Sicher garantiert sichere Garantien Aktenzeichen KMU_today_004: Die Kolumne von André Brunschweiler, Partner der Anwaltskanzlei Lalive in Zürich, gibt Antworten auf juristische Fragen, die Schweizer KMU beschäftigen können beziehungsweise beschäftigen sollten.

Aktenzeichen KMU_today_004: Die Kolumne von André Brunschweiler, Partner der Anwaltskanzlei Lalive in Zürich, gibt Antworten auf juristische Fragen, die Schweizer KMU beschäftigen können beziehungsweise beschäftigen sollten.

André Brunschweiler, Partner der Anwaltskanzlei Lalive in Zürich. (Foto: PD)

Garantien sind wichtige Absicherungen im Geschäftsleben, namentlich bei grossen Bau- und anderen Entwicklungsprojekten oder im Auslandsgeschäft. Sie schaffen Vertrauen und sichern Transaktionen ab, wenn die finanzielle Situation einer Partei unsicher ist oder eine Partei ihre vertraglichen Verpflichtungen nicht erfüllt, etwa Liefertermine nicht einhält. Besonders für KMU sind Garantien essenziell, um finanzielle Risiken zu minimieren, aber auch um Wettbewerbsvorteile zu erlangen.

Mittels einer Garantie verpflichtet sich ein Dritter, der sogenannte Garant, für die Zahlung einer Vertragspartei einzustehen – vorbehaltlos und unabhängig vom Bestand der Hauptschuld. Beispielsweise verpflichtet sich eine Bank mittels Bankgarantie, eine Zahlung zu leisten, wenn der Auftraggeber der Garantie eine Zahlung oder vereinbarte Leistung nicht erbringt, etwa nicht rechtzeitig liefert, nicht richtig oder gar nicht.

Die Vorteile von Garantien

Ein Garantievertrag ist formlos gültig, das macht ihre Nutzung im Geschäftsalltag flexibel. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich immer, den Vertrag schriftlich aufzusetzen.

Für KMU sind Bankgarantien insbesondere bei internationalen Geschäften wichtig. Die Bank verpflichtet sich, «auf erstes Verlangen» zu zahlen, sobald die Bedingungen der Garantie erfüllt sind. Einreden gegen den Bestand und Umfang der (angeblichen) Schuld sind typischerweise ausgeschlossen. Das gibt dem Begünstigten Sicherheit.

Bankgarantien verstärken auch die Verhandlungsposition eines KMU, weil sie erst nach Prüfung der Bonität des Unternehmens ausgestellt wird. Somit signalisiert die Bankgarantie, dass das Unternehmen kreditwürdig ist. Das kann ein Wettbewerbsvorteil sein.

Die Risiken von Garantien

Der Garant hat in der Regel «auf erste Aufforderung» zu leisten, auch wenn strittig ist, ob tatsächlich eine Schuld besteht. Der Garant darf grundsätzlich nicht prüfen, ob die Garantie zurecht in Anspruch genommen wird oder nicht. Bei einer Bankgarantie heisst das, dass die Bank zahlt, sobald die formalen Bedingungen erfüllt sind. Typischerweise genügt dafür eine einfache schriftliche Mitteilung des Begünstigten, dass der Schuldner nicht rechtzeitig oder nicht ordentlich geleistet habe.

Dies birgt Missbrauchspotenzial. Schliesslich ermöglicht die Garantie dem Begünstigten, schnelle Zahlung von einem Dritten für eine umstrittene Schuld zu verlangen, wogegen sich der Schuldner kaum zur Wehr setzen kann: Die Auszahlung einer Bankgarantie gerichtlich zu verbieten, scheitert regelmässig.

Denn laut ständiger Rechtsprechung ist «der Garant unbesehen eines allfälligen Streites über den Grundvertrag zur Zahlung verpflichtet, sofern die im Garantieversprechen umschriebenen Voraussetzungen erfüllt sind».

Dabei gelte «eine streng formalisierte Betrachtungsweise, die allein auf den Wortlaut der Garantieklausel abstellt». Der Begünstigte muss dem Garanten gegenüber nur, aber immerhin, alle Voraussetzungen erfüllen, die in der Garantieklausel festgelegt sind. Dies gemäss einem Entscheid des Bundesgerichts vom 13. Februar 2012 (BGE 138 III 241 ff.).

Entsprechend ist bei der Formulierung der Garantieklauseln, unter welchen Voraussetzungen die Garantie in Anspruch genommen werden kann, besondere Vorsicht geboten.

Denn eine Auszahlung kann nur bei «offensichtlichem Rechtsmissbrauch» verhindert werden, was selten bejaht wird. Einen solchen, seltenen «offensichtlichen Rechtsmissbrauch» hatte das Handelsgericht Zürich im Oktober 2023 bestätigt, als eine russische Vertragspartei eine Erfüllungsgarantie im Umfang von rund EUR 50 Mio. ziehen wollte, obschon unbestritten war, dass die Vertragserfüllung aufgrund der Russland-Sanktionen unmöglich wurde und deshalb gar keine Forderungen entstehen konnten. Dies gemäss einem Entscheid des Handelsgerichts Zürich vom 25. Oktober 2023 (HE230111).

Auf den Punkt gebracht

Garantien sind für KMU hilfreich, um finanzielle Sicherheit zu schaffen und Geschäftsrisiken zu minimieren. Besonders Bankgarantien bieten Schutz, sollten jedoch mit Bedacht eingesetzt werden.

Bei der Formulierung der Garantieklausel ist besondere Sorgfalt anzuwenden: Es muss ganz genau definiert werden, unter welchen Voraussetzungen bezahlt werden muss.

Lalive

Rechtsanwalt André Brunschweiler ist spezialisiert auf die Beratung und Vertretung von Klienten in (meist strittigen) wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten mit einem Fokus auf Vertrags- und Gesellschaftsrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht sowie Arbeitsrecht. Er ist Partner bei der Wirtschaftskanzlei Lalive, die von den Standorten in Zürich, Genf und London aus Unternehmen, Behörden sowie Privatpersonen in komplexen, vorwiegend internationalen Sachverhalten und vor allem Streitigkeiten berät.

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