Investitionsplanung in Zeiten von Corona Thomas Sommerhalder, Regionaldirektor Aargau/Solothurn bei UBS Schweiz, über die Jahresplanung in schwierigen Zeiten.
Thomas Sommerhalder, Regionaldirektor Aargau/Solothurn bei UBS Schweiz, über die Jahresplanung in schwierigen Zeiten.
Wie beurteilen Sie die Stimmung bei den hiesigen KMU?
Wir befinden uns in einer der grössten Rezessionen der vergangenen 60 Jahre. Dennoch erlebe ich den überwiegenden Teil der KMU als gefasst. Sie sind nicht in Schockstarre verfallen, sondern versuchen, die Lage realistisch einzuschätzen und sich so gut wie möglich den neuen Rahmenbedingungen anzupassen. Besonders Letzteres ist den Schweizer Firmen in der Vergangenheit immer wieder gelungen, weshalb sie zumeist gestärkt aus den Krisen hervorgegangen sind. Viele Firmenchefs blicken entsprechend verhalten positiv nach vorn.
Welche Priorität haben Investitionen derzeit?
Zumindest bis zu den Sommerferien hatte ich nicht den Eindruck, dass Investitionen bewusst gestoppt wurden. Die zurückliegenden Wochen waren nun etwas ruhiger. Es scheint, als seien die Firmen nach den Sommerferien mit ihren Investitionen noch nicht richtig aus den Startlöchern gekommen.
Wie erklären Sie die Zurückhaltung der KMU?
Die Unternehmen sind angesichts der Krise vorsichtiger geworden. Zuvor konnten sie auch einmal einen Versuchsballon steigen lassen. Sie wussten, dass sie die Investitionen über ihren bestehenden Cashflow wieder einbringen würden. Heute schauen sie lieber zweimal hin. Weiter gilt: «Cash is King» – das Sichern der Liquidität hat einen hohen Stellenwert. Überhaupt, nach den Erfahrungen im Frühling schenken die Firmen der Liquidität mittlerweile besonders viel Aufmerksamkeit. Manchmal warten sie aber einfach nur ab. Entscheidend ist, dass kein Investitionsstau entsteht. Das wäre fatal für die Betriebe. Ich habe schon Firmen erlebt, die in einer Rezession ihre Investitions- wie auch ihre Forschungs- und Entwicklungsausgaben deutlich gekürzt haben. Mittelfristig hatte diese Entscheidung dann fatale Folgen.
Sollen KMU genauso planen wie bisher?
Nein, denn in vielen Branchen hat sich das Umfeld markant verändert. Eine der wichtigsten Fragen lautet daher: Wie verändert sich mein Geschäftsmodell? Solch eine Überlegung musste man schon vor der Krise in die Planung einfliessen lassen. Wegen Corona gilt dies heute mehr denn je.
UBS-Beratungstermin
Über die Finanzierungsstruktur des Unternehmens reden
Worauf sollten KMU bei der Investitionsplanung besonders achten?
Eine akkurate Investitionsplanung ist derzeit äusserst wichtig. Man sollte unterscheiden zwischen «Need to have» und «Nice to have», um Überinvestitionen zu vermeiden. Es empfiehlt sich zudem, die Planung rollend voranzutreiben. Der Prozess, der früher jährlich und oftmals zu genau definierten Zeitpunkten angegangen wurde, sollte man nun regelmässiger, dafür aber dynamisch durchführen. Ebenfalls von zentraler Bedeutung: Das den neuen Rahmenbedingungen angepasste Geschäftsmodell im Hinterkopf zu behalten. Die Frage lautet: Welche Investitionen sind nötig, um unter diesen Voraussetzungen den Betrieb am Leben zu erhalten und dennoch Wachstum zu generieren?
Inwieweit schränken Covid-19-Überbrückungskredite Investitionen ein?
Aktuell sind nur Ersatzinvestitionen erlaubt, künftig könnten aber auch Erweiterungsinvestitionen zugelassen werden. Denn die Krise verändert bei vielen Firmen das Geschäftsmodell und macht somit Investitionen erforderlich. Noch nicht erlaubt ist die Rückzahlung von Darlehen oder die Ausschüttung von Dividenden. Dies könnte Auswirkungen auf die Nachfolgeregelungen haben und die Prozesse über mehrere Jahre blockieren. Entsprechend sollte man die Nachfolge gegenwärtig noch stärker in die Investitionsplanung mit einbeziehen. Alles in allem rechne ich damit, dass die Vorgaben aufgrund der Corona-Überbrückungskredite in den kommenden Monaten weiter den Bedürfnissen der Unternehmen angepasst werden.
Wie kann UBS ein KMU bei der Investitionsplanung unterstützen?
Es geht darum, für die Firmen eine gute Lösung zu finden. Beispielsweise haben wir schnell und unbürokratisch Amortisationen aufgeschoben, bestehende Finanzierungen umstrukturiert oder erhöht. Um einen Stillstand zu vermeiden, dürfen wir uns bei den Kreditentscheiden nicht allein auf das laufende, aussergewöhnliche Jahr stützen. Wir arbeiten sehr eng mit den Unternehmen zusammen und haben in den allermeisten Fällen eine für alle Seiten tragbare Lösung gefunden. Die ist mitunter sicher auch ein Grund, weshalb Covid-19-Kredite-Plus erstens nur in sehr überschaubarer Anzahl beantragt und zweitens im Durchschnitt lediglich zu 25 Prozent in Anspruch genommen wurden. Schliesslich sind wir in dieser speziellen Zeit auch ein Sparringspartner für viele Unternehmerinnen und Unternehmer, die oftmals allein agieren müssen und eine neutrale Zweitmeinung gut brauchen können.
Worauf sollten KMU derzeit besonders achten?
Sie sollten Kurzschlüsse vermeiden und sich nicht vom Tagesgeschehen leiten lassen. «Hü und hott» bringt nichts. Vielmehr sollte man die übergeordneten Ziele nicht aus den Augen verlieren. Wer aber wachsen will, kommt um Investitionen nicht herum.
Wie gelingt es KMU, das Tagesgeschehen in der Covid-19-Krise auszublenden?
Natürlich ist die Lage für viele Firmen brisant, sie fühlen sich teilweise in ihrer Existenz bedroht. Bis die Umsätze wieder das Vorjahresniveau erreichen, dürften in einigen Branchen noch Jahre vergehen. Viele KMU haben aber aus vergangenen Krisen gelernt und in guten Zeiten vorgesorgt. Ich habe deshalb grosses Vertrauen in die Schweizer Wirtschaft. Zudem verstärkt in manchen Branchen die Pandemie nur eine bereits laufende Strukturentwicklung. Wer es versäumt, rechtzeitig darauf zu reagieren, wie beispielsweise die Textilindustrie in den 1980er-Jahren, dürfte zukünftig Probleme haben.
Wie verändert die Corona-Pandemie die hiesige KMU-Landschaft?
Insgesamt scheint mir die Schweizer Wirtschaft gut vorbereitet. Sie zeigt sich agil und gefasst, es herrscht keine Panik. Dennoch ist mit strukturellen Veränderungen zu rechnen. Ich erwarte eine gewisse Vertikalisierung. Das heisst, die Unternehmen dürften (vor allem) vorgelagerte Prozesse wieder vermehrt in die eigene Wertschöpfung integrieren. Gleichzeitig wird auch die Konsolidierung innerhalb bestimmter Branchen zunehmen.
Thomas Sommerhalder ist Regionaldirektor Aargau/Solothurn bei UBS Schweiz.
Dieser Artikel wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von UBS Schweiz erstellt.