Wichtige Unternehmenskennzahlen Oft genügen wenige Kennzahlen, um Stand und Entwicklung der Firma zu beurteilen. Deren Überwachung ist das A und O.
Oft genügen wenige Kennzahlen, um Stand und Entwicklung der Firma zu beurteilen. Deren Überwachung ist das A und O.
Finanzkennzahlen gibt es in allen Formen und Farben. Doch welche benötigt der Unternehmer tatsächlich, um seine Geschäftsentwicklung im Griff zu haben? Grundsätzlich zeigen drei Bereiche Erfolg oder Misserfolg auf: Zahlungsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit – also Liquidität, Rentabilität und Solidität. An diesem Dreiklang führt kein Weg vorbei.
Auf der Zeitachse ist die Liquidität kurzfristig wichtig, wogegen die Rentabilität mittelfristig und die Solidität oder Substanz langfristige Bedeutung haben. Es genügen wenige zum Unternehmen passende Kennzahlen aus diesen Bereichen, um den Geschäftsgang zu kontrollieren. Über diese sollte man gut Bescheid wissen: eine Aufgabe, die sich nicht delegieren lässt.
Liquiditätsplanung ist das A und O
Die erste Kennzahl ist letztlich keine. Die kurzfristige Liquidität steht de facto für etwas Flüssiges, Dynamisches. Sie sollte über einen bestimmten Zeitraum in die Zukunft geplant und natürlich auch gesichert werden. Denn Liquiditätsprobleme sind der weitaus häufigste Grund für die Eskalation einer Firmenkrise. Ich bin kein Verfechter von Liquiditätskennzahlen, da sie bestenfalls als Indizien dienen, die sich nur auf einen Stichtag beziehen.
Für den Unternehmensalltag ist eine Liquiditätsplanung dennoch unerlässlich. Sie muss die gesamte Wertschöpfungskette berücksichtigen – von der Bestellung bis zum Zahlungseingang nach der Rechnungsstellung. Vereinfacht gilt: Je höher die Wertschöpfung, desto länger der Planungshorizont. Bei Handelsunternehmen mit geringer Wertschöpfungstiefe beträgt der Horizont vier bis sechs Monate, produzierende Firmen müssen langfristiger denken und auf sechs Monate hinaus planen. Mit einer Planung lassen sich auch instabile Phasen besser meistern. Denn während ein sinkender Umsatz kurzfristig zu einer besseren Liquidität führt, bindet Umsatzwachstum zusätzliche Mittel. Das wird oftmals übersehen und kann dann zu ungewollten Aktionen führen: etwa zum Strecken der Kreditorenrechnungen, zum Lagerabbau oder zur Aufnahme von Fremdkapital.
Fokus auf das EBITDA
Hierfür eignet sich eine Mittelflussrechnung. Sie zeigt, woher die flüssigen Mittel stammen (Cashflow, Finanzierung, Devestitionen) und wo und wie sie verwendet werden (Anlage-/Umlaufvermögen, Dividendenausschüttungen und so weiter). Womit wir bei der Wirtschaftlichkeit – der Rentabilität – wären. Sie wird in vielen Margenkennzahlen ausgedrückt, welche die Gewinne oder Cashflows des Unternehmens in Beziehung zum Umsatz oder zum aufgewandten Kapital setzen.
Für mich als ehemaligen Unternehmer ist der Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) im Verhältnis zum Umsatz aussagekräftig. Wie hoch diese Marge sein sollte, hängt stark von der Branche ab. Bei einem Industriebetrieb würde ich mehr als 10 Prozent als gesund ansehen. Handels- und Dienstleistungsbetriebe liegen wegen der geringeren Investitionsneigung tiefer. Für sie dürfte eine Marge zwischen 3 und 6 Prozent ausreichen.
«Für den Unternehmensalltag ist eine Liquiditätsplanung unerlässlich.»
Bilanzstruktur ist das Fundament
Das Fundament einer Firma aber ist die Struktur der Bilanz, welche über Substanz und Solidität entscheidet. Für produzierende Unternehmen steht hier das Anlagevermögen im Zentrum. Langlebige Investitionsgüter sollten auch langfristig finanziert sein. Dabei müssen Eigen- und langfristiges Fremdkapital zwingend das Anlagevermögen decken. Im Idealfall sollten sie es sogar übersteigen, damit das Eigenkapital seinen Zweck als Reservepolster für allfällige Verluste erfüllen kann. Ich würde für ein Verhältnis von Eigenkapital und langfristigem Fremdkapital zum Anlagevermögen von 120 Prozent plädieren.
Handelsbetriebe indes sind mehr beim Umlaufvermögen gefordert. Hier geht es primär um die Beurteilung der Geschäftsrisiken und damit um die Beanspruchung des Eigenkapitals. Solide nicht produzierende Firmen sollten einen Eigenkapitalanteil von 30 Prozent aufweisen, bei Industriebetrieben sollten es mindestens 40 Prozent, vorzugsweise 50 Prozent oder mehr sein.
Nur im Vergleich aussagekräftig
Schliesslich möchte ich noch auf einige Messgrössen hinweisen, die nicht Finanzkennzahlen im engeren Sinn sind: Produktivitätskennzahlen. Bei einer Beratungsfirma beinhaltet das etwa verrechnete Stunden pro Beschäftigten, bei einem Industriebetrieb die Stückzahl je Stunde. Das lässt sich leicht feststellen: Je nach Betrieb und Kennzahl weiss man oft schon am Abend, wie der Tag gelaufen ist.
Bei allem gilt es aber stets zu bedenken, dass Kennzahlen nur im historischen Vergleich oder im Branchenvergleich Aussagekraft besitzen. Und: Einmal ist keinmal. Kennzahlenmessung stellt einen kontinuierlichen Prozess dar. Denn der Trend über die Zeit ist viel wichtiger als ein einmaliger Ausschlag.
Fachbegriffe: Unternehmenskennzahlen
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Liquiditätsgrade
Mit der Liquidität kann das Unternehmen seinen fälligen Verbindlichkeiten fristgerecht nachkommen. Es werden drei Liquiditätsgrade unterschieden, die kurzfristiges Fremdkapital dem Umlaufvermögen gegenüberstellen. So ist die Barliquidität als erster Grad das Verhältnis von flüssigen Mitteln und Wertschriften zum kurzfristigen Fremdkapital.
EBITDA-Marge
Sie ist das Verhältnis von Betriebsgewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf Sachanlagen und immaterielle Vermögenswerte (EBITDA) zum Nettoumsatz. Die Marge zeigt, ob nachhaltig investiert, das Eigen- und Fremdkapital verzinst, das Eigenkapital weiter gestärkt und/oder ein Gewinn ausgeschüttet werden kann.
Eigenkapitalrendite
Der Reingewinn im Verhältnis zum durchschnittlichen Eigenkapital weist auf die Attraktivität für Anleger hin.
Anlagedeckungsgrade
Es werden zwei Deckungsgrade unterschieden, welche das Eigenkapital beziehungsweise das Eigenkapital plus langfristiges Fremdkapital ins Verhältnis zum Anlagevermögen setzen (Anlagedeckungsgrade 1 und 2). Die Regel: Das Anlagevermögen sollte mit Eigen- und/oder Fremdkapital gedeckt sein.
Verschuldungsfaktor
Der Verschuldungsfaktor misst das Verhältnis von Verschuldung zu Cashflow (entspricht überschlägig dem EBITDA) und zeigt, wie viele Jahre es dauert, bis die Schulden aus dem Cashflow zurückgezahlt werden können. Je nach Finanzierung (Liegenschaft, Warenlager, Maschinen und so weiter) sollte der Faktor unter fünf Jahren liegen.