht mehr, denn die zuvor auf die beiden Grossbanken verteilten Gelder liegen nun allesamt im Korb des neuen Bankgiganten. Laut Dietrich dürfte der Marktanteil der neuen Grossbank im Geschäft mit Kundeneinlagen derzeit bei rund 26 Prozent liegen. Der Finanzprofessor erwartet deshalb, dass es bei diesem nun zu einem gewissen Abfluss von Kundengeldern kommen wird. Einige Kundinnen und Kunden könnten einen Teil ihrer Gelder zu anderen Instituten umschichten.
Hiermit würde sich ein Trend fortsetzen. Seit dem Jahr 2003 ist der kumulierte Marktanteil von UBS und CS bei den Kundeneinlagen laut Dietrich um 7 Prozent zurückgegangen.
Auch Pensionskassen und Unternehmen hätten für ihre Transaktionen oftmals jeweils eine Bankverbindung bei der UBS und eine bei der CS gehabt, sagt Stephan Skaanes, Partner bei dem Pensionskassen-Beratungsunternehmen PPCmetrics. Dies sei eine Absicherung für den Fall, dass beispielsweise das Banking bei einem Finanzinstitut an einem Tag nicht funktionieren sollte, etwa wegen eines Hackerangriffs, zur Diversifikation von Gegenparteien und zur Verringerung von operationellen Risiken.
Es drohen Schliessungen und Zusammenlegungen von Anlageprodukten
Dietrich rechnet ausserdem damit, dass früher oder später Doppelungen im Produktportfolio der Banken bereinigt werden, beispielsweise bei Fonds, anderen Anlageprodukten oder Depots. «Hier wird es in den nächsten Monaten viel um Synergien gehen», sagt er. Die neue Organisation werde in den nächsten Monaten sehr stark mit sich selbst beschäftigt sein.
Auch ist nicht auszuschliessen, dass Schlüsselpersonen die neue Grossbank verlassen, was sich negativ auf die Qualität bestimmter Produkte und Dienstleistungen auswirken könnte. Momentan gebe es innerhalb der fusionierten Bank wohl eine grosse Unsicherheit, welche Teams es in einem halben Jahr überhaupt noch gebe und welche nicht, sagen Beobachter.
Trotzdem sollte niemand in Aktionismus verfallen. Durch unüberlegte Handlungen entstehen oftmals Kosten und hohe Gebührenzahlungen, und wenig ist gewonnen. Dies sieht auch Maurice Pedergnana, Finanzprofessor an der Hochschule Luzern und geschäftsführender Partner bei dem Vermögensverwalter Zugerberg Finanz, so: «CS-Kunden sind in dieser Situation bestens beraten, wenn sie gar nichts machen und abwarten», sagt er.
Der Wettbewerb dürfte leiden – Konditionen könnten sich verschlechtern
Skaanes sieht auch die Gefahr, dass der Wettbewerb leidet. Als Beispiel nennt er den Bereich der Indexanlagen, der aufgrund der niedrigen Gebühren sowohl für Grossinvestoren als auch für Privatanleger wichtig ist. Hier dürfte es zu Zusammenlegungen kommen. «UBS und CS waren in diesem Bereich die wichtigsten Anbieter in der Schweiz», sagt der Pensionskassenberater. Es ergebe wenig Sinn, die jeweiligen Indexgeschäftsbereiche in Zukunft getrennt zu halten. Allenfalls dürften andere Finanzanbieter hier in die Bresche springen. Generell befürchtet Skaanes aber, dass die auf Schweizer Pensionskassen abgestimmte Produktpalette kleiner werden wird.
Auch bei komplexeren Kundenfinanzierungen könnte es in Zukunft weniger Wettbewerb geben, sagt Skaanes. Pedergnana sieht die grössten Auswirkungen bei international tätigen Firmenkunden, die beispielsweise beim Export ihrer Produkte regelmässig Devisentransaktionen tätigen.
Wettbewerb im Hypothekarmarkt sollte weiter spielen
Laut Dietrich kommt die neue Grossbank im Hypothekarmarkt auf einen Marktanteil in der Schweiz von 27 Prozent. Das ausstehende Hypothekarvolumen beziffert er auf rund 300 Milliarden Franken. Die Intensität des Wettbewerbs auf dem Markt gilt je nach Kanton und auch Region als unterschiedlich stark.
Pedergnana geht nicht davon aus, dass der Wettbewerb im Hypothekarmarkt leiden wird. Mit den Kantonalbanken und der Bankengruppe Raiffeisen gebe es hier andere sehr starke Akteure, zudem mischten auch immer mehr Versicherungen und Anlagestiftungen mit. Hinzu kommen noch Online-Angebote und Kreditvermittler. «Der Wettbewerb dürfte in Zukunft eher noch zunehmen», sagt er.
Zahl der Bankfilialen und der Bancomaten dürfte weiter sinken
Mit dem Zusammengehen dürfte indessen die Zahl der Bankfilialen und Bancomaten in der Schweiz weiter sinken. In Orten, wo UBS und CS Filialen unterhalten, könnte es zu Schliessungen und Zusammenlegungen kommen – der ohnehin schon bestehende Abbautrend könnte sich beschleunigen. Laut Dietrich unterhielten UBS und CS per Ende 2021 noch 431 Filialen in der Schweiz.
Auch bei den Bancomaten dürfte es zu einem weiteren Rückgang kommen. «Bancomaten sind oftmals nicht mehr besonders rentabel», sagt Pedergnana, weil Transaktionen verstärkt digital oder mit Karte statt mit Bargeld getätigt werden.