Nun sind selbstbewusste Patrons gefragt Die meisten Lieferketten funktionieren wieder leidlich. Doch die unsichere Konjunkturentwicklung hemmt Investitionen in vielen Branchen. Hinzu kommt die Furcht vor einer neuen Finanzkrise. Mutige Patrons wagen sich nun aber erst recht an Akquisitionen.
Die meisten Lieferketten funktionieren wieder leidlich. Doch die unsichere Konjunkturentwicklung hemmt Investitionen in vielen Branchen. Hinzu kommt die Furcht vor einer neuen Finanzkrise. Mutige Patrons wagen sich nun aber erst recht an Akquisitionen.
Manche Patrons hatten das Schlimmste befürchtet. In Industriekreisen war man noch im vergangenen Herbst davon ausgegangen, dass Maschinen- und Fahrzeugbauer sowie deren Zulieferer mangels Energie und Aufträgen im Winterhalbjahr in eine Krise stürzen könnten. Und im dritten Quartal 2022 verdüsterte sich das Bild prompt. Mit Schrecken vermeldete der Industrieverband Swissmem unter der Überschrift «Der Abschwung hat die Industrie erreicht», dass seine Mitglieder in der Zeit zwischen Juli und September bei den Aufträgen aus dem Ausland einen Einbruch von über 20 Prozent erlitten hätten.
Rückschritte bei der Profitabilität
Doch die Industrie fasste bereits im vierten Quartal wieder Tritt. Laut Swissmem stiegen die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland in dieser Periode insgesamt um immerhin 2 Prozent. Dank den vielen Bestellungen, die noch in der ersten Jahreshälfte eingegangen waren und nun abgearbeitet wurden, nahm der Umsatz branchenweit sogar um fast 9 Prozent zu. Eine Krise sieht anders aus.
Die Geschäftszahlen, die Schweizer Industrieunternehmen in den vergangenen Wochen an ihren Bilanzmedienkonferenzen präsentiert haben, bestätigen dieses erfreuliche Bild. Allerdings beschränkten sich die rapportierten Fortschritte für 2022 oft auf den Umsatz. Bei den Ertragszahlen resultierten hingegen für manche Firmen empfindliche Einbussen. Grund dafür waren fast immer rapid gestiegene Kosten in der Beschaffung von Materialien, für Transport und Energie. Unternehmen schafften es 2022 oft nur verzögert und mit Abstrichen, die zusätzlichen Aufwendungen in Form von Preissteigerungen an ihre Kunden weiterzureichen.
Der Inflationsdruck hat in der Erfolgsrechnung vieler Firmen damit bereits deutliche Spuren hinterlassen. Er droht auch im laufenden Jahr die Profitabilität zu schmälern. Zwar wurden die Preise für Elektrizität und Gas dank dem milden Winter und neuen Bezugsquellen ausserhalb des geächteten Russlands gegenüber den Höchstständen vom vergangenen Sommer mittlerweile deutlich korrigiert. Auch die Kosten für die meisten Materialien und Transportleistungen sind spürbar gesunken, doch liegen sie, wie Firmenchefs zähneknirschend feststellen, gleichwohl noch oft über den Niveaus, die vor dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie bzw. dem Angriff Russlands auf die Ukraine erreicht wurden.
Weiter steigende Lohnkosten
Wegen hoher Lohnforderungen dürfte die Teuerung in vielen Schlüsselmärkten der Schweizer Industrie wie Deutschland und den USA obendrein weiteren Schub erhalten. Zugleich ist sie nicht das einzige drängende Problem, mit dem sich Unternehmen dieses Jahr werden herumschlagen müssen. Sorge bereitet vielen Managern die unsichere konjunkturelle Entwicklung.
Wer nicht gerade in einer kaum konjunkturabhängigen Branche wie der Medizintechnik, im Pharma- und im Nahrungsmittelsektor tätig ist, muss befürchten, dass Kunden wegen der hohen Inflation zunehmend von nicht absolut notwendigen Anschaffungen absehen. Selbstredend wirkt eine neue Finanzkrise, wie sie manche Marktbeobachter am Horizont aufziehen sehen, in einem solchen Umfeld erst recht nicht vertrauensbildend.
Gut gefüllte Auftragsbücher und robuste Bilanzen helfen
Bei allen Risiken besteht für die meisten Schweizer Industriefirmen dennoch kein Grund zur Panik. Manche Auguren rechnen insbesondere mit Blick auf den Automobilsektor ab der zweiten Jahreshälfte mit einer Erholung. Mithilfe meist noch gut gefüllter Auftragsbücher sollten sich selbst mehrere schwierige Monate gut überbrücken lassen.
Hinzu kommt die robuste Bilanz vieler Unternehmen. Trotz nicht selten sinkenden Margen blieben Verluste 2022 die Ausnahme. Und wer wie viele Schweizer Industriefirmen über eine hohe Eigenkapitalquote verfügt und vielfach nicht oder nur wenig verschuldet ist, dem bieten sich in stressigen Zeiten sogar Chancen. Patrons dürfen jetzt ruhig Mut beweisen und den einen oder anderen Zukauf wagen. Die Gelegenheit, um sich Konkurrenten, die weniger gut aufgestellt sind, einzuverleiben, ist günstig.