AHV steht nach Berechnungsfehler deutlich besser da als bisher Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) muss seine Berechnungen der Finanzperspektiven der AHV deutlich korrigieren. Die Ausgaben für die Alters- und Hinterlassenenversicherung dürften 2033 rund 4 Milliarden Franken oder rund 6 Prozent tiefer ausfallen als bisher angenommen.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) muss seine Berechnungen der Finanzperspektiven der AHV deutlich korrigieren. Die Ausgaben für die Alters- und Hinterlassenenversicherung dürften 2033 rund 4 Milliarden Franken oder rund 6 Prozent tiefer ausfallen als bisher angenommen.
Wann und wie wurden die Berechnungsfehler entdeckt?
Mitte Mai ergaben sich bei internen Kontrollen im Bundesamt Verdachtsmomente, dass die AHV-Ausgaben langfristig unplausibel hoch angesetzt waren. Zwei fehlerhafte Formeln im Berechnungsprogramm wurden festgestellt. Bis zum 13. Juni wurde das Problem quantifiziert und das Ausmass der Fehler bestätigt. Laut BSV liess sich der Prozess bis zur Information der Öffentlichkeit nicht beschleunigen.
Welche Massnahmen wurden nach den entdeckten Fehlern getroffen?
Das BSV entwickelte im Juni zwei eigene alternative Modelle und testete diese anhand der Ausgaben der vergangenen Jahre erfolgreich. Gleichzeitig wurden zwei unabhängige Forschungsinstitute beauftragt, bis Ende August je ein Modell für die künftigen Ausgaben der AHV zu entwickeln. Im September sollen die validierten Finanzperspektiven veröffentlicht werden.
Steht die AHV jetzt besser da?
Ja. Laut BSV-Direktor Stéphane Rossini geht es der AHV besser als bisher angenommen. Für die Jahre 2024 und 2025 geht das BSV jetzt von einem positiven Umlageergebnis aus. Ab 2026 wird die AHV nach der Einführung der 13. AHV-Rente rote Zahlen schreiben. Die Defizite werden aber geringer ausfallen als bisher erwartet.
Welche Folgen hat der Berechnungsfehler auf die AHV?
Die Ausgaben der AHV wurden durch die Berechnungsfehler zu hoch ausgewiesen. Für die Jahre 2024, 2025 und 2026 sind die Korrekturen laut BSV aber unbedeutend. Ab 2027 liegt die Überschätzung bei 500 Millionen Franken. 2028 dürften die effektiven Ausgaben 1 Milliarde Franken tiefer ausfallen. 2030 wird die Differenz 2 Milliarden Franken betragen und 2033 bereits 4 Milliarden Franken. Bisher ging man bis 2033 von einem Umlagedefizit von über 7 Milliarden Franken aus.
Welche Folgen haben die Fehler auf die Finanzierung der 13. AHV-Rente?
An den Kosten der 13. AHV-Rente ändert sich laut dem BSV kaum etwas. Ab 2026 werde aber der Finanzbedarf für die 13. AHV-Rente leicht geringer. Die Kosten der 13. Altersrente liegen nach den neuen Berechnungen 2026 bei rund 4,2 Milliarden Franken und 2030 bei knapp 5 Milliarden Franken pro Jahr. Der Bundesrat wird demnächst über das weitere Vorgehen zur 13. Altersrente entscheiden. Das BSV bereitet die entsprechende Botschaft und Vernehmlassung vor.
Wie reagiert die zuständige Innenministerin?
Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider hat die Eröffnung einer Administrativuntersuchung angeordnet. Diese soll klären, wie es zum Fehler gekommen ist. Mit der Durchführung wurde die Zürcher Kanzlei Bratschi beauftragt. Die Ergebnisse der Untersuchung sollen bis Ende Jahr vorliegen.
Wie reagieren Parteien und Verbände?
Die FDP kritisiert nach Bekanntgabe des „Zahlendebakels“ die zuständige SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider und den früheren SP-Bundesrat Alain Berset scharf. Die Grünen prüfen eine Beschwerde gegen die Abstimmung über die Erhöhung des Frauenrentenalters. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund stellt das knappe Resultat bei dieser Abstimmung infrage. Die SP fordert die Bürgerlichen auf, jetzt die „Abbaupläne bei den Renten endlich zu stoppen“. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi begrüsst die angekündigte Untersuchung durch Baume-Schneider, lehnt aber Forderungen nach einer Wiederholung der Abstimmung über das Frauenrentenalter ab.
Müssen Volksentscheide zur AHV hinterfragt werden?
Im Abstimmungskampf über die Erhöhung des Frauenrentenalters im September 2022 und zur 13. AHV-Rente im März 2024 war die finanzielle Lage der AHV jeweils ein wichtiges Argument von Gegnern und Befürwortern. Laut dem BSV war die Formel bereits seit April 2019 falsch. Aber Fehlannahmen, beispielsweise bei der Reallohnentwicklung, hätten den Rechnungsfehler kompensiert. Das Bundesgericht hat erst einmal seit 1848 das Resultat einer eidgenössischen Volksabstimmung aufgehoben. Das Bundesgericht erklärte 2019 die Abstimmung zur CVP-Volksinitiative gegen eine Heiratsstrafe für ungültig, weil der Bundesrat vorgängig falsch informiert hatte.
Welche Lehren zieht das BSV?
BSV-Direktor Rossini bedauert den Fehler und betont, dass interne Kontrollen sehr wichtig seien. Er will sich künftig nicht nur auf ein Modell verlassen. Zwei interne und zwei externe Modelle sollen weiterverfolgt und das alte Modell modifiziert werden. Intern soll analysiert werden, wo Prozesse und die Qualitätssicherung angepasst werden müssen. Das Team wurde bereits verstärkt.