Die Postfinance will das Kreditverbot loswerden: Das ist zu begrüssen – unter einer Bedingung Der Untergang der Credit Suisse (CS) hat bei der Kreditvergabe an international tätige KMU eine grosse Lücke hinterlassen. Die Postfinance sieht hier eine Chance, die Diskussionen um neue Ertragsquellen erneut zu lancieren.

Der Untergang der Credit Suisse (CS) hat bei der Kreditvergabe an international tätige KMU eine grosse Lücke hinterlassen. Die Postfinance sieht hier eine Chance, die Diskussionen um neue Ertragsquellen erneut zu lancieren.

Noch immer am Gängelband des Staats: Die systemrelevante Postfinance sucht händeringend nach neuen Ertragsquellen. (Foto: Postfinance)

Seit 2014 gehört die Postfinance zu den systemrelevanten Banken im Land. Im Gegensatz zu UBS, Raiffeisen und Zürcher Kantonalbank (ZKB) kann sie aber weder Kredite noch Hypotheken vergeben und gehört zudem zu hundert Prozent dem Staat. Bis jetzt scheiterten sämtliche politischen Vorstösse, das zu ändern. Zu stark war vor allem der Widerstand der Kantone und der Kantonalbanken, die sich primär im stark umkämpften Hypothekarmarkt keine weitere Konkurrenz wünschen.

Den letzten Vorstoss zur Aufhebung des Kreditverbots versenkte das Parlament in der Herbstsession 2022, die Revision des Postorganisationsgesetzes hätte die Aufhebung des Kreditverbots und eine Privatisierung der Postfinance vorgesehen. Seither herrschte, wenigstens nach aussen, Ruhe zum Thema. Jetzt aber, im Jahr zwei nach dem Untergang der Credit Suisse (CS) als eigenständiger Bank, lanciert der neue CEO Beat Röthlisberger die Diskussion erneut.

Am 30. Januar führte er an einer Konferenz aus, dass die Postfinance die Fähigkeiten und die Mittel habe, bei den Unternehmensfinanzierungen die Lücke zu schliessen, welche die CS hinterlassen habe. Die Mittel, die wegen des Kreditverbots heute in ausländische Obligationen investiert würden, könnten neu auf dem Werkplatz Schweiz zur Verfügung gestellt werden. Der Fokus liegt laut Postfinance klar auf der Unternehmensfinanzierung, eine Vergabe von direkten Hypotheken wird nicht angepeilt.

Als privates Finanzinstitut und ohne die Fesseln des Kreditverbots könnte die Postfinance in die Lücke springen, die durch den Wegfall der CS entstanden ist. Während die Kreditvergabe in tieferem Rahmen an lokale und in der Schweiz tätige Firmen durch die Kantonalbanken gewährleistet ist und grosse Kredite in dreistelliger Millionenhöhe von Grossbanken wie UBS und JP Morgan vergeben werden, sieht die Lage für KMU mit einem Finanzierungsbedarf dazwischen deutlich schwieriger aus.

Die Aufhebung des Kreditverbots ist zu begrüssen. Die Postfinance, die gerade in der Tiefzinsphase händeringend nach neuen Ertragsquellen sucht, muss die Chance erhalten, sich am Markt unternehmerisch zu betätigen. Nur: Die Freiheit, Kredite an Unternehmen zu vergeben, hat einen Preis. Die Politik sollte die Staatsbank im Rahmen einer vollständigen Privatisierung in die Unabhängigkeit entlassen.

Viele mittelgrosse Schweizer KMU sind komplexer und internationaler geworden und haben auch wegen des starken Frankens Teile ihrer Geschäftstätigkeit ins Ausland verschoben. Diese KMU haben ähnliche Bedürfnisse wie Grossunternehmen, benötigen aber tiefere Kreditlinien in zweistelliger Millionenhöhe. Genau diese Finanzierungen waren das Kerngeschäft der früheren Unternehmerbank Credit Suisse. Und genau in dieses Geschäft wollen die hiesigen Banken nicht stärker einsteigen. Dies bekräftigte jüngst der ZKB-Chef Urs Baumann, der lieber das weniger risikoreiche Geschäft mit reichen Privatkunden oder das Asset Management ausbauen will.

Im Kreditvergabemarkt für mittelgrosse Firmen tummeln sich heute denn auch verstärkt spezialisierte Anbieter oder europäische Investmentbanken. Für eine grosse, systemrelevante Schweizer Bank, die rein theoretisch 25 Milliarden Franken Kundeneinlagen als Kredite vergeben könnte und die über eine schweizweit bekannte Marke verfügt, gäbe es Nachfrage.

Der Weg dahin ist aber lang – und gepflastert mit Hindernissen. Zum Ersten müsste das Parlament das Postorganisationsgesetz ändern. Immerhin geht die Postfinance hier klug vor mit ihrem Fokus auf Unternehmensfinanzierungen statt Hypotheken. So tritt sie den politischen Gegnern einer Aufhebung des Kreditverbots – den Kantonen und den Kantonalbanken – nicht direkt ins Gehege.

Zum Zweiten ist die Vergabe von Geschäftskrediten komplex, jüngst machte die Postfinance bei der Schuldscheinvergabe an das Spital Wetzikon gar keine gute Figur. Vergibt sie künftig Kredite, müsste ihr Risikomanagementsystem aufrüsten, um Bonitätsprüfungen und die Überwachung der Vergaben vorzunehmen. Dafür braucht es qualifiziertes Personal, Strukturen und Prozesse. Zum Dritten stellt sich die Frage nach dem zusätzlichen Eigenkapitalbedarf, da Kredite gemäss Risiko mit Kapital unterlegt werden müssen. Immerhin: Der neue CEO kennt das Finanzierungsgeschäft in- und auswendig.

Zoé Baches, «Neue Zürcher Zeitung»

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