Europäer halten Bargeld die Treue, aber mit grossen Unterschieden von Land zu Land Die Deutschen haben weiter eine grosse Präferenz für Bargeld. Noch viel höher ist sie in Malta und Österreich. Zugleich gewinnt die Bezahlung mit Debit- oder Kreditkarte aber weiter an Bedeutung. Handy-Apps dagegen spielen nur in wenigen Ländern eine Rolle.
Die Deutschen haben weiter eine grosse Präferenz für Bargeld. Noch viel höher ist sie in Malta und Österreich. Zugleich gewinnt die Bezahlung mit Debit- oder Kreditkarte aber weiter an Bedeutung. Handy-Apps dagegen spielen nur in wenigen Ländern eine Rolle.
Die Menschen in der Euro-Zone mögen weiterhin Bargeld. Für 60 Prozent der Einwohner ist immer noch wichtig, es als eine Option zu haben. Sie schätzen an der Verwendung von Scheinen und Münzen den Schutz der Privatsphäre und die schnelle Zahlungsabwicklung. Darüber hinaus sind die Befürworter von Bargeld der Ansicht, dass die Verwendung einem das eigene Ausgabeverhalten bewusst mache. Das ergab eine repräsentative Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) bei den Einwohnern der Währungsunion.
Die Befürworter von Kartenzahlungen schätzen es hingegen, nicht immer Bargeld bei sich haben zu müssen, und halten die Verwendung einer Karte für einfacher und schneller.
Bezahlung mit dem Handy bleibt eine Ausnahme
Bargeld ist zwar weiterhin das am meisten verwendete Zahlungsmittel, doch seine Dominanz lässt nach. Am sogenannten Zahlungspunkt (Point of Sale), also an der Kasse von Geschäften, bei der Rechnungsbegleichung in Restaurants oder der Bezahlung von Dienstleistungen, wurden im Jahr 2022 59 Prozent der Transaktionen mit Scheinen und Münzen beglichen. 2019 betrug die Quote jedoch noch 72 Prozent und 2016 sogar 79 Prozent. Auch die Pandemie dürfte in den vergangenen Jahren zur stärkeren Verwendung von Kredit- und Debitkarten beigetragen haben. Zahlungen mit dem Handy über eine App sind dagegen noch eher selten (3 Prozent).
Die Durchschnittszahlen für die Euro-Zone verdecken allerdings eklatante Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern: Während beispielsweise Bargeldzahlungen in Malta, Österreich und Italien sehr verbreitet sind, sind sie in Finnland, den Niederlanden und Luxemburg klar in der Minderheit. In Deutschland beträgt der Bargeldanteil am Point of Sale noch 63 Prozent, Kartenzahlungen machen 31 Prozent aus, und die Verwendung einer Handy-App kommt auf 2 Prozent. Der Handy-Anteil ist mit 10 Prozent am grössten in den Niederlanden, danach folgt Finnland mit 9 Prozent. Dies bestätigt die bisherigen Erkenntnisse, wonach vor allem die Menschen in Skandinavien sehr stark auf Kartenzahlungen setzen.
In der Schweiz haben Debit- und Kreditkarten das Bargeld als wichtigstes Zahlungsmittel bereits abgelöst. Dennoch ist die Nutzung von Scheinen und Münzen den Schweizern weiterhin wichtig, wie dieses Jahr der «Swiss Payment Monitor» ergeben hat. Sehr gefragt ist die Schweizer Bezahl-App Twint, auf die im Mai allein 9 Prozent der Transaktionen entfielen; mobiles Bezahlen insgesamt kam inklusive Twint auf einen Anteil von knapp 17 Prozent der Transaktionen.
Angesichts möglicher Energiekrisen und Stromausfälle erscheint die Diskussion über Bargeld contra elektronische Zahlungen aber in einem anderen Licht. Bei Blackouts könnte das bargeldlose Leben zum Risiko werden.
Als Faustformel für Bezahlungen gilt laut EZB: Je niedriger der Betrag ist, desto eher verwenden die Menschen Bargeld, und je höher der Betrag ist, desto eher nutzen sie Debit- oder Kreditkarten. Im Jahr 2022 überstieg der Zahlungswert am Point of Sale bei Kartenzahlungen erstmals jenen von Bezahlungen in bar. Bei grösseren Beträgen neigen die Menschen zudem eher dazu, auch die Handy-App zu verwenden. Einen grossen Sprung nach vorne hat in den vergangenen drei Jahren das kontaktlose Zahlen gemacht. Auch dies dürfte stark mit der Pandemie zusammenhängen. Wenn die Menschen eine Karte zum Begleichen der Rechnung verwenden, tun sie dies in 62 Prozent der Fälle kontaktlos. Dieser Wert hatte vor drei Jahren bei lediglich 41 Prozent gelegen.
Österreicher sind die grössten Bargeldanhänger
Das Verhalten der Bürger deckt sich allerdings nicht immer mit ihren Präferenzen. Immerhin 55 Prozent der Befragten geben nämlich an, in Geschäften am liebsten mit Karte zu zahlen. Nur 22 Prozent bezahlen am liebsten mit Bargeld. Diese Zahlen unterscheiden sich vom effektiven Nutzungsverhalten. Die Präferenz für Scheine und Münzen ist mit Abstand am grössten in Österreich (45 Prozent), danach folgen Deutschland (30 Prozent) und Irland (28 Prozent). Am niedrigsten ist die Präferenz für Bargeld wiederum in Finnland, Luxemburg und den Niederlanden (7, 12 und 13 Prozent).
Die EZB will auch künftig sicherstellen, dass die Konsumenten die freie Wahl haben, ob sie lieber mit Bargeld oder mit Karte bezahlen möchten. Man sehe eine starke Nachfrage sowohl nach Bargeld als auch nach digitalen Zahlungsmöglichkeiten, liess sich das zuständige Direktoriumsmitglied Fabio Panetta zitieren. Das Bekenntnis der EZB zu Bargeld und die Arbeit an der Einführung eines digitalen Euro sollen dazu beitragen, dass die Menschen in der Euro-Zone immer eine Wahl hätten.