Schweizer Inflation bleibt vergleichsweise moderat Das Leben in der Schweiz ist im letzten Jahr teurer geworden. Inflationsraten wie im Ausland drohen aber nicht.
Das Leben in der Schweiz ist im letzten Jahr teurer geworden. Inflationsraten wie im Ausland drohen aber nicht.
Die Inflation in der Schweiz verharrt auf vergleichsweise hohem Niveau. Die Jahresteuerung kam im Dezember wie im Vormonat November bei +1,5 Prozent zu liegen, wie das Bundesamt für Statistik (BFS) am Dienstag mitteilte.
Zur Erinnerung: Im Sommer 2020 war die Jahresteuerung wegen der Coronakrise bis auf -1,3 Prozent gefallen. In den Monaten darauf stiegen die Preise dann nach und nach an, und seit April 2021 bewegt sich die Inflation wieder im positiven Bereich.
Für das Gesamtjahr 2021 ergibt dies einen Durchschnittswert von +0,6 Prozent. Im Jahr 2020 hatte die durchschnittliche Jahresteuerung bei -0,7 Prozent gelegen.
Frankenstärke nur eine Erklärung
Trotz des Vorzeichenwechsels ist die Teuerung in der Schweiz nach wie vor vergleichsweise moderat. In den USA kam die Inflation zuletzt bei fast 7 Prozent zu liegen, in der Eurozone bei knapp 5 Prozent.
Die Aufwertung des Frankens bietet laut Ökonomen nur eine Teilerklärung für die grosse Differenz. Diese habe zwar die importierte Inflation gedämpft. «Aber ich glaube, dass in der Diskussion über die Unterschiede zwischen den Inflationsraten im In- und Ausland die Rolle des Wechselkurses überschätzt wird», sagt etwa CS-Ökonom Maxime Botteron.
Energie weniger wichtig
UBS-Ökonom Alessandro Bee erklärt sich die grosse Differenz zwischen den Inflationsraten unter anderem damit, dass die Schweizer Wirtschaft weniger energieintensiv ist als die europäische oder die amerikanische Wirtschaft – insbesondere was fossile Energieträge angehe. In diesem Bereich gab es zuletzt markante Preissteigerungen an den Weltmärkten.
Die Energiekomponente sei im hiesigen Konsumentenpreisindex denn auch nur gering gewichtet, fügt CS-Experte Botteron an. «Während Energie im Schweizer Index einen Anteil von 5,3 Prozent aufweist, sind es zum Beispiel im deutschen Pendant 10,8 Prozent.» Hinzu komme, dass die Gas- und Stromversorgung in der Schweiz nicht liberalisiert sei und der starke Anstieg der Marktpreise «nur sehr partiell» an die Konsumenten weitergereicht worden sei.
Für Alexander Koch von Raiffeisen ist das hohe Preisniveau in der Schweiz eine weitere Erklärung. «Konsumgüter waren in der Schweiz im letzten Jahr im Durchschnitt umgerechnet um 38 Prozent teurer als in der EU, unter anderem wegen höherer Lohnkosten und Mieten; der internationale Anstieg der Beschaffungspreise hat deshalb hierzulande eine spürbar geringere Hebelwirkung auf die Endverbraucherpreise.»
Ein weiterer Faktor sei auch die Berechnungsmethode abseits der Energiepreise, meint David Marmet, Chefökonom Schweiz bei der ZKB. Der Gesundheitsbereich werde im Schweizer Index viel stärker gewichtet als in anderen Industriestaaten. «Die Preise der Gesundheitspflege zeigen seit längerer Zeit einen Trend nach unten; entsprechend dämpft das hohe Schweizer Gewicht die einheimische Inflation», so Marmet.
Weitere Erklärungen für die Differenz sind laut den Ökonomen, dass die Lieferengpässe hierzulande relativ wenig auf die Preise durchschlagen und dass das Lohnwachstum relativ bescheiden ist.
Prognose etwas höher als 2021
Relativ einig sind sich die Experten bei der Prognose für das laufende Jahr 2022. Die UBS geht von einer durchschnittlichen Inflation von 0,8 Prozent aus, CS, Raiffeisen und ZKB von einer Teuerung von 1,0 Prozent. CS-Ökonom Botteron begründet seine Prognose damit, dass die Lebensmittelpreise und etwa die Preise für Pauschalreisen anziehen dürften. Letztere hatten stark unter der Pandemie gelitten. Zudem gebe es wohl einen gewissen Aufwärtsdruck durch die Lieferengpässe.
Für den UBS-Experten Bee ist derweil der Erdöl-Effekt der grosse Treiber für die Inflation im Jahr 2022. Dieser sei schon der Haupttreiber für die Inflation im Jahr 2021 gewesen. Er gehe nun aber von stabilen Ölpreisen im Jahr 2022 aus, womit sich die Teuerungseffekte nach und nach zurückbilden sollten. «Ende 2022 sollte sie wieder deutlich unter 1 Prozent liegen», so seine Prognose.