Rolex sagt dem Graumarkt den Kampf an Seit Donnerstag stellt Rolex auch für gebrauchte Uhren Echtheitsbescheinigungen und Garantien aus. Ihre Uhren zertifizieren lassen können allerdings nur Rolex-Fachhändler. Damit soll das Secondhand-Geschäft in offizielle Bahnen gelenkt werden.

Seit Donnerstag stellt Rolex auch für gebrauchte Uhren Echtheitsbescheinigungen und Garantien aus. Ihre Uhren zertifizieren lassen können allerdings nur Rolex-Fachhändler. Damit soll das Secondhand-Geschäft in offizielle Bahnen gelenkt werden.

 

Rolex hat sich entschieden, sich nicht länger aus dem Markt für gebrauchte Uhren fernzuhalten. Bild: unsplash

Der Handel mit gebrauchten Uhren ist in den vergangenen Jahren explodiert. Plattformen wie Chrono24, Watchfinder oder Watchbox boomen, die Geschäfte der Auktionshäuser ebenfalls. Fachhändler wie Bucherer oder Beyer bieten neben neuen Uhren zunehmend auch gebrauchte an.

Ein Kundenbedürfnis

Die Uhrenmarken selber haben sich bisher – mit wenigen Ausnahmen wie etwa Omega, Audemars Piguet oder Richard Mille – aus diesem Markt herausgehalten. Aus Konsumentensicht ist das unbefriedigend, denn auch wer eine gebrauchte Uhr kauft, möchte sichergehen können, dass diese authentisch und von guter Qualität ist, und sich das vom Hersteller bestätigen lassen. Stattdessen muss man sich bei Uhren auf die Reputation des Verkäufers und dessen Garantien verlassen.

Auch nach einem Kauf gibt es kaum Möglichkeiten, seine Uhr einfach so vom Hersteller kontrollieren und authentifizieren zu lassen. Was man tun kann, ist, die Uhr vollständig durch die Marke revidieren zu lassen. Neben hohen Kosten bringt dies allerdings das Risiko mit sich, dass die Uhr einbehalten wird, falls sich herausstellt, dass es sich um eine Teil- oder gar um eine komplette Fälschung handelt.

«Rolex Certified Pre-Owned»

Rolex hat sich nun entschieden, nicht länger abseitszustehen. Die Genfer Uhrenmanufaktur zertifiziert ab sofort auch gebrauchte Uhren – allerdings nicht alle, sondern nur jene, die ihre Fachhändler erworben haben. Zudem müssen die Uhren älter als drei Jahre sein. Damit soll wohl verhindert werden, dass sogenannte Flipper, die Uhren nur mit dem Ziel erwerben, sie sofort teurer weiterzuverkaufen, vom neuen System profitieren.

Wer künftig bei einem offiziellen Händler eine gebrauchte Rolex kauft, erhält somit sowohl eine Echtheitsbescheinigung als auch eine für zwei Jahre gültige Garantiekarte für seine Uhr. Diese trägt den Vermerk «Rolex Certified Pre-Owned» und wird von Rolex ausgestellt. Diese Zertifizierung beinhaltet eine offizielle zweijährige internationale Rolex-CPO-Garantie. Mit dieser Garantie bescheinigt Rolex auch die Echtheit der Uhr. Zusätzlich erhält jede Uhr – worauf Sammler besonders Wert legen dürften – eine offizielle Rolex-CPO-Box.

Bucherer macht den Anfang

Die Einführung des neuen Programms findet schrittweise statt. Die ersten «Rolex Certified Pre-Owned»-Armbanduhren sind ab heute in den Bucherer-Filialen in der Schweiz, in Österreich, Deutschland, Frankreich, Dänemark und Grossbritannien erhältlich. Andere offizielle Fachhändler der Uhrenmarke können ab dem Frühjahr 2023 mitmachen.

Stärkung des Händlernetzwerks

Dass ausgerechnet Rolex diesen Schritt macht, ist ein starkes Zeichen. Denn für eine Uhrenherstellerin dieser Grösse ist der Aufwand für Zertifizierungen potenziell riesig. Die Marke stellt schätzungsweise rund eine Million Uhren pro Jahr her und ist auch auf dem Sekundärmarkt sehr gefragt. Auf der Plattform Chrono24 beispielsweise ist jede siebte verkaufte Uhr eine Rolex.

Allerdings wird ja nicht einfach jede gebrauchte Uhr nun einfach so zertifiziert. Rolex macht dies kontrolliert, indem der Service nur für offizielle Fachhändler gilt. Das stärkt einerseits die Händler und motiviert sie, noch vermehrt ins Secondhand-Geschäft einzusteigen, da dieses mit der Zertifizierung von Rolex offizialisiert wird.

Anderseits gewinnt Rolex wieder mehr Kontrolle über den Vertrieb seiner Uhren, weil nun ein Anreiz besteht, diese für den Wiederverkauf zurück ins offizielle Netzwerk einzuspeisen. Private können ihre Uhren nun nicht mehr nur auf offiziellem Weg kaufen, sondern auch verkaufen.

Wie werden die anderen Marken reagieren?

Insofern ist das neue «Certified Pre-Owned»-Programm natürlich auch als Kampfansage an all jene Akteure zu lesen, die ausserhalb des offiziellen Rolex-Netzwerks mit Uhren der Marke handeln. Denn sie alle – seien es Private, Uhrenplattformen oder auch Auktionshäuser – haben keine Möglichkeit, an ein offizielles Zertifikat für ihre Rolex-Uhren zu gelangen.

Spannend wird es nun sein, zu beobachten, wie die anderen grossen Uhrenmarken auf diesen Schritt reagieren. Falls weitere wichtige Marken nachziehen, gibt es vielleicht bald nicht mehr viele Gründe, Uhren weiterhin am Graumarkt zu erwerben.

Andrea Martel, «Neue Zürcher Zeitung»

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