Ladenbetreiber neben dem Theater am Hechtplatz fühlen sich von der Stadt Zürich im Stich gelassen Weil das kleine Theater mehr Platz braucht, werden die Ladenlokale im Gebäude verkleinert. Für die Geschäftsinhaber ist das ein Problem.
Weil das kleine Theater mehr Platz braucht, werden die Ladenlokale im Gebäude verkleinert. Für die Geschäftsinhaber ist das ein Problem.
Das 1959 eröffnete Theater am Hechtplatz ist eine feste Grösse in der Stadtzürcher Kleinkunstszene. Regelmässig gastiert dort etwa die Zürcher Märchenbühne.
Das Gebäude an der Schifflände, zwei Gehminuten vom Bellevue entfernt, wird auch von den beiden Geschäften geprägt, die in den Räumen zum Limmatquai hin eingemietet sind: die Weinhandlung Gentner Weine von Walter Hüppi und das Souvenirgeschäft Bellevue-Alp von Gaby und Bernhard Kron.
Doch Walter Hüppi und das Ehepaar Kron bangen um ihre Existenz. Denn die Stadt, der die Liegenschaft gehört, will das Theater für die Zukunft fit machen und die Räumlichkeiten sanieren. Am Mittwoch hat der Stadtrat rund 13 Millionen Franken für ein entsprechendes Bauvorhaben bewilligt. Anfang 2026 sollen die Bauarbeiten beginnen, die rund ein Jahr dauern.
Die Arbeiten sind umfassend: Der Theatersaal wird «unter Beibehaltung seines ursprünglichen Charakters» aufgefrischt, die Gebäudetechnik erneuert, eine Wärmepumpe installiert. Um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen, braucht es zusätzliche Fluchtwege, die Zugänge müssen hindernisfrei sein, die Toiletten zugänglich für Menschen mit einer Behinderung.
Für die Weinhandlung und den Souvenirladen bedeutet dies das vorläufige Aus. Sie müssen ihre Geschäfte Ende 2025 aufgeben. Ob sie nach den Sanierungsarbeiten wieder zurückkehren können, ist offen. Kornel Ringli, Kommunikationsverantwortlicher von Liegenschaften Stadt Zürich, schreibt auf Anfrage der NZZ, die Stadt habe mit den Mietenden vereinbart, dass sie zuerst mit ihnen in Vertragsverhandlungen treten werde. Erst später werde man Gespräche mit anderen Mietinteressenten führen.
Bereits heute ist allerdings klar: Weil das Theater mehr Platz braucht, werden die Ladenflächen nach der Sanierung kleiner ausfallen. Wie viel kleiner, wissen weder die heutigen Mieter noch die Stadt. Eine Einbindung der Mietparteien in die Bauplanung sei nicht vorgesehen, sagt Ringli. Auch die Einzelheiten des Bauprojekts seien noch nicht bekannt. Daher liessen sich die Auswirkungen auf die Ladenflächen noch nicht im Detail beziffern.
«Das reicht nicht einmal für einen Kiosk»
Anders klingt es vonseiten der Mieter. Im Herbst 2023 hätten sie Besuch von zwei Mitarbeitern der Stadt erhalten, die ihnen mündlich mitgeteilt hätten, was noch an Ladenfläche übrig bleiben werde: wenig.
«In unserem Fall bleibt noch ein ‹Schlauch› mit einer Fläche von rund 22 Quadratmetern übrig», sagt Gaby Kron. Weniger als die Hälfte der momentan 52 Quadratmeter. «Das reicht nicht einmal für einen Kiosk. Wie sollen die Kunden in so einem schmalen Laden noch aneinander vorbeikommen? Wo sollen wir unsere Ware lagern?», fragt sie rhetorisch.
Die Umbauzeit könnten sie und ihr Mann mit einem Online-Shop und der Arbeitslosenunterstützung irgendwie überbrücken. Wenn die Stadt den Laden jedoch so schrumpfe, wie es ihnen angekündigt worden sei, dann bedeute das für ihr Geschäft den Ruin.
Auch Walter Hüppi hat Besuch von der Stadt bekommen, wie er sagt. Sein Laden würde ebenfalls auf eine Grösse verkleinert, die einen Weiterbetrieb verunmöglichte. Beispielsweise würde die kleine Küche wegfallen. Dort bereitet Hüppi die Häppchen zu, die er seinen Gästen an den Tischen vor dem Lokal serviert. Dass am Theater etwas gemacht werden müsse, stehe ausser Frage, sagt er. «Doch warum muss man dafür Existenzen zerstören?»
Hüppi und das Ehepaar Kron geben sich kämpferisch. Denn die momentane Situation bedeutet für sie bereits einen Teilsieg. Ursprünglich hatte die Stadt die beiden Lokale nämlich ganz aufheben wollen. 2022 erhielten Souvenirladen und Weinhandlung die Kündigung, die Sanierung hätte im April 2023 starten sollen. Die freigespielte Fläche wäre nach der Sanierung dem Theater am Hechtplatz zugekommen, beispielsweise um ein Bistro einzurichten.
Doch die Ladenbetreiber wehrten sich. Innert kurzer Zeit kamen in einer Onlinepetition über 700 Unterschriften für den Erhalt der beiden Läden zusammen. Auch von politischer Seite erhielten sie Rückenwind. Das Stadtparlament überwies einen Vorstoss von Susanne Brunner (SVP) und Sebastian Vogel (FDP), der den Stadtrat dazu aufforderte, zu prüfen, wie die Sanierung umsetzbar wäre, ohne die Läden zu opfern.
Allerdings hatte Stadtrat André Odermatt (SP) schon damals im Rat erklärt, dass das Theater auf die zusätzliche Fläche angewiesen sei und man verschiedene Varianten angeschaut habe. «Bei einer erneuten Prüfung wird sich nichts anderes zeigen.»
Der Theaterbetrieb wird während der Bauarbeiten ins Kirchgemeindehaus der reformierten Kirche im Seefeld verlegt, wo ab Frühling 2026 das gewohnte Programm zu sehen ist. Ein Jahr später soll die Institution an den Hechtplatz zurückkehren. Spätestens dann dürfte auch klar sein, wie es mit den Ladenlokalen weitergeht.