Agrarinitiativen mit einschneidenden Folgen für viele KMU Am 13. Juni stimmt die Schweiz über die Trinkwasser- und die Pestizidverbots-Initiative ab. Beide Vorlagen klingen verführerisch, schwächen die Schweizer Landwirtschaft aber massiv. Das hat auch negative Folgen für nachgelagerte Betriebe wie verarbeitende KMU, die Gastronomie und die Hotellerie in der Schweiz.

Am 13. Juni stimmt die Schweiz über die Trinkwasser- und die Pestizidverbots-Initiative ab. Beide Vorlagen klingen verführerisch, schwächen die Schweizer Landwirtschaft aber massiv. Das hat auch negative Folgen für nachgelagerte Betriebe wie verarbeitende KMU, die Gastronomie und die Hotellerie in der Schweiz.

 

Die Pestizidverbots-Initiative will den Einsatz synthetischer Pestizide in der Agrarproduktion und in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse komplett verbieten. Bild: Pixabay

Im Juni kommen zwei Agrarinitiativen zur Abstimmung, die zunächst einmal verlockend klingen, weil sie sich gegen Pestizide und für sauberes Trinkwasser einsetzen. Für die Schweizer Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion hätte eine Annahme jedoch schwerwiegende Konsequenzen. Die Pestizidverbots-Initiative will den Einsatz synthetischer Pestizide in der Agrarproduktion und in der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse komplett verbieten. Zudem dürfen nur noch Lebensmittel gewerblich importiert werden, die ohne synthetische Pestizide hergestellt worden sind. Die Trinkwasser-Initiative fordert hingegen, dass nur noch jene Landwirtschaftsbetriebe mit Direktzahlungen unterstützt werden, die keine Pestizide einsetzen und deren Tierbestand mit hofeigenem Futter ernährt werden kann.

Trinkwasser-Initiative befeuert Importe und Einkaufstourismus

Doch einmal mehr zeigt sich: Verheissungsvolle Initiativen sind nicht zwingend praxistauglich. Ohne den Einsatz von Pestiziden wie Pflanzenschutzmitteln haben Schädlinge, Pilze und Unkräuter auf Schweizer Feldern leichtes Spiel. Ein Verzicht auf Pestizide führt nachweislich zu höheren Ertragsausfällen und somit zu einem tieferen regionalen Angebot. In der Folge steigen die Preise für regional produzierte Nahrungsmittel. Das verteuert auch die Lebensmittelproduktion sowie Restaurant- und Hotelbesuche in der Schweiz, falls Verarbeiter und Gewerbe weiterhin auf landwirtschaftliche Rohstoffe aus dem Inland setzen wollen. Schon heute kosten Lebensmittel hierzulande rund 70 Prozent mehr als im EU-Durchschnitt. Vielen Herstellern, Konsumentinnen, Hotels und Restaurants bliebe nach Annahme der Trinkwasser-Initiative wohl nichts anderes übrig, als mehr Produkte im Ausland einzukaufen – und das, obwohl sie lieber die regionale Landwirtschaft in der Schweiz unterstützen würden. Die Trinkwasser-Initiative ist in diesem Sinne auch kontraproduktiv fürs Klima. Gemäss einer aktuellen Studie der eidgenössischen Forschungsanstalt Agroscope nähme die Umweltbelastung bei einem Ja insgesamt zu.

Pestizidverbots-Initiative führt zu Preisexplosion und schadet Gewerbe massiv

Noch einen grossen Schritt weiter geht die Pestizidverbots-Initiative, die gleichzeitig zur Abstimmung kommt. Denn ein Totalverbot von synthetischen Pestiziden betrifft auch Biozide. Sie werden als Reinigungs- und Desinfektionsmittel in der verarbeitenden Lebensmittelindustrie, zur Bekämpfung von Schädlingen bei der Lagerung und zur Desinfektion im Produktionsprozess verwendet. Die Vorlage verteuert den Einkauf und die Produktion vieler Schweizer KMU und blockiert das verarbeitende Gewerbe. Wegen des Importverbots von Lebensmitteln, die mit synthetischen Pestiziden produziert wurden, wären die Veredelung von Kaffee oder die Schokoladeproduktion in der Schweiz kaum noch möglich. Stellvertretend für viele andere Produkte stehen die berühmten Paprika Pommes-Chips. Wenn die hiesige Produktion von Kartoffeln und Raps quasi verunmöglicht wird und viele Paprikaproduzenten im Ausland nicht mehr berücksichtigt werden können, stehen die Hersteller vor schier unlösbaren Problemen. Das Beispiel zeigt: Die Preise für Verarbeiter, Gastronomie, Hotellerie und Konsumenten in der Schweiz würden massiv steigen. Die Initiative gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit vieler Schweizer Betriebe und setzt damit auch Arbeitsplätze aufs Spiel.

Griffiges Pestizidgesetz als pragmatische Alternative

Trotz ihrer fachlichen Mängel ist das Grundanliegen beider Initiativen nachvollziehbar: Die Schweiz soll auch in Zukunft stolz sein können auf die Qualität ihres Trinkwassers. Die Bundesbehörden, die nationale Grundwasserbeobachtung NAQUA und der Verband der Schweizer Kantonschemiker stufen dessen Qualität heute als gut ein. Allfällige Rückstände sagen noch nichts über die Giftigkeit von Stoffen aus und viele Grenzwerte wurden in jüngerer Zeit massiv verschärft. Zugleich wurde der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der konventionellen Schweizer Landwirtschaft in den letzten zehn Jahren um rund 40 Prozent gesenkt. Und diese Entwicklung wird fortgesetzt. So hat das Parlament erst kürzlich ein griffiges Pestizidgesetz verabschiedet: Die Risiken beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln müssen bis 2027 um 50 Prozent vermindert werden. Damit verbunden ist auch eine direkte Senkung der eingesetzten Mengen. Auf diese Weise lassen sich die Anliegen der Agrarinitiativen erreichen, ohne einen riesigen Flurschaden in der Schweizer Wirtschaft anzurichten.

Pascal Wüthrich ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Wirtschaftsdachverband economiesuisse.

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