Zurückschicken oder nicht, das ist hier die Frage Die Psychologie der Retoure: Eine Studie beleuchtet, wie Behavioral Design die Rücksendequote im E-Commerce senken kann.
Die Psychologie der Retoure: Eine Studie beleuchtet, wie Behavioral Design die Rücksendequote im E-Commerce senken kann.
Im digitalen Zeitalter des Online-Shoppings ist das Retournieren von Waren zu einem alltäglichen Ritual geworden. Doch was für Kunden bequem ist, stellt für Händler und Umwelt eine wachsende Herausforderung dar. Wie lässt sich dieses Dilemma lösen, ohne die Freiheit der Verbraucher einzuschränken? Eine neue Studie wirft Licht auf innovative Ansätze, die das Retourenverhalten subtil, aber wirkungsvoll beeinflussen können.
Die zweite Auflage der Studie «Psychologie der Retoure» untersucht, wie verhaltensökonomische Interventionen im E-Commerce eingesetzt werden können, um Kunden zu motivieren, weniger Retouren zu erzeugen. Das Besondere daran ist, dass kostspielige Retouren vermieden werden sollen, ohne auf Einschränkungen oder finanzielle Anreize zurückzugreifen.
Die aktuelle Studie ist das weltweit grösste Retourenexperiment, das das Kauf- und Rücksendeverhalten von über 220’000 Kunden mit mehr als 100’000 Bestellungen in acht europäischen Ländern und in verschiedenen Online-Modeshops analysiert. Bewertet wurden die Conversion-Rate, der Nettoumsatz und die Rücksendequote.
Generische Nachhaltigkeitsbotschaften sind nicht effektiv
Die Untersuchung belegt, dass gezielte psychologische Interventionen im Online-Shop die Rücksendequote senken können. Darüber hinaus zeigen die Ergebnisse, dass der Einsatz solcher Nudges nicht nur effektiv ist, um die Zahl der Rücksendungen zu reduzieren, sondern auch die Conversion-Rate steigern kann. Durch weniger Rücksendungen und die gesteigerte Conversion-Rate konnten Händler ihren Nettoumsatz in einigen Märkten signifikant erhöhen, mit Spitzenwerten von bis zu 38 Prozent.
Das Experiment zeigt ebenfalls, dass generische Nachhaltigkeitsbotschaften allein weniger effektiv sind, während spezifische, verhaltenspsychologische Ansätze eine vielschichtige Win-win-win-Situation für Händler, Kunden und die Umwelt schaffen.
Verhaltensökonomische Interventionen als Ansatz
Die Studie verfolgt einen experimentellen Ansatz als Blind-Studie mit Randomisierung. Die Effekte der verhaltensökonomischen Interventionen wurden untersucht, indem Gruppen mit und ohne Intervention verglichen wurden – jeweils zufallsbasiert und ohne dass sie Kenntnis davon hatten, dass sie Teil eines Experiments sind. Ein Team aus Verhaltenswissenschaftlern entwickelte diese in Zusammenarbeit mit der Universität St. Gallen und der Universität Rostock und passte sie individuell an jeden Online-Shop an.
Das Pattern «Illusion of Control» vermittelte Kunden ein Gefühl der Kontrolle über ihre Kaufentscheidung und führte in den meisten Ländern zu einer deutlichen Steigerung der Conversion-Rate bei gleichzeitiger Senkung der Retourenquote. Das Prinzip der Reziprozität, das die menschliche Neigung zur Erwiderung von Vorteilen nutzt, steigerte zwar die Conversion-Rate, zeigte aber uneinheitliche Effekte auf die Retourenquote. Das «Social Norm» Pattern, das sich die Orientierung am Verhalten anderer zunutze macht, erhöhte in den meisten Märkten sowohl die Conversion-Rate als auch die Retourenquote signifikant.
Die Studie zeigt, dass verhaltensökonomische Interventionen ein effektives Mittel sind, um das Retourenverhalten im E-Commerce zu beeinflussen. Dabei ist es wichtig, die Interventionen an den jeweiligen Markt und die Zielgruppe anzupassen, da die Wirksamkeit je nach kulturellem Kontext variieren kann.
Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung der Retourenvermeidung für die Profitabilität von E-Commerce-Unternehmen. Selbst kleine Verbesserungen der Retourenquote können erhebliche Auswirkungen auf den Gewinn haben.