Die Linke spricht von einem «Steuergeschenk». Doch geschenkt würde in Zürich gar nichts, nur weniger abgeknöpft Die Senkung der Gewinnsteuern im Kanton Zürich ist überfällig.
Die Senkung der Gewinnsteuern im Kanton Zürich ist überfällig.
Man kann sich alles schönreden. Sogar einen zweitletzten Platz. Nur Bern schröpft seine Unternehmen stärker als der Kanton Zürich. In allen anderen Kantonen ist das steuerliche Umfeld für juristische Personen günstiger als im sogenannten Wirtschaftszentrum der Schweiz.
Als ob das der entscheidende Punkt wäre. Vielmehr zeigen die hohen Einnahmen doch, dass die Steuern heute viel zu hoch veranschlagt sind. Aber das scheint die Vorstellungskraft der Sozialdemokraten zu übersteigen.
Weiter findet die SP, dass die Firmensteuern ohnehin nur einer von ganz vielen Faktoren seien, die für Unternehmen bei der Standortwahl zählten. Eine Senkung der Gewinnsteuern halten die Sozialdemokraten und die anderen linken Parteien deshalb für überflüssig. Über eine solche entscheidet der Zürcher Kantonsrat am Montag.
Die Hochsteuerparteien verschliessen die Augen vor den Realitäten. Der neue Steuerbelastungsmonitor von BAK Economics spricht eine klare Sprache und zeigt den Handlungsbedarf deutlich auf. Seit der Einführung des jährlichen Berichts 2006 ist Zürich im Kantonsranking um zwölf Ränge nach hinten gerutscht – während andere Kantone Boden gutmachten und Standortvorteile schufen.
Dass der Gewinnsteuersatz nun in Zürich moderat von 7 auf 6 Prozent gesenkt werden soll, ist absolut notwendig und bedarf keines Aufschubs. Eigentlich wäre ein noch resoluterer Schritt angezeigt. Ins obere Drittel der Steuerrangliste wird sich Zürich auch so nicht katapultieren.
Doch die linken Parteien drohen bereits jetzt mit dem Referendum, sollte die dringend benötigte Entlastung am Montag im Parlament eine Mehrheit finden. Sie sprechen von einem «Steuergeschenk» für Grossunternehmen. Was für ein verfehlter Begriff! Geschenkt wird mit dieser Vorlage gar nichts, es würde bloss weniger abgeknöpft.
Die linken Parteien weisen darauf hin, dass der Kanton – anders als im nationalen – im internationalen Wettbewerb weiterhin gut dasteht. Das stimmt tatsächlich. Zürich ist für Firmen heute zwar teurer als Hongkong oder Dublin, aber klar günstiger als Amsterdam, Madrid oder Berlin.
Stolz sein sollte man auf diese Platzierung aber nicht. Ohne Zweifel hat Zürich im internationalen Vergleich viel zu bieten, doch entsprechend hoch sind bei uns Löhne, Mieten und Lebenshaltungskosten. Es ist darum wichtig, geradezu unabdingbar, dass der Kanton steuerlich attraktiv bleibt, um die anderen Kostenfaktoren auszugleichen.
Wenn sich eine Firma für den Standort Schweiz entscheidet, spielen die Unterschiede zu den anderen Kantonen dann durchaus eine Rolle. Nidwalden, Zug und Uri – Platz 1, 2 und 3 im Steuerranking – sind für ausländische Unternehmen unter Umständen die reizvollere Wahl als Zürich; Basel und Genf sowieso.
Ein Büro in Stans mag zwar nicht so repräsentativ sein wie eines an der Zürcher Bahnhofstrasse, doch in der Schweiz sind die Wege kurz. Mit dem Zug ist man von Nidwalden in einer guten Stunde an der Limmat.
Dass es heute eben durchaus zu Firmenabwanderungen kommt, ist ein Warnsignal, das die Zürcher Politik ernst nehmen sollte. Seit einigen Jahren ziehen mehr Unternehmen aus Zürich weg, als neue zuziehen. Dies als Nichtigkeit beiseitezuschieben, wie es die SP tut, ist fahrlässig.
Die Linke fokussiert in ihrer Kritik ohnehin viel zu stark auf mögliche Steuerausfälle. Was sie vergisst, sind die neuen Firmen, die dank besseren Rahmenbedingungen nach Zürich kommen – und hier langfristig für Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Steuergelder sorgen.
Daniel Fritzsche, «Neue Zürcher Zeitung»