Ist das die Lösung, um CO2 zu reduzieren? Ein von Bill Gates unterstütztes Startup hebt dank American Airlines ab Kohlendioxid aus der Luft zu entfernen, ist sehr teuer. Nun kommt ein Startup mit einer simplen Idee – und vergräbt «Legoblöcke» aus Sägespänen und Pflanzenresten.
Kohlendioxid aus der Luft zu entfernen, ist sehr teuer. Nun kommt ein Startup mit einer simplen Idee – und vergräbt «Legoblöcke» aus Sägespänen und Pflanzenresten.
Soll 2050 Klimaneutralität erreicht werden, wird es nicht ohne die Entfernung von CO2 aus der Atmosphäre gehen, neben der starken Verringerung des Konsums von Erdöl und Erdgas sowie Kohle. Das Potenzial liegt bei 5 bis 10 Prozent der derzeitigen Emissionen. Ganz vorne mit dabei ist in diesem Bereich das Schweizer Unternehmen Climeworks, das mit riesigen Apparaten CO2 aus der Luft filtert.
In eine andere Richtung geht das amerikanische Startup Graphyte, das einen prominenten Unterstützer hat: den Microsoft-Mitgründer Bill Gates. Die Firma hat soeben mit American Airlines einen ersten grossen Kunden von seinem Modell überzeugt. Was macht Graphyte? Die Firma sammelt Abfälle ein, die in der Land- und Forstwirtschaft anfallen, etwa Sägespäne, Rinden oder Pflanzenstengel. Diese Materialien werden oft verbrannt, oder man lässt sie verrotten. Dadurch wird das gespeicherte CO2 jedoch wieder an die Umwelt abgegeben.
Den Zerfallsprozess stoppen
Nach dem Einsammeln trocknet Graphyte in einem zweiten Schritt das organische Material. Feuchtigkeit und Mikroben müssen entfernt werden, damit der Zerfallsprozess nicht einsetzt. Anschliessend wird das getrocknete Material in Briketts gepresst und mit einer Schicht ummantelt, die verhindern soll, dass Feuchtigkeit eindringt. Diese an riesige Legosteine erinnernden Briketts werden dann einige Meter unter der Bodenfläche vergraben. Ein Messsystem kontrolliert, dass kein CO2 austritt. Mit dieser Methode soll der Kohlenstoff Hunderte Jahre eingeschlossen bleiben.
American Airlines hat mit dem Startup zunächst einen Vertrag über die Kompensation von 10’000 Tonnen CO2 abgeschlossen. Zum Vergleich: Die Jets von American Airlines stossen jährlich 49 Millionen Tonnen CO2 aus. Die jetzt gekauften 10’0o0 Tonnen Kompensation sind somit ein Tropfen auf den heissen Stein.
Dass gerade Fluggesellschaften auf solche Projekte ansprechen, ist nachvollziehbar. Zum einen nehmen die Emissionen im Flugverkehr weiter zu, weil immer mehr Menschen fliegen. Derzeit stammen 2 Prozent der weltweiten Klimagase aus der Fliegerei. Zum anderen sind mit grünem Wasserstoff oder mit Strom betriebene Jets zwar in Entwicklung, aber ihr Einsatz ist noch nicht spruchreif, gerade auch auf der Langstrecke, auf der das meiste CO2 emittiert wird. Entsprechend ist die Branche auf der Suche nach guten Kompensationslösungen. Waldprojekte stehen nach dem Skandal um South Pole derzeit unter Druck.
Ein Vorteil des Verfahrens ist es, dass es mit 100 Dollar pro eingelagerte Tonne CO2 verhältnismässig günstig sein soll. Die Entfernung von CO2 aus der Luft kostet etwa bei Climeworks pro Tonne rund sechsmal so viel. Ein Passagier, der von Zürich nach New York und retour reist, verursacht 2,6 Tonnen CO2. Fliesst der Preis für die Kompensation direkt in den Billettpreis ein, kann dies das Flugbillett somit stark verteuern. Von diesen Kosten hängt also ab, ob Fliegen für den Mittelstand noch bezahlbar bleibt oder wieder zum Luxusgut wird.
Auf der Suche nach nachhaltigem Kerosin
Das Startup Graphyte wird in amerikanischen Medien dank dem Auftrag von American Airlines derzeit gerade in den Himmel gehoben, doch es gibt bereits ähnliche Projekte, die weniger Aufmerksamkeit geniessen. Eines wird von der Lufthansa-Gruppe, zu der auch die Swiss gehört, genutzt. Es wandelt aus Deponien stammendes Altholz und Waldabfälle in Biokohle um mit einem Kohlenstoffgehalt von 80 bis 90 Prozent. Dadurch werde der Kohlenstoff für mehr als 100 Jahre gebunden, heisst es. Die Reduktion um eine Tonne CO2 kostet mit diesem Verfahren 200 Dollar. Das ist doppelt so viel wie bei Graphyte.
Grosse Hoffnungen setzen Airlines wie die Swiss auf nachhaltiges Kerosin («sustainable aviation fuel», SAF). Die derzeitige Generation von SAF wird aus gebrauchten Speiseölen oder Fetten hergestellt. Verfügbar sind allerdings erst kleine Mengen. 2022 belief sich die Produktion auf 0,1 Prozent des gesamten Treibstoffverbrauchs der Airlines.
Der Preis ist laut Swiss drei- bis fünfmal so hoch wie derjenige von Kerosin. Dies zeigt nur, dass es nicht die eine Lösung gibt, um das Fliegen klimafreundlicher zu machen. Kompensationslösungen wie diejenige von Graphyte werden in dieser Branche noch länger eine wichtige Rolle spielen.