Gründungsboom in Zürich: Doch wer steckt dahinter? Im Kanton Zürich werden so viele Firmen gegründet wie noch nie. Eine Analyse der Zürcher Handelsregisterdaten zeigt, wer die Firmengründerinnen und -gründer sind.

Im Kanton Zürich werden so viele Firmen gegründet wie noch nie. Eine Analyse der Zürcher Handelsregisterdaten zeigt, wer die Firmengründerinnen und -gründer sind.

 

Firmengründungen von Männern bleiben nach wie vor die Regel: sie verantworten zwei Drittel aller neu gegründeten GmbHs. Bild: pexels

Im Jahr 2022 wurden erstmals mehr als 9000 Rechtseinheiten neu ins Zürcher Handelsregister eingetragen, schreibt das Statistische Amt des Kantons Zürich in seiner Mitteilung vom Freitag. Das seien 16 Prozent mehr als noch 2019. Drei Viertel aller Neueintragungen betreffen gemäss der Auswertung der Handelsregisterdaten GmbHs und Einzelunternehmen, weitere 16 Prozent sind Aktiengesellschaften. Daneben gibt es noch andere Rechtsformen wie Kollektivgesellschaften, Zweigniederlassungen, Vereine oder Stiftungen, die jedoch zusammen weniger als zehn Prozent der Firmengründungen ausmachen.

Entwicklung der Anzahl Firmengründungen (Nach Rechtsform, Kanton Zürich, 2006–2022) Grafik: Statistisches Amt Kanton Zürich; Quelle: Handelsregisteramt Kanton Zürich.

Dies sind die weiteren Ergebnisse der Untersuchung:

1. Gründungspersonen

Welche Funktionen bei der Gründung einer neuen Firma besetzt sein müssen, ist gesetzlich geregelt und abhängig von der Rechtsform. Bei Einzelunternehmen wird die Inhaberin oder der Inhaber ins Handelsregister eingetragen. Eine GmbH kann durch eine oder mehrere Person(en) gegründet und betrieben werden. Gesellschafter können auch juristische Personen oder Handelsgesellschaften sein. Zur Gründung einer Aktiengesellschaft braucht es mindestens einen Aktionär, wobei dies wiederum natürliche oder juristische Personen oder andere Handelsgesellschaften sein können. Sie werden im Aktienregister, nicht jedoch im Handelsregister eingetragen, weshalb über die Aktionärinnen und Aktionäre keine demografischen Angaben vorliegen. Aus diesem Grund fokussiert diese Analyse auf Inhaberinnen und Inhaber von Einzelunternehmen sowie Gesellschafterinnen und Gesellschafter von GmbHs. Diese Personen werden nachfolgend als Gründerinnen und Gründer bezeichnet.

In vielen Fällen zwei Personen

In den letzten fünf Jahren wurden rund 31’000 Einzelunternehmen und GmbHs gegründet, daran waren über 36’000 natürliche Personen beteiligt. 30 Prozent dieser Firmen wurden von mehr als einer Person gegründet. Bei den Einzelunternehmen sind es naturgemäss keine, bei den GmbHs etwas über die Hälfte. Am häufigsten werden GmbHs von zwei Gesellschaftern gegründet, selten sind es mehr.

2. Demografie

Nur 30 Prozent sind Frauen

Firmengründungen sind nach wie vor ein männlich dominiertes Feld. Lediglich 30 Prozent der Gründenden seit 2018 waren weiblich. Der Frauenanteil ist in den vergangenen Jahren nur geringfügig gestiegen. Da jedoch insgesamt mehr gegründet wurde, ist die absolute Zahl der Firmengründerinnen heute grösser als noch vor fünf Jahren. Etwas zugenommen hat der Anteil von Frauen, die ein Einzelunternehmen gründen: Sie machen bei dieser Rechtsform heute mehr als ein Drittel aus. Firmengründungen von Männern bleiben jedoch die Regel: sie verantworten zwei Drittel aller neu gegründeten GmbHs.

Geschlechterverhältnis bei Firmengründung (Nach Rechtsform, Kanton Zürich, 2018–2022) Grafik: Statistisches Amt Kanton Zürich; Quelle: Handelsregisteramt Kanton Zürich.

Ausländerinnen und Ausländer gründen häufiger

Personen mit ausländischer Nationalität gründen überdurchschnittlich oft eine Firma, ihr Anteil ist unter den Firmengründern mit gut einem Drittel höher als in der Gesamtbevölkerung (27 Prozent). Am deutlichsten ist dies bei den Einzelunternehmen zu beobachten, deren Inhaberinnen oder Inhaber in über 40 Prozent der Fälle eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzen. Der Anteil an rein schweizerischen Firmengründungen beträgt bei beiden Rechtsformen rund 55 Prozent. Bei den GmbHs sind in weniger als 20 Prozent der Fälle sowohl Personen mit schweizerischer als auch solche mit ausländischer Nationalität involviert. Daran hat sich in den letzten fünf Jahren kaum etwas geändert.

Nationalitätenmix bei Firmengründung (Nach Rechtsform, Kanton Zürich, 2018–2022) Grafik: Statistisches Amt Kanton Zürich; Quelle: Handelsregisteramt Kanton Zürich.

Typischerweise in der Lebensmitte

Die Firmengründung erfolgt meist mit knapp 40 Jahren. Das entspricht auch etwa dem Durchschnittsalter der Bevölkerung im Kanton Zürich. Die Hälfte aller Gründerinnen und Gründer ist 32 bis 49 Jahre alt. Je ein Viertel ist älter oder jünger. Frauen und Männer sind bei der Firmengründung im Mittel etwa gleich alt.

Medianalter der Gründerinnen und Gründer (Nach Geschlecht und Nationalität, Kanton Zürich, 2018–2022) Grafik: Statistisches Amt Kanton Zürich; Quelle: Handelsregisteramt Kanton Zürich.

Frauen und Männer mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind jünger als ihre Schweizer Pendants. Personen ausländischer Staatsangehörigkeit gründen häufig in ihren Dreissigern, während Schweizer Gründende bei der Firmengründung häufiger bereits in ihren Fünfzigern sind. Schweizer Gründerinnen sind etwas älter als Schweizer Gründer. Bei Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ist es gerade umgekehrt, was auch an der unterschiedlichen Branchenstruktur der Firmengründungen liegt. Das Alter der Firmengründerinnen und -gründer hat sich in den letzten fünf Jahren kaum verändert. Personen, die ein Einzelunternehmen gründen, sind etwa gleich alt wie diejenigen, die eine GmbH gründen.

3. Branche

Wenige «Gründerinnen-Branchen»

Kosmetiksalons und dergleichen werden vorwiegend von Frauen gegründet. Gründerinnenmehrheiten zeigen sich auch bei den Hebammen, in verschiedenen Detailhandelsbranchen (Kinder- und Damenbekleidung, Blumen), im Veterinärwesen sowie in der Tagesbetreuung von Kindern. In den gründungsstarken Branchen wie Unternehmensberatung, Detailhandel allgemein oder Gastronomie wird hingegen weniger als ein Drittel der Firmen ausschliesslich von Frauen gegründet. Im Baugewerbe und bei den IT-Dienstleistungen liegt der Gründerinnenanteil sogar weit unterhalb von 20 Prozent.

Die Gründerinnen konzentrieren sich auf weniger Branchen als die Gründer: Die häufigsten drei Branchen machen bei den Frauen ein Drittel aller Gründungen aus, bei den Männern lediglich 27 Prozent. Die Hälfte aller Firmengründungen von Frauen findet in nur sechs Branchen statt, bei den Männern sind es immerhin deren acht.

Unternehmensberatung boomt

Schaut man sich für die zwei Geschlechts- und die zwei Herkunftsgruppen an, in welchen Branchen sie am häufigsten eine Firma gründen, so zeigt sich: Den Spitzenplatz nimmt überall die Unternehmensberatung ein. Auch Restaurants gehören bei allen vier Gruppen zu den häufigsten Firmengründungen. Es gibt jedoch auch Unterschiede: Frauen gründen deutlich häufiger Kosmetiksalons, Männer eher Programmierbüros. Bei ausländischen Gründern ist die Taxibranche häufig vertreten, bei den Gründerinnen Reinigungsbetriebe. Während bei Schweizer Gründern Architekturbüros zu den häufigsten Branchen zählen, sind es bei den Gründerinnen Tätigkeiten im Bereich der nicht-ärztlichen Medizinalberufe.

Gründungsstärkste Branchen (Nach Geschlecht und Nationalität, Kanton Zürich, Mittelwert 2018–2022) Grafik: Statistisches Amt Kanton Zürich; Quelle: Handelsregisteramt Kanton Zürich.

4. Ausblick

Welche Firmen sind erfolgreich?

Die Eintragung einer Firma im Handelsregister markiert einen wichtigen Meilenstein im Unternehmenslebenszyklus. Für die Gründerinnen und Gründer geht es nun darum, mit der Firma wirtschaftlichen Erfolg zu erzielen. Idealerweise gelingt es, Profit zu erwirtschaften, so dass Mitarbeitende angestellt werden können. Misserfolge sind jedoch nicht selten: In der Vergangenheit hat ein Drittel der Firmen die ersten fünf Jahre nicht überlebt. Die Frage, ob die soziodemografischen Eigenschaften der Gründerinnen und Gründer allenfalls einen Einfluss auf den Firmenerfolg haben, werden zukünftige Analysen der Handelsregisterdaten beantworten.

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