Watches & Wonders: Der Genfer Salon zeigt, dass Uhrenmessen nicht passé sind Die «Baselworld» ist Geschichte. Aber Uhrenmessen sind weiterhin ein geschätztes Format. Der Genfer Uhrensalon Watches & Wonders, der am Montag seine Türen öffnet, hat so viele Teilnehmer wie noch nie. Der Anlass ist ein Gemeinschaftswerk von Rolex, Patek Philippe und Richemont.

Die «Baselworld» ist Geschichte. Aber Uhrenmessen sind weiterhin ein geschätztes Format. Der Genfer Uhrensalon Watches & Wonders, der am Montag seine Türen öffnet, hat so viele Teilnehmer wie noch nie. Der Anlass ist ein Gemeinschaftswerk von Rolex, Patek Philippe und Richemont.

 

Eine grosse Publikumsmesse, wie die «Baselworld» es war, soll Watches & Wonders nicht werden. Bild: unsplash

In den vergangenen Wochen hat unter Uhrenliebhabern und Fachjournalisten wieder das alljährliche grosse Rolex-Rätselraten eingesetzt: Welche neuen Modelle wird die Genfer Nobelmarke wohl 2023 lancieren? Gibt es neue «Submariner»-Versionen, da dieses Modell heuer seinen 70. Geburtstag feiert? Oder plant Rolex vielleicht weitere Varianten der «Explorer» – in Erinnerung an das Jahr 1953, als Sir Edmund Hillary mit einer Rolex am Handgelenk die Erstbesteigung des Mount Everest gelang?

Gelüftet wird der Schleier über den Rolex-Neuheiten heute Montag, dem 27. März: Dann beginnt die Uhrenmesse Watches & Wonders in Genf. Rolex hält im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten eisern an der Tradition fest, die Neuheiten des Jahres jeweils ausschliesslich an der grossen Branchenmesse vorzustellen. Nicht einmal die Händler wissen im Voraus, welche neuen Modelle es gibt. Bis 2019 fand die Präsentation jeweils an der «Baselworld» statt, seit 2021 kommen die News – nach einem Corona-bedingt messefreien 2020 – von der Watches & Wonders.

Mehr als 150 Uhrenmarken stellen in Genf aus

Rolex ist aber keineswegs die einzige Uhrenherstellerin, die das Format der Uhrenmesse hochhält. 48 Uhrenmarken stellen an der Watches & Wonders aus, neben Rolex auch diverse weitere bekannte Hersteller wie Patek Philippe, Cartier, Chanel, IWC, Jaeger-Le Coultre, TAG Heuer, Hublot, Oris, Tudor oder Zenith.

Hinzu kommen schätzungsweise knapp 100 weitere Marken, die quasi im Windschatten der Watches & Wonders ebenfalls in Genf präsent sind: Die einen nehmen an der gleichzeitig stattfindenden Time to Watches teil (einer Messe für kleinere Marken, für die der grosse Salon zu teuer ist), die anderen stellen zusammen in einem Showroom aus wie die Masters of Horology oder die Marken hinter Barton 7. Wieder andere haben sich in einer Hotelsuite einquartiert und empfangen dort die Kunden, die Medien und die interessierte Öffentlichkeit.

Genf wird somit sieben Tage lang ganz im Zeichen der Uhrenbranche stehen. Dies umso mehr, als die Watches & Wonders dieses Jahr nicht mehr nur abgeschottet in den Palexpo-Hallen beim Genfer Flughafen stattfindet, sondern auch diverse Events in der Innenstadt organisiert: Dazu gehören geführte Touren zu den historischen Stätten der Genfer Uhrmacherkunst, Führungen im Patek-Philippe-Museum, spezielle Ausstellungen in den Boutiquen der teilnehmenden Marken sowie ein Fest am unteren Seebecken am Donnerstagabend.

Zwei Publikumstage an der Watches & Wonders

Die Messehallen selber werden ebenfalls teilweise fürs Publikum offen sein. So sind am Wochenende vom 1./2. April, am Ende der Messe, zwei Publikumstage geplant. Wie Matthieu Humair, CEO von Watches & Wonders, erklärt, handelt es sich zwar nach wie vor in erster Linie um eine Fachmesse für Uhrendetaillisten und Journalisten. Aber fürs Wochenende habe man ein Programm zusammengestellt, das auf das breite Publikum zugeschnitten sei. «Es gibt Vorträge im Auditorium, ein neu gestaltetes «Lab», in dem innovative Projekte sowohl von Firmen als auch von Startups präsentiert werden, und interaktive Bereiche. Und selbstverständlich können die Besucher auch bei den verschiedenen Uhrenmarken vorbeischauen.»

Grösster Anlass in Genf

Eine grosse Publikumsmesse, wie die «Baselworld» es war, soll Watches & Wonders allerdings nicht werden, wie Humair betont. Aus Gründen der Sicherheit und des Komforts werde die Zahl der Eintritte begrenzt sein. Die Eintrittskarten zum Preis von 70 Franken sind nur online erhältlich. An den beiden Publikumstagen erwartet Humair rund 5000 Besucher pro Tag. Insgesamt – das heisst mit den Händlern und Medienvertretern – dürften es rund 32 000 sein. Damit sei Watches & Wonders – zumindest solange der Automobilsalon nicht zurückkehrt – der grösste Anlass in der Stadt Genf.

Wer nicht nach Genf kommen kann, wie etwa im vergangenen Jahr die Chinesen, wird allerdings nicht ausgeschlossen: Alle Reden und Live-Veranstaltungen der Watches & Wonders werden übertragen; viele Marken werden ihre Produkte auch digital präsentiern. Und selbstverständlich wird auch Rolex seine Neuheiten am Montag nicht nur vor Ort vorstellen, sondern auch auf allen möglichen digitalen Kanälen.

Gemeinschaftswerk von Rolex, Patek Philippe und Richemont

Die Genfer Uhrenmesse Watches & Wonders hat einen  bemerkenswerten Aufstieg hinter sich. Bis zur Corona-Pandemie war sie – damals noch unter dem Namen Salon International de la Haute Horlogerie (SIHH) – ein feines, aber eher kleines Treffen von teuren Uhrenmarken, von denen viele aus dem Richemont-Konzern stammten. Heute ist sie der weltweit führende Branchenanlass. Die Genfer profitierten zwar von der Tatsache, dass 2020 die bis dahin weltgrösste Uhrenmesse «Baselworld» implodierte, nachdem sich die grössten Aussteller von ihr abgewendet hatten. Aber der Aufstieg klappte nur, weil die Verantwortlichen in Genf die Gelegenheit, die sich ihnen bot, packten: Als Rolex und andere «Baselworld»-Flüchtlinge anklopften, nahm man sie auf, obschon dadurch das bisherige Messekonzept angepasst werden musste. Aber nicht nur das. Nach dem ersten gemeinsamen Salon im Jahr 2022 willigte Richemont ein, die Watches & Wonders auf eine breitere Basis zu stellen, so dass auch die Neuankömmlinge etwas zu sagen haben würden. Im Herbst 2022 gründeten Rolex, Patek Philippe und Richemont zusammen eine gemeinnützige Stiftung, die sich seither um die Durchführung von Watches & Wonders in Genf und im Ausland kümmert.

Andrea Martel, «Neue Zürcher Zeitung»

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