Überraschend starker Rückgang der Inflation Die Teuerung in der Schweiz ist im Januar überraschend deutlich gesunken. Manche hoffen nun auf baldige Zinssenkungen. Ökonomen treten jedoch auf die Euphoriebremse.
Die Teuerung in der Schweiz ist im Januar überraschend deutlich gesunken. Manche hoffen nun auf baldige Zinssenkungen. Ökonomen treten jedoch auf die Euphoriebremse.
Konkret fiel die Inflation im Januar auf 1,3 von 1,7 Prozent im Dezember, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Dienstag mitteilte. Das heisst: Schweizer Konsumgüter waren im Januar 1,3 Prozent teurer als im entsprechenden Vorjahresmonat nach einem Plus von 1,7 Prozent im Dezember.
Die Teuerung liegt nun auf dem tiefsten Stand seit Herbst 2021. Dazwischen war sie zeitweise auf über 3 Prozent geklettert. Zurückgegangen ist nun auch die Kerninflation, welche unter anderem die volatilen Preise für Energie und Treibstoffe ausklammert. Sie sank auf 1,2 von 1,5 Prozent.
Der starke Rückgang ist eine grosse Überraschung. Von der Nachrichtenagentur AWP befragte Ökonomen hatten unisono Werte von 1,5 Prozent und mehr erwartet, zum Teil sogar von um die 2 Prozent.
Viele Gründe für Rückgang
Gründe für den klaren Rückgang gibt es gleich mehrere. «Importierte Preise machen den Grossteil des Inflationsrückgangs aus», meint etwa Karsten Junius von der Bank Safra Sarasin. Eine Kombination von starkem Franken und gefallenen Ölpreisen habe dazu geführt.
Ein weiterer Grund ist, dass die Mehrwertsteuererhöhung, die per Anfang Jahr in Kraft trat, offenbar höchstens teilweise weitergegeben wurde. «Die Händler haben keine weitreichenden Preiserhöhungen zum Jahreswechsel durchgesetzt, eher im Gegenteil», meint Alexander Koch von Raiffeisen. So seien die saisonalen Preisabschläge im Januar-Ausverkauf sogar kräftiger ausgefallen als üblich.
Alessandro Bee von der UBS spricht derweil von einem Rückgang der Lebensmittelinflation. Zudem gebe es im Moment überraschenderweise wenige Anzeichen für starke Zweitrundeneffekte.
Mehrere Experten verweisen ausserdem auf einen technischen Grund: So seien die Strompreise zwar im Januar deutlich angehoben worden, aber weniger stark als vor einem Jahr. In der Folge sei der Beitrag zur Inflationsrate gesunken, weil das neuerliche Plus nicht mehr so hoch ausfiel.
Mehr Spielraum für Notenbank
Bekanntlich peilt die Nationalbank eine Teuerung von maximal 2 Prozent an. Der aktuelle Wert liegt also klar unter dieser Obergrenze. Und mit den aktuellen Werten seien die Chancen gestiegen, dass die Inflation deutlich unter dieser Marke verharre, heisst es von Raiffeisen.
Dies wiederum verschaffe der SNB mehr Spielraum, «um bereits bei ihrer März-Sitzung eine Lockerung der Geldpolitik in Betracht zu ziehen», meint EFG-Ökonom Gian Luigi Mandruzzato. Er hält es für denkbar, dass die Notenbank den Lockerungszyklus früher als andere Zentralbanken beginnt – insbesondere vor der Europäischen Zentralbank (EZB). An den Devisenmärkten führten diese Hoffnungen am Dienstagvormittag denn auch zu einer Abwertung des Frankens.
Verschiedene Ökonomen warnen jedoch vor zu viel Zins-Euphorie. So erwarten etwa Junius oder Bee eine erste Zinssenkung erst im Juni. «Es wäre verfrüht, dem Effekt von Zweitrundeneffekten in den kommenden Monaten keine Beachtung mehr zu schenken», so Bee. Und Junius verweist in diesem Zusammenhang auf die noch immer bei 2 Prozent liegende Inland-Teuerung. Sein Fazit: «Es wäre daher verfrüht, den Kampf gegen die Inflation als gewonnen zu bezeichnen.»