Neun Tipps für die Planung der Pensionierung Ein finanziell sorgloses Leben im Ruhestand will gut vorbereitet sein – gerade in Zeiten von sinkenden Leistungen bei Pensionskassen.

Ein finanziell sorgloses Leben im Ruhestand will gut vorbereitet sein – gerade in Zeiten von sinkenden Leistungen bei Pensionskassen.

 

Je jünger man anfängt, für das Alter zu sparen, desto mehr wird dann auch vorhanden sein. Illustration Jochen Schievink

«Der Ruhestand ist das, worauf man sein ganzes Leben lang hinarbeitet und sich erschrocken wundert, wenn es so weit ist», lautet ein Sprichwort. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, spricht viel dafür, sich früh um die Finanzen im Ruhestand zu kümmern. Eine gute Planung ist das A und O.

  • Pensionierungszeitpunkt planen: Bei der Planung sollte man sich zunächst einmal darüber klarwerden, wann man in Rente gehen will. Eine Frühpensionierung muss man sich leisten können, eine solche gilt es genau durchzurechnen. Dabei kommt auch zum Tragen, dass viele Pensionskassen aufgrund der ultraniedrigen bis negativen Zinsen in den letzten Jahren die Umwandlungssätze teilweise massiv gekürzt haben. In der Folge fallen die Renten der Versicherten deutlich geringer aus als ursprünglich geplant. Vor diesem Hintergrund kann es einen Gedanken wert sein, allenfalls länger zu arbeiten, wenn man die Möglichkeit dazu hat. Beim Thema Früh- oder Spätpensionierung ist es indessen wichtig, sich die Auswirkungen auf die AHV-Rente vor Augen zu führen. Man kann diese um ein oder zwei Jahre vorziehen oder ihren Bezug um bis zu fünf Jahre aufschieben. Jeder AHV-Versicherte hat diese Möglichkeiten. Bei einem Vorbezug um ein Jahr oder zwei Jahre sinkt die AHV-Rente um 6,8 bzw. 13,6% für die gesamte Bezugsdauer. Schiebt man den Bezug der Rente auf, erhöht sie sich je nach Dauer um zwischen 5,2 und 31,5%.

 

  • Deckung des Lebensstandards im Alter durch regelmässige Einkünfte: Unbedingt sollte man darauf hinarbeiten, dass man im Alter ein Einkommen hat, das die Grundbedürfnisse deckt. «Bei der Planung sollte man sich genau überlegen, welchen finanziellen Bedarf man im Alter pro Jahr hat», sagt Willi Thurnherr, der CEO Retirement & Investment bei Aon Schweiz. Anschliessend solle man prüfen, ob man diesen mit dem erwarteten Einkommen aus der AHV und der Rente aus der zweiten Säule decken könne. Zusätzliche Einkünfte können auch aus einer vermieteten Immobilie kommen. Weniger ratsam ist es im Allgemeinen, Kapital aus der Pensionskasse abzuziehen und in eine Leibrentenversicherung einzuzahlen. Die Umwandlungssätze solcher Versicherungslösungen sind im Normalfall deutlich niedriger als diejenigen von Pensionskassen.

 

  • Rente oder Kapital: Bei der Pensionierung muss man sich entscheiden, ob man das Pensionskassenguthaben als Rente bezieht oder es sich als Kapital auszahlen lässt. Letzteres sollte man nur tun, wenn der Lebensstandard im Alter gedeckt ist. Dies kann beispielsweise sinnvoll sein, wenn man keine hohe Lebenserwartung mehr hat oder wenn man sich teure Wünsche erfüllen will – und dies finanziell kann. «Viele Leute leben allerdings länger, als sie denken», sagt Thurnherr. Gemäss Daten des Statistischen Bundesamts aus dem Jahr 2017 hat eine Frau in der Schweiz im Alter von 65 Jahren im Durchschnitt noch eine restliche Lebenserwartung von 22,5 Jahren, bei Männern sind es 19,7 Jahre. Viele Versicherte entscheiden sich beim Bezug der Pensionskassengelder auch für einen Mix aus Rente und Kapital.

 

  • Ausgaben im Griff haben: Schon vor der Pensionierung ist es indessen ratsam, die Ausgaben unter Kontrolle zu haben. Diese seien ein wichtiger Teil bei der Planung, sagt Thomas Bamert, Vorsorgeexperte bei der Bank Julius Bär. «Eine Problematik ist, dass auch vor der Pensionierung viele ihren Lebensstandard dem aktuellen Gehalt angepasst haben und wenige Ersparnisse haben», sagt er. Diese Leute müssten mehr sparen, wenn sie ihren Lebensstil im Ruhestand fortführen wollten. Die Lebenshaltungskosten im Ruhestand sollte man derweil nicht unterschätzen. Zwar fallen bestimmte Ausgaben nach dem Ende der Berufstätigkeit nicht mehr an. Es bleibt aber mehr Freizeit und damit Zeit, um Geld auszugeben. Zudem besteht möglicherweise der Wunsch, Reisen zu unternehmen.

 

  • Sich mit dem Stand der eigenen Vorsorge beschäftigen: «Viele Versicherte wissen nicht genau, wie viel Geld sie überhaupt in der Pensionskasse haben», sagt Bamert. Sich mit der eigenen Vorsorge zu beschäftigen, wird derweil aber immer wichtiger. Nach mehreren guten Aktienjahren haben viele Kassen zwar ein gutes Polster angesammelt – im Branchenjargon spricht man von gut gefüllten «Wertschwankungsreserven». Mit dem jüngsten, überaus heftigen Kurssturz an den Börsen infolge der Corona-Krise ist ein gewisser Teil davon allerdings bereits aufgebraucht. «Geht es mit den Kursverlusten längerfristig weiter, drohen bei manchen Kassen wieder Unterdeckungen», sagt Bamert. Dann müssten Versicherte möglicherweise Sanierungsbeiträge leisten. Die Qualität der Pensionskasse ist folglich bei der Pensionierungsplanung unbedingt ebenfalls zu beachten. Dazu gehört beispielsweise auch das Verhältnis von Aktiven zu Rentnern in der Kasse.

 

  • Zeitig mit der Planung der Pensionierung beginnen: «Mit der Planung der Pensionierung sollte man so früh wie möglich beginnen», sagt Thurnherr. Bietet eine Pensionskasse beispielsweise verschiedene Pensionspläne für die Versicherten an, so könnten auch schon jüngere Versicherte eine Variante mit höheren Einzahlungen wählen. Langfristig könne dies durchaus lohnenswert sein. Dasselbe gilt für das Sparen in der Säule 3a. Menschen, die in der Lage sind, grössere Einkäufe in die Pensionskasse zu tätigen, könnten später mit der Planung ihrer Pensionierung anfangen, sagt Thurnherr. Viele könnten sich dies aber nicht leisten. Die praktische Erfahrung, beispielsweise auch beim Verein BVG Auskünfte, zeige ihm, dass die Menschen ihre Pensionierung tendenziell eher zu spät planten. Bamert rät, zumindest zehn bis fünfzehn Jahre vor dem angestrebten Pensionierungszeitpunkt mit der Planung zu beginnen. «Dann hat man noch Zeit, um zu reagieren», sagt er.

 

  • Steuersparmöglichkeiten ausschöpfen: Bei der Vorsorge für die dritte Lebensphase besteht die Möglichkeit, erheblich Steuern zu sparen. Wer sich Einkäufe in die Pensionskasse leisten kann, sollte dies erwägen. Schliesslich kann man solche freiwilligen Einzahlungen in die Vorsorgeeinrichtung in der Steuererklärung vom steuerbaren Einkommen abziehen. Lukrativ sind solche Einkäufe vor allem für Versicherte ab dem Alter 50. Da dann die Zeit bis zur Pensionierung langsam absehbar ist, ist das Kapital nicht zu lange in der Pensionskasse gebunden. Einkäufe in die Pensionskasse sollten nicht im Zeitraum von drei Jahren vor der Pensionierung getätigt werden. Bei einem anschliessenden Kapitalbezug müssten die durch den Einkauf erlangten Steuerersparnisse wieder zurückbezahlt werden. Auch mit Einzahlungen in die Säule 3a besteht die Möglichkeit, bei der Vorsorge Steuern zu sparen. Des Weiteren gibt es beim Bezug der Vorsorgegelder aus Pensionskasse, Säule 3a und Freizügigkeit grosse steuerliche Optimierungsmöglichkeiten – die Gelder aus verschiedenen Töpfen sollten, wenn möglich, gestaffelt über mehrere Jahre hinweg bezogen werden, um die Steuerprogression zu brechen.

 

  • Teilpensionierung als Option: Steuerlich gesehen kann auch eine Teilpensionierung eine interessante Möglichkeit sein. Ein Modell wäre beispielsweise, im Alter von 60 Jahren das Arbeitspensum auf 70% reduzieren, mit 62 Jahren auf 40% und mit 65 in Rente zu gehen, sagt Thurnherr. Beim ersten und zweiten Schritt könne man sich jeweils 30% des Pensionskassenkapitals auszahlen lassen und im Alter 65 das restliche Kapital in Rentenform beziehen. Dies ermögliche eine gewisse Staffelung, mit der sich die Steuerprogression brechen lasse. Allerdings müsse hier natürlich immer der Arbeitgeber mitspielen, was einmal mehr die Bedeutung einer guten Planung unterstreiche.

 

  • Sich Gedanken über die Amortisierung der Hypothek machen: Immobilienbesitzer sollten abwägen, wie stark sie die Hypothek auf ihre Liegenschaft reduzieren. Dabei dürfen sie allerdings ihre finanziellen Bedürfnisse im Alter nicht aus den Augen verlieren. Bei der Planung sollte man sich indessen bewusst sein, dass es nach der Pensionierung schwierig werden kann, die Hypothek aufzustocken.

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