Das Drei-Säulen-System lässt nur wenige individuelle Gestaltungsmöglichkeiten – wie Sie Ihre Altersvorsorge dennoch optimieren Versicherte können ihre Vorsorge ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen.
Versicherte können ihre Vorsorge ihren persönlichen Bedürfnissen anpassen.
Bis zur Pensionierung zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über Jahre hinweg einen Teil des Lohnes in die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) und in die berufliche Vorsorge ein. Die Säule 3a fördert durch Steuerbegünstigungen das langfristige individuelle Sparen.
AHV
Die Renten der ersten Säule – der AHV – «haben den Existenzbedarf angemessen zu decken», dies schreibt die Bundesverfassung vor. Die Arbeitnehmenden, die Arbeitgeber, der Bund und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler finanzieren das älteste flächendeckende Sozialwerk der Schweiz. Angestellte und Arbeitgeber zahlen zurzeit je 4,35 Prozent des Lohns an die AHV.
Beitragslücken nachzahlen: Bei der ersten Säule haben die Versicherten kaum Spielraum für individuelle Anpassungen. Sie können aber sicherstellen, dass sie keine Lücken bei den Beiträgen aufweisen. Pro fehlendem Beitragsjahr wird die Rente um rund 2,3 Prozent tiefer ausfallen. Mit dem Inkrafttreten der jüngsten AHV-Reform kann man fehlende Beiträge nachzahlen. Dies ist jedoch nur für Lücken in den letzten fünf Jahren möglich. Früher entstandene Beitragslücken können nicht mehr ausgeglichen werden.
Für Männer beträgt das Referenzalter 65 Jahre, für Frauen liegt es bei 64 Jahren und steigt bis 2028 sukzessive auf 65. Wer danach AHV-pflichtiges Einkommen erzielt, kann einmalig eine Neuberechnung der Altersrente beantragen. Damit können unter bestimmten Voraussetzungen Beitragslücken verringert oder geschlossen werden. Dies kann zu einer höheren Rente führen. Doch gilt diese Option nicht, wenn man bereits die Maximalrente bezieht.
Zeitpunkt der Rentenzahlung bestimmen: Individuell bestimmen kann man den Zeitpunkt, ab wann man die AHV-Rente erhalten will. Man kann die Rente maximal zwei Jahre vor dem regulären Rentenalter beziehen. Ein Vorbezug der AHV-Rente um ein Jahr führt zu einer lebenslangen Rentenkürzung um 6,8 Prozent. Bezieht man die Rente zwei Jahre früher, wird sie lebenslang um 13,6 Prozent gekürzt.
Frühpensionierte müssen weiterhin in die AHV einzahlen, bis sie das Referenzalter erreicht haben. Die Beiträge hängen vom Vermögen und dem Renteneinkommen ab. Die Beiträge liegen zwischen 514 und 25 700 Franken. Bei verheirateten Paaren entfällt dieser Betrag, falls der Partner oder die Partnerin zusammen mit dem Arbeitgeber mindestens 1028 Franken AHV-Beiträge pro Jahr bezahlt.
Umgekehrt kann man den Bezug der AHV-Rente um mindestens ein Jahr und höchstens um fünf Jahre aufschieben. Dabei steigt die Rente um 5,2 bis um 31,5 Prozent. Eine wichtige Rolle beim Entscheid, ob man seine AHV-Rente verschieben will, spielt der Gesundheitszustand. Wer seine AHV-Rente um fünf Jahre verschiebt, muss über 86 Jahre alt werden, damit sich dieser Aufschub lohnt. Bei Frauen, deren Referenzalter für die AHV-Rente bei 64 Jahren liegt, ist dies bereits bei 85 Jahren der Fall. Durch Steuerersparnisse kann sich der Aufschub bereits etwas früher lohnen. Im Jahr 2022 lag die Lebenserwartung für Männer in der Schweiz bei 81,6 Jahren, für Frauen bei 85,4 Jahren.
Berufliche Vorsorge
Die zweite Säule ist die Pensionskasse, die durch das Gesetz über die berufliche Vorsorge (BVG) geregelt ist. Gemäss Bundesverfassung sollte «die berufliche Vorsorge zusammen mit der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise ermöglichen».
Die ursprüngliche Zielsetzung war, dass die Rente aus Pensionskasse und AHV 60 Prozent des Erwerbseinkommens sichern sollte. Dies trifft aber für viele heutige und noch mehr für künftige Rentnerinnen und Rentner – insbesondere solche mit hohem Erwerbseinkommen – nicht mehr zu.
Die zweite Säule ist eine von Arbeitnehmenden und Arbeitgebern finanzierte Vorsorgeeinrichtung. Für Arbeitnehmende zwischen 25 und 34 Jahren beträgt der Pensionskassenbeitrag gemäss BVG 7 Prozent des versicherten Gehalts. Der Beitrag steigt kontinuierlich an und beträgt zwischen 55 und 64 Jahren 18 Prozent. Mindestens die Hälfte davon übernimmt der Arbeitgeber. Für viele Rentner ist diese Säule die wichtigste finanzielle Stütze im Alter.
Mitbestimmung: Auch hier sind die individuellen Gestaltungsmöglichkeiten beschränkt. Wer als Arbeitnehmer eine Stelle antritt, wird durch die bestehende Pensionskasse des Unternehmens oder eine vom Unternehmen beauftragte Sammelstiftung versichert.
Die Pensionskasse aussuchen können die Arbeitnehmer nur dann, wenn das Unternehmen eine neue Vorsorgeeinrichtung wählt – das Mitwirkungsgesetz sieht vor, dass Arbeitnehmer beim Entscheid mitbestimmen können. Dies gilt auch für das Pensionskassenreglement mit den entscheidenden Eckwerten wie der Höhe der Beitragszahlungen oder dem Umwandlungssatz im überobligatorischen Teil.
Einkauf: Als BVG-Versicherter kann man seine Versicherungslücken füllen. Durch einen Einkauf bis in die maximal reglementarischen Leistungen seiner Pensionskasse spart man Steuern und verbessert die Rente im Alter. Bevor man einzahlt, sollte man sicherstellen, dass die Pensionskasse gesund ist und ihre Leistungen im Alter attraktiv sind. Ist dies nicht der Fall, gibt es als Alternative das individuelle Sparen.
Anlagestrategie: Arbeitnehmer mit einem versicherten Lohn von mehr als 132 300 Franken jährlich können im Rahmen des 1e-Plans selber bestimmen, wie ihr Vorsorgeguthaben auf die versicherten Lohnteile über dieser Grenze angelegt wird. Dabei tragen sie allein das Anlagerisiko. Diese Option ist allerdings nur möglich, falls die betreffende Pensionskasse sie anbietet.
Vorbezug: Ein Vorbezug der Pensionskassengelder ist zur Finanzierung eines Eigenheims möglich. Zudem kann man die Gelder beziehen, falls man sich selbständig macht oder in ein Land ausserhalb der EU und der Efta zieht. Auch bei einer Frühpensionierung kann man sein Pensionskassengeld vorzeitig beziehen. Das Mindestalter für eine Frühpensionierung beträgt bei den meisten Pensionskassen 58 Jahre.
Wer seine PK-Gelder vorbeziehen will, sollte sich das reiflich überlegen, denn damit verliert er einen wesentlichen Teil der Altersvorsorge. Wer sich selbständig macht, sollte sicherstellen, dass er so schnell wie möglich wieder regelmässig in die Altersvorsorge einzahlt. Beim Kauf eines Eigenheims muss man sich bewusst sein, dass die Mietzinseinsparungen den Verlust eines Teils des Alterskapitals kaum wettmachen – insbesondere, weil auch Hypothekarzinsen anfallen dürften.
Rente oder Kapital: Schliesslich können die BVG-Versicherten bei der Pensionierung bei den meisten Pensionskassen entscheiden, ob sie eine Rente oder das zum Zeitpunkt der Pensionierung vorhandene Kapital beziehen wollen. Ebenfalls möglich ist es, einen Teil des Kapitals und eine entsprechend tiefere Rente zu beziehen. Dieser Entscheid muss wohlüberlegt sein, da er bis zum Lebensende nicht mehr verändert werden kann und entsprechend weitreichende finanzielle Folgen hat.
Dabei stellt sich die Frage, ob die Rente für die gewünschte Lebenshaltung notwendig ist. Bestehen sonst genügend finanzielle Mittel, ist es meistens sinnvoll, das Kapital zu beziehen. Dadurch spart man Steuern, denn die Rente wird als Einkommen versteuert, während die Auszahlung des Kapitals zu einem Sondersatz besteuert wird und Kapitalgewinne geringer oder gar nicht versteuert werden. Zudem stellt der Bezug des Kapitals sicher, dass es nach dem Ableben den Nachkommen zukommt.
Falls man die Rente bezieht, endet diese nach dem Tod spätestens mit dem Tod des Partners oder der Partnerin oder, falls Kinder noch in Ausbildung sind, mit ihrem 25. Altersjahr. Die Pensionskassenrente ist ein Lohnersatz: Wenn man nicht mehr arbeitet, erhält man auch keinen Lohn mehr. So gesehen ist es sinnvoll, eine Rente zu beziehen.
Die Pensionskasse garantiert die Höhe der Rente lebenslang. Das heisst, sie trägt das Risiko. Bezieht man das Kapital, trägt man es selber. In den vergangenen Jahren hat sich der Trend gezeigt, dass viele Rentner einen Teil des Kapitals und die Rente bezogen haben. Damit haben sie eine bestimmte Summe als Reserve direkt verfügbar oder können damit spezielle Investitionen vornehmen, Ferien finanzieren oder den Kindern einen Erbvorbezug gewähren.
Dritte Säule
Die dritte Säule besteht aus privaten Ersparnissen, die grundsätzlich ebenfalls erst im Rentenalter bezogen werden können und deshalb steuerbegünstigt sind (Säule 3a). Zur dritten Säule gehört aber auch das übrige Vermögen, das zur Finanzierung des Ruhestandes verwendet werden kann (Säule 3b). Ursprünglich sollten die privaten Ersparnisse aussergewöhnliche Auslagen ermöglichen. Angesichts der demografischen Entwicklung und der seit einiger Zeit anhaltend tiefen Renditen auf Staatsobligationen werden die Rentner aber die privaten Ersparnisse zunehmend für den normalen Unterhalt und ihre Betreuung beziehungsweise Pflege benötigen.
Höhe der Einzahlungen: Die Wahlmöglichkeiten für Individuen betreffen die Höhe der Einzahlungen. So können Angestellte im laufenden Jahr bis zu 7056 Franken in die Säule 3a einzahlen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) legt jährlich den Betrag fest, der einbezahlt werden kann. Dieser ist im Jahr der Einzahlung steuerfrei. In Zukunft könnte es auch möglich werden, Nachzahlungen in die Säule 3a vorzunehmen. Hier dürfte es aber Einschränkungen geben.
Anlagestrategie: Wer in ein 3a-Vorsorgekonto einzahlt, kann wählen, wie er sein Geld anlegen will. So kann er es auf dem speziellen Konto belassen oder je nach Risikofähigkeit und Risikobereitschaft vorwiegend in Anleihen oder in Aktien anlegen.
Auszahlungszeitpunkt: Bei der Auszahlung der Säule 3a wird eine ermässigte Steuer erhoben. Diese ist je nach Kanton unterschiedlich. Da eine Progression besteht, lohnt es sich, mehrere 3a-Konti zu führen und diese in unterschiedlichen Jahren aufzulösen. Altersleistungen aus der Säule 3a können frühestens fünf Jahre vor Erreichen des ordentlichen Rentenalters ausgezahlt werden. Sie können auch bis zu fünf Jahre nach dem Referenzrentenalter aufgeschoben werden. Dies ist aber nur möglich, falls man weiterhin erwerbstätig ist. Früher ausbezahlt werden können Gelder zur Finanzierung von selbst bewohntem Wohneigentum, bei der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit und beim Verlassen der Schweiz.
Pierre Weill, «Neue Zürcher Zeitung»