Arbeiten nach 65 wird steuerlich bestraft – das müsste nicht sein Die demografische Entwicklung ist eine der grössten Herausforderungen für die Schweizer Wirtschaft. Pensionäre zum beruflichen Wiedereinstieg zu ermutigen, wäre Pflicht. Doch die Steuerämter bestrafen die, die weiterarbeiten.
Die demografische Entwicklung ist eine der grössten Herausforderungen für die Schweizer Wirtschaft. Pensionäre zum beruflichen Wiedereinstieg zu ermutigen, wäre Pflicht. Doch die Steuerämter bestrafen die, die weiterarbeiten.
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Der Fachkräftemangel ist ein echtes Problem. Zwar führte der Konjunkturrückgang im vergangenen Jahr laut dem Fachkräftemangel-Index Schweiz der Universität Zürich zu einer Entspannung, doch die Situation dürfte sich künftig wieder verschärfen. Denn die Generation der Babyboomer verabschiedet sich in den Ruhestand. Gemäss Hochrechnungen dürften der Wirtschaft in den kommenden Jahren dabei zehntausende Person verloren gehen. Viele Arbeitgebende haben das Problem erkannt und greifen nun vermehrt auf bereits pensionierte Mitarbeitende zurück. Wertvolles Fachwissen, das bereits verloren gegangen schien, kann so unter Umständen für eine gewisse Zeit zurückgewonnen werden.
Der Trend, nach der Pensionierung nochmals eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, zeigt stark nach oben. Ab dem Zeitpunkt des beruflichen Wiedereintritts nach der ordentlichen Pensionierung zählen diese Personen allerdings zum elitären Kreis der Dreifachverdiener. Nebst dem Einkommen aus der AHV und der Pensionskasse muss selbstverständlich auch das neue Erwerbseinkommen versteuert werden. Dazu kommt, dass die steuerlichen Abzugsmöglichkeiten kleiner sind als vor der Pensionierung. So steigt die Steuerbelastung auf ein Niveau, das das Weiterarbeiten unattraktiv macht.
«Stop & Go» der BVG-Rente
Aber es gäbe eine einfache Möglichkeit, diesen Missstand zu beheben. Denn viele erwerbstätige Pensionierte könnten mit dem neuen Einkommen und der AHV-Rente das Haushaltsbudget bestreiten und deshalb auf die Rente aus der Pensionskasse vorübergehend verzichten. Warum also nicht die Altersrente während dieser Zeit der erneuten Erwerbstätigkeit sistieren, um diese dann nach der endgültigen Pensionierung wieder zu beziehen? Diese «Stop & Go»-Möglichkeit hat den Vorteil, dass die Steuerstrafe in der Zeit der Erwerbstätigkeit nach der Pensionierung tiefer ausfallen würde.
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Obwohl während der Zeit des beruflichen Wiedereintritts keine BVG-Rente ausbezahlt wird, lohnt sich der Aufschub gemäss Modellrechnungen vor allem dank den Steuereinsparungen. Weil die Altersrente für einige Zeit aufgeschoben wird, erhalten die entsprechenden Personen nach Wiederauslösung der aufgeschobenen Rente zusätzlich einen attraktiveren Umwandlungssatz und damit eine höhere Rente als vor der Sistierung. Betroffene würden also doppelt profitieren.
Ein Beispiel mit einem verheirateten, in Zürich wohnhaften Paar illustriert den Steuereffekt: Vor der Pensionierung erzielte das Ehepaar ein steuerbares Einkommen von 89’000 Franken und bezahlte dafür einen jährlichen Steuerbetrag von 10’500 Franken. Nach der Pensionierung mit der AHV- sowie Pensionskassenrente reduziert sich der Steuerbetrag auf 8500 Franken pro Jahr.
Sollte nun ein Ehepartner nach der Pensionierung die Erwerbstätigkeit für ein Jahr mit einem AHV-Lohn von 110’000 Franken nochmals aufnehmen, erhöht sich die Steuerbelastung um 25’000 Franken auf extreme 33’500 Franken. Der Hauptgrund dafür ist der Grenzsteuersatz, der sich wegen der dreifachen Einkommenssituation drastisch erhöht. Könnte nun die Pensionskassenrente für die Zeit der erneuten Erwerbstätigkeit gestoppt werden, würde sich der Steuerbetrag auf 23’500 Franken reduzieren. Die Differenz der Steuerbelastung von 10’000 Franken ist extrem und für einige Arbeitswillige Grund genug, um den Ruhestand zu geniessen und nicht weiterzuarbeiten.
Doch mit 70 Jahren ist Schluss
Spätestens mit dem 70. Geburtstag muss die Pensionskassenrente wieder reaktiviert werden, um in keinen Konflikt mit den gesetzlichen Bestimmungen des BVG zu kommen. Sollte über das Alter von 70 Jahren hinaus gearbeitet werden, würde die Sistierung der Pensionskassenrente ab diesem Zeitpunkt hinfällig. Viele Arbeitnehmende beenden ihre Erwerbstätigkeit jedoch ohnehin zu diesem Zeitpunkt.
Und das Beste ist: Damit die freiwillige temporäre Sistierung der Pensionskassenrente möglich ist, ist lediglich eine Anpassung der Pensionskassenreglemente nötig. Das wäre eine reine Formsache, die unbürokratisch und rasch eingeführt werden könnte.
PensExpert
Bei der Firmengründung im Mai 2000 in Luzern war eines von Beginn an klar: Berufliche Vorsorgegelder gehören nicht irgendwelchen Pensionskassen, sondern immer den einzelnen Vorsorgenehmenden. Die individuellen und eigenverantwortlichen Vorsorgemöglichkeiten von PensExpert orientieren sich am Private Banking und bieten innovative sowie auf die Steuern abgestimmte Lösungen mit ausgewiesenem Mehrwert in allen Lebensphasen. An aktuell sechs Standorten in der Schweiz und einem Standort in Deutschland sowie in fünf Vorsorgestiftungen kümmern sich knapp 80 Mitarbeitende von PensExpert um mehr als 14’000 versicherte Personen. Sie verwaltet ein Vermögen von rund 10 Milliarden Franken.