In der Schweiz stocken die Elektroauto-Verkäufe, doch bald werden sie einen entscheidenden Schub erhalten Im kommenden Jahr treten schärfere Emissionsvorschriften in Kraft. Das werde den Absatz von Batterieautos ankurbeln, sagen Experten. Das Elektroauto hat zudem einen grossen Vorteil: Es ist in der Gesamtbetrachtung bereits günstiger als die fossile Konkurrenz.

Im kommenden Jahr treten schärfere Emissionsvorschriften in Kraft. Das werde den Absatz von Batterieautos ankurbeln, sagen Experten. Das Elektroauto hat zudem einen grossen Vorteil: Es ist in der Gesamtbetrachtung bereits günstiger als die fossile Konkurrenz.

Über eine Betriebsdauer von acht Jahren kosten Elektroautos ihre Besitzer schon heute Tausende Franken weniger als Benzin- und Dieselautos. (Bild: Markus Spiske auf Unsplash)

Wenn die Schweiz ihre Klimaziele erfüllen will, gibt es in einem Sektor besonders viel zu tun: in der Mobilität. Rund 40 Prozent der von uns ausgestossenen Treibhausgase werden dort verursacht.

Doch das Umsteuern ist schwierig. Im Transportsektor sind die Emissionen im Vergleich zu 1990 bisher nur um 8 Prozent gesunken. Ganz anders sieht es bei den Gebäuden aus. Dort erreichte die Schweiz ein Minus von 40 Prozent. Ein Grund dafür ist, dass in der Schweiz wegen der Klimaerwärmung weniger geheizt werden muss. Doch wir dämmen auch unsere Häuser besser und setzen vermehrt auf umweltfreundliche Heizsysteme, insbesondere auf Wärmepumpen.

Damit die Emissionen auch im Verkehr schneller sinken, müssen Benzin- und Dieselfahrzeuge durch klimafreundliche Alternativen ersetzt werden. Bei den Personenwagen sind dies in erster Linie Elektroautos.

Mobilität «wird batterieelektrisch sein»

Doch nach einer langen Wachstumsphase in der Schweiz verloren Batterieautos in den letzten Monaten Marktanteile. Geraten damit die Klimaschutzziele der Schweiz in Gefahr? Ein neuer Bericht des Beratungsunternehmens EBP zeichnet angesichts der vielen Negativschlagzeilen der letzten Zeit ein überraschend positives Bild der weiteren Entwicklung. Die Mobilität der Zukunft werde «batterieelektrisch angetrieben sein», heisst es darin.

Im schlechtesten Fall geht EBP davon aus, dass der Marktanteil der Elektroautos 2040 bei 80 Prozent liegen wird und der Anteil der gefahrenen Kilometer im Jahr 2050 bei etwas unter 80 Prozent. Werden hingegen die Schrauben in der europäischen Politik wie geplant angezogen, wird der Marktanteil der Elektrofahrzeuge bereits 2040 fast 100 Prozent erreichen. 2050 werden dann praktisch keine fossil betriebenen Autos mehr auf den Strassen unterwegs sein.

Der Optimismus von EBP hat verschiedene Gründe. Einer davon: «Das Elektroauto ist schlicht die bessere Technologie als der Verbrenner», sagt der EBP-Experte Peter de Haan. Es sei effizienter, leiser – und über die Lebenszeit gerechnet erst noch billiger.

Der Betrieb kostet weniger

Das hat EBP kürzlich in einer separaten Studie aufgezeigt. Vergleicht man zum Beispiel Mittelklassewagen miteinander – etwa einen Skoda Octavia und einen elektrischen VW ID.3 –, resultiert über eine Besitzdauer von acht Jahren schon heute ein Kostenvorteil von über 10 000 Franken. Der Preisvorteil des Elektroautos wird sich aus Sicht von EBP gar noch vergrössern, unter anderem, weil die Kosten für Batterien weiterhin sinken werden.

Allerdings bedeutet diese Entwicklung nicht, dass Elektroautos beim Händler irgendwann gar günstiger sein werden als Benziner oder Dieselautos. «Wir müssen uns bei klimafreundlichen Technologien daran gewöhnen, dass sie beim Kauf teurer sind als die fossilen Konkurrenzprodukte», erklärt de Haan.

Das gelte nicht nur für Autos, sondern auch für Wärmepumpen oder LED. Entscheidend sei bei all diesen Technologien, dass sie im Betrieb deutlich weniger kosteten. Der höhere Anschaffungspreis mache aber eine andere Budgetierung der Ausgaben nötig, da die Anfangsinvestition höher sei – und das sei weder bei Privaten noch bei Unternehmen sonderlich beliebt, sagt de Haan.

Die Experten von EBP nennen noch weitere Gründe, warum der Verkauf von Elektroautos wieder anziehen werde. 2025 wird die EU erneut ihre CO2-Ziele verschärfen. Das zwingt die europäische Automobilindustrie und die Schweizer Importeure dazu, nächstes Jahr mehr Elektro- oder Hybridautos abzusetzen, um Strafen zu vermeiden. Es sei immer schon klar gewesen, dass die Autohersteller diese Ziele auf keinen Fall früher als vorgeschrieben erreichen würden, sagt de Haan. In dem Sinne war die Stagnation gegen Ende 2024 «immer schon vorhersehbar», sagt de Haan.

Die Geschichte wiederholt sich

Das Beratungsunternehmen Bloomberg New Energy Finance teilt diese Einschätzung. Laut dem Experten Colin McKerracher war kurz vor der Einführung von schärferen EU-Emissionsstandards im Jahr 2020 bereits einmal eine ähnliche Situation zu beobachten. 2019 ging der Absatz von Elektroautos ebenfalls zurück. Als die neuen Regeln dann im darauffolgenden Jahr in Kraft traten, zog das Geschäft wieder an.

Heute ist die Situation laut McKerracher vergleichbar. Die europäischen Autohersteller hätten es geschafft, die derzeit geltenden Emissionsziele mehr oder weniger zu erfüllen. Sie hätten derzeit darum wenig Anreiz, mehr Elektroautos zu verkaufen. Das zeigt sich gemäss McKerracher auch daran, dass viele Autohersteller ihre neuen, besonders günstigen Modelle erst 2025 auf den Markt bringen werden.

Allerdings sind nicht alle Marktbeobachter dieser Meinung. Aus ihrer Sicht sind es andere Faktoren, welche die Konsumenten abhalten. So seien die Verkaufspreise von Elektroautos im Vergleich zur fossilen Konkurrenz schlicht zu hoch. Zudem genügten die Reichweiten nicht, und es fehle an der nötigen Ladeinfrastruktur.

Der EBP-Experte de Haan sagt, es sei sozialpsychologisch nachvollziehbar, dass mit solchen Argumenten «das eigene Nichthandeln begründet wird». Oder, vereinfacht gesagt, dass sich Menschen Ausreden suchen, um nichts ändern zu müssen.

Doch laut de Haan gibt es mittlerweile eine breite Palette an Elektrofahrzeugen, die nicht nur in der Gesamtbetrachtung günstiger sind, sondern auch «objektiv genügend Reichweite» haben. Die meisten heute neu in Verkehr gesetzten, rein elektrischen Personenwagen würden mehr als 400 Kilometer schaffen.

Weitere Fortschritte zu erwarten

Die Reichweiten bei neuen Elektroautos nehmen zudem weiter zu, wenn auch nicht mehr so rasch wie in den Anfangszeiten der Technologie. De Haan rechnet aber mit weiteren, stetigen Fortschritten, die gut und gerne «noch 15 bis 25 Jahre andauern dürften». Dazu kommt, dass sich die Batterien immer schneller nachladen lassen, was wiederum die Pausen an den elektrischen Zapfsäulen schrumpfen lässt.

Inzwischen lobbyieren die Chefs von europäischen Autoherstellern zwar dafür, die strengen Klimaziele wieder zu lockern. «Doch selbst wenn sie damit Erfolg haben sollten, wird das nichts daran ändern, dass die Elektromobilität die Zukunft ist», sagt Peter de Haan. Entscheidend sei dabei die EU-Vorschrift, dass ab 2035 neue Personen- und Lieferwagen kein CO2 mehr ausstossen dürften. Damit sei klar, dass ab diesem Zeitpunkt «schlicht keine Benzin- und Dieselautos mehr verkauft werden dürfen».

Keine Chancen sieht de Haan hingegen für das Wasserstoffauto. Und auch das Hybridauto, das derzeit in Märkten wie China einen Boom erlebt, ist für ihn nur ein Übergangsphänomen. Dieser Autotyp hat sowohl eine Batterie als auch einen Tank an Bord. Er werde zwar für die Periode 2025 bis 2034 eine Rolle spielen. Der Kauf eines Hybridautos lohnt sich laut de Haan für Kunden, die noch nicht vollständig zur Elektromobilität wechseln wollen.

Langfristig gesehen ergebe die Technologie aber keinen Sinn. Der Grund: «Hybridautos sind technisch sehr aufwendig», erklärt de Haan. Die Folge: Sie sind im Unterhalt teurer als herkömmliche Autos oder als Elektroautos, wie die von EBP erstellte Kostenstudie ebenfalls zeigt. «Diese Nachteile werden auch künftig bestehen bleiben», sagt de Haan. Darum würden Hybridautos längerfristig wieder verschwinden.

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