Bucherers Milliarden sollen in Musik und Gentechnologie fliessen, aber nicht in Psychologie oder Theater Vor einem Jahr verstarb der Juwelier und Uhrenhändler Jörg Bucherer. Kinderlos, hinterliess er ein Vermögen und vermachte es einer Stiftung. Jetzt ist bekannt, was diese mit dem Geld bezwecken will.
Vor einem Jahr verstarb der Juwelier und Uhrenhändler Jörg Bucherer. Kinderlos, hinterliess er ein Vermögen und vermachte es einer Stiftung. Jetzt ist bekannt, was diese mit dem Geld bezwecken will.
Als Jörg Bucherer vor einem Jahr starb, hinterliess er keine Nachkommen, aber ein Vermögen in Milliardenhöhe. Der Luzerner Uhrenhändler ist bekannt für seine luxuriösen Geschäfte, die an vielen grossen Einkaufsstrassen der Schweiz zu finden sind. Diese hatte er kurz vor seinem Tod an die Uhrenmarke Rolex verkauft, was ihm mehrere Milliarden einbrachte. Bis zu 7 Milliarden Franken soll Bucherer laut Schätzungen besessen haben.
Eines war lange unklar: Was passiert mit dem Geld?
Da Bucherer weder Frau noch Kinder hatte, musste er eine Nachfolgelösung finden. Anfang 2024 stand fest: Es gibt eine Alleinerbin. Und zwar eine gemeinnützige Stiftung, die nach Bucherer benannt ist. Sobald das publik wurde, begannen die Spekulationen darüber, was die Jörg-G.-Bucherer-Stiftung mit dem Geld bezwecken wird.
Vor wenigen Tagen hat der Willensvollstrecker von Jörg Bucherer, der seinen Nachlass verwaltet, nun erstmals eine Aussage darüber gemacht. Und überrascht damit in verschiedenen Punkten.
Grosser Einfluss durch Milliardenerbe
Mit der Übergabe seines Vermögens an eine Stiftung folgte Bucherer einem bekannten Beispiel der Branche: Auch Rolex-Gründer Hans Wilsdorf übergab sein Vermögen einer Stiftung. Er machte die Fondation Hans Wilsdorf, die manchmal auch nur Rolex-Stiftung genannt wird, zu einer der vermögendsten in der Schweiz. Sie gibt jährlich rund 300 Millionen für gemeinnützige Zwecke aus.
Bei Hans Wilsdorf hatte Bucherer als 20-Jähriger eine Stage gemacht, kurz nach dem frühen Tod seines Vaters. Der Rolex-Gründer sei für ihn eine prägende Figur gewesen, sagte er 2019 bei der Neueröffnung des Geschäfts an der Zürcher Bahnhofstrasse der NZZ.
Durch das Milliardenerbe wird sich die Jörg-G.-Bucherer-Stiftung nun einreihen in die Gruppe der grössten Schweizer Stiftungen. Entsprechend gross könnte ihr Einfluss werden.
Altersheime und innovative Technologien
In ihrer Mitteilung listet die Jörg-G.-Bucherer-Stiftung einen breiten Umfang von zu unterstützenden Bereichen auf. So sollen laut Stiftungszweck Kunstprojekte und Altersheime, Forschung und Tourismus, die Fürsorge behinderter Kinder und innovative Technologien gefördert werden.
Gleichzeitig äussert sich die Stiftung bei einzelnen Punkten sehr spezifisch. Das klassische Musikfestival Lucerne Festival oder gentechnologische Forschung nennt sie als konkrete Projekte, die dem Stiftungszweck entsprächen.
Gewisse Bereiche werden dafür ausgegrenzt – entweder ausdrücklich oder indirekt. So schreibt die Stiftung im Stiftungszweck explizit, dass Geistes- und Sozialwissenschaften sowie die Medizin, die Psychologie und die Psychiatrie von der Förderung ausgeschlossen seien.
Kein Geld fürs Theater
Indirekt ausgeschlossen wird das Theater. Der Stiftungszweck nennt zwar «vorführende Tätigkeiten» wie Musik und Literatur als zu unterstützende Bereiche. Darstellende Kunst wie Theater soll aber nicht von der Stiftung finanziert werden.
Das ist insofern bemerkenswert, als dass das Luzerner Theater seit Jahren von Bucherer als Hauptsponsor unterstützt wird. Und gerade jetzt käme dem Theater zusätzliche finanzielle Hilfe gelegen: Ein teurer Neubau ist geplant, der 130 Millionen kosten soll.
Auf Anfrage schreibt das Luzerner Theater: «Mit dem Engagement des Unternehmens Bucherer AG als Hauptsponsor unseres Theaters steht die Förderung durch die private Stiftung in keinem Zusammenhang.»
Bucherers Cou-Cousine sitzt im Stiftungsrat
Hinter den Entscheidungen der Stiftung stehen drei Personen, die entweder untereinander oder mit Bucherer verbunden sind: Urs Mühlebach, ein bekannter Luzerner Rechtsanwalt, ist der Präsident des Stiftungsrats. Sören Schwieterka ist Stiftungsrat – und gleichzeitig Anwalt in Mühlebachs Kanzlei. Die dritte Stiftungsrätin ist Jessica De Ry. Sie ist laut der Luzerner Zeitung Bucherers Cou-Cousine.
Sie alle arbeiten ehrenamtlich. Das ist für eine gemeinnützige Stiftung durchaus üblich. Ehrenamtlichkeit kommt aber laut dem Swiss Foundation Code, der Richtlinien für Stiftungen festlegt, mit einem verstärkten Sorgfaltsanspruch. So soll vermieden werden, dass sich Stiftungsräte aufgrund der fehlenden Entlöhnung dazu verleitet sehen, sich Rechte herauszunehmen und etwa Personen aus dem privaten Netzwerk zu begünstigen.
Ausserdem wird es für die Stiftungsräte auch möglich sein, eigene Projekte einzureichen. Auch das entspricht im Schweizer Stiftungswesen der Norm. Eigene Projekte unterliegen laut dem Swiss Foundation Code aber einer besonders strengen Prüfung, weil sie von vornherein einen «Vorteil bezüglich Einschätzung und Wissen» genössen. In bestimmten Fällen sei eine Kontrolle durch unabhängige Dritte zu empfehlen.
Beaufsichtigt wird die Jörg-G.-Bucherer-Stiftung von der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht (ESA). Sie ist für national und international tätige Stiftungen zuständig und kontrolliert, ob das Vermögen der Stiftungen auch zweckgemäss verwendet wird. Das Stiftungsvermögen wird Markus Wattinger, früherer Anlagechef der Migros Bank, zusammen mit einem Anlageausschuss verwalten.
Im Januar 2025 wird die Stiftung ins Handelsregister eingetragen und nimmt ihre Fördertätigkeit voraussichtlich 2026 auf. Über ein Internetportal sollen sich Projekte, die dem Stiftungszweck entsprechen, dann bewerben können.