Bei Dormakaba klemmt der Schlüssel noch immer – der Zürcher Industriekonzern kündigt Massenentlassungen an Bei der Firma Dormakaba sind rund 1800 Arbeitsplätze weltweit gefährdet. Der Spezialist für Schliesstechnik sieht sich zu weitreichenden Optimierungen vor allem in der Verwaltung, aber auch in der Produktion gezwungen.

Bei der Firma Dormakaba sind rund 1800 Arbeitsplätze weltweit gefährdet. Der Spezialist für Schliesstechnik sieht sich zu weitreichenden Optimierungen vor allem in der Verwaltung, aber auch in der Produktion gezwungen.

 

Dormakaba plant den Abbau von bis 1800 Stellen bei einer gegenwärtigen Belegschaft von knapp 16 000 Mitarbeitern. Bild: PD

Das Geschäft mit Produkten für Schliesstechnik und Zutrittssysteme ist krisensicher, sollte man meinen. Schliesslich müssen Türen immer funktionieren, und es werden laufend neue Gebäude errichtet.

Déjà-vu für Angestellte und Aktionäre

Doch dem Zürcher Industriekonzern Dormakaba, der zu den drei führenden Anbietern in seiner Branche weltweit zählt, gelingt es seit Jahren nicht, die Geschäftsentwicklung zu verstetigen. Immer wieder sah sich die Firma zu Kostensenkungsmassnahmen, Anpassungen an ihrer Strategie und Wechseln im Topmanagement gezwungen. Insofern dürfte die neuste Ankündigung den meisten Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Aktionären von Dormakaba wie ein Déjà-vu vorkommen.

Einmal mehr verordnet sich das Unternehmen ein «Transformationsprogramm». Im Gegensatz zu früheren Massnahmeplänen fällt es indes einschneidender aus. So plant Dormakaba den Abbau von bis 1800 Stellen bei einer gegenwärtigen Belegschaft von knapp 16 000 Mitarbeitern. Da der Konzern zugleich gewisse Personen neu einstellen will, dürften netto ungefähr 800 Stellen bzw. 5 Prozent des bisherigen Personalbestands wegfallen.

Jim-Heng Lee, welcher der Unternehmensführung seit Anfang 2022 vorsteht, wollte gegenüber der NZZ nicht näher ausführen, welche Standorte am stärksten von der Restrukturierung betroffen sein werden. Man werde, sagte der CEO, erst das Gespräch mit den Arbeitnehmervertretern suchen und alles dafür tun, die Massnahmen «in sozial verantwortlicher Manier» umzusetzen.

 

CEO Jim-Heng Lee will vor allem in der Personal- und der Finanzabteilung verstärkt auf Dienstleistungszentralen an Standorten mit niedrigeren Lohnkosten setzen. Bild: PD

Verlagerung von Bürostellen in Niedriglohnländer

Allerdings wird der Hauptsitz im zürcherischen Rümlang ebenso wie die ehemalige Zentrale des deutschen Familienunternehmens Dorma, das 2015 mit der damaligen Kaba-Gruppe fusionierte, wohl stärker Federn lassen müssen. Darauf deutet hin, dass Dormakaba künftig vor allem in der Personal- und der Finanzabteilung verstärkt auf Dienstleistungszentralen, sogenannte Shared-Service-Zentren, an Standorten mit niedrigeren Lohnkosten setzen will. Dieses Konzept wird in vielen Grossfirmen seit Jahren praktiziert, doch nahm man sich in der bis anhin eher familiär ausgerichteten Dormakaba-Gruppe mit der Initiierung mehr Zeit.

Laut Lee verfügt Dormakaba indes bereits über Shared-Service-Zentren in Nordamerika, Sofia, Schanghai und – via einen Partner im IT-Bereich – im indischen Chennai. Es sei vorstellbar, dass diese Kapazitäten verdoppelt würden, sagt der Konzernchef. Allerdings habe man auch hier noch keine definitiven Entscheidungen getroffen.

Das Unternehmen wird auch nicht darum herumkommen, Anpassungen in seinem Produktionsnetz vorzunehmen. Es gebe Fabriken, deren Grösse unzureichend («subscale») sei, konstatiert Lee.

«Wir sind ein sehr komplexes Unternehmen»

Bereits Mitte November 2021, also kurz vor dem Amtsantritt des aus Singapur stammenden CEO, hatte Dormakaba Optimierungsmassnahmen angekündigt und diese Investoren unter der Bezeichnung «Shape4Growth» angepriesen. Der damals angekündigte Stellenabbau beschränkte sich indes auf brutto 300 Arbeitsplätze.

Offensichtlich genügten diese Massnahmen nicht, um Dormakaba ausreichend fit zu trimmen. «Wir sind ein sehr komplexes Unternehmen und müssen nun Komplexitäten herausnehmen», sagt Lee. Er räumt zugleich ein, dass sich die Marktbedingungen in den vergangenen rund eineinhalb Jahren verändert hätten.

Dormakaba sieht sich einem verschärften Wettbewerb ausgesetzt. So hat sich der chinesische Absatzmarkt, wie der Konzernchef betont, nach der Pandemie weniger stark erholt als erwartet. Zudem macht dem Unternehmen in vielen Märkten die stark gestiegene Teuerung, die sich zunehmend auch bei den Löhnen zeigt, zu schaffen.

Anleger reagieren erfreut

Die nun angekündigten Kostensenkungsmassnahmen sollen Dormakaba zu Einsparungen im jährlichen Umfang von rund 170 Millionen Franken verhelfen. Den einmaligen Aufwand für die Umsetzung beziffert der Konzern auf 225 Millionen Franken. Dazu gesellen sich Investitionen von rund 100 Millionen Franken, die in die Optimierung von Betriebsabläufen und in neue IT-Anwendungen fliessen sollen. Das Unternehmen hofft, auch so seine Schlagkraft zu erhöhen.

Anleger zeigten sich am Montag befriedigt über das jüngste Massnahmenbündel, das dem Management vorschwebt. Der Aktienkurs von Dormakaba stieg bis zum Handelsschluss um 4,5 Prozent auf 420 Franken.

Im längeren Zeitvergleich hat die Firma aber noch reichlich Vertrauen zurückzugewinnen. In den zurückliegenden fünf Jahren ist die Notierung um 38 Prozent gefallen, während die beiden Hauptkonkurrenten Assa Abloy und Allegion ihren Börsenwert um ungefähr je die Hälfte steigerten.

 

Dominik Feldges, «Neue Zürcher Zeitung»

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