Trumps Strafzölle treffen die Uhrenbranche – welche Schritte die Markenchefs jetzt prüfen Die Ankündigung von 31 Prozent Strafzoll auf Schweizer Produkte fällt mitten in die wichtigste Uhrenmesse des Jahres. Vor Ort in Genf sprechen mehrere CEO über erste Reaktionen. Klar ist: Starke Preiserhöhungen sind keine Option.
Die Ankündigung von 31 Prozent Strafzoll auf Schweizer Produkte fällt mitten in die wichtigste Uhrenmesse des Jahres. Vor Ort in Genf sprechen mehrere CEO über erste Reaktionen. Klar ist: Starke Preiserhöhungen sind keine Option.

Seit Donnerstagmorgen herrscht an der Genfer Uhrenmesse Watches and Wonders eine Art Doppelbetrieb. Neue Uhren werden präsentiert und gefeiert wie gewohnt. Doch hinter den Kulissen beschäftigen sich die Chefs der Schweizer Uhrenmarken mit einer anderen Angelegenheit: den von Donald Trump angekündigten Strafzöllen von 31 Prozent auf Schweizer Produkte.
«Ganz überraschend kamen die Zölle ja nicht», sagt Edouard Meylan, Inhaber der Schaffhauser Edelmarke H. Moser & Cie. Doch die Höhe sei problematisch. «Wir haben mit vielleicht 20 Prozent gerechnet, aber nicht mit 31 Prozent», sagt Meylan. Er bemängelt auch die kurzfristige Ankündigung: «Unsere Lager sind derzeit leer, wie meistens Anfang Monat.»
Meylan reagierte rasch: Um wenigstens ein paar Uhren noch ohne die hohen Zölle verkaufen zu können, veranlasste er, kurzfristig möglichst viele Stücke aus anderen Weltgegenden in die USA zu verschieben. Ähnliches berichten auch die CEO anderer Marken – von Jungfirmen wie Norqain bis zu Branchenschwergewichten wie TAG Heuer.
Das hilft natürlich nur kurzfristig. Danach braucht es eine dauerhafte Lösung.
Wie genau die aussehen könnte, ist noch offen. Sicher ist hingegen: Schweizer Uhren werden in den USA nicht einfach um 31 Prozent teurer werden. «Mehr als ein paar Prozent Preiserhöhung sind nicht durchsetzbar», sagt Ben Küffer, Gründer von Norqain. «Sonst passiert das, was wir aus China im Zusammenhang mit der Einführung der Luxussteuer kennen: Die Kunden kaufen im Ausland.»
Die Marge wird leiden
Man könnte meinen, es spiele für die Marken keine Rolle, wo Konsumenten ihre Uhren kaufen – Hauptsache, sie kaufen. Doch nicht alle Kunden können oder wollen für den Kauf einer Uhr ins Ausland reisen. Vor allem günstigere Uhren sind häufig Spontankäufe. Wenn diese abnehmen, weil die Uhren zu teuer geworden sind, trifft das die Marken im tiefen und mittleren Preissegment ganz besonders. Und genau diese Marken sind dank den hohen Stückzahlen, die sie produzieren, zentral für die Schweizer Uhrenindustrie.
Viele Marken betreiben zudem eigene Boutiquen in den USA. Bleiben die Käufer aus, spüren die Uhrenhersteller das direkt. Auch wer mit Multimarkenhändlern zusammenarbeitet, hat ein Interesse, dass deren Verkäufe nicht einbrechen.
Wenn die Preise in den USA allerdings trotz möglicherweise hohen Zöllen stabil bleiben sollen, muss jemand auf Marge verzichten. Für Niels Eggerding, CEO der Marken Frederique Constant und Alpina, ist klar, dass sich Hersteller, Vertrieb und Fachhandel die Last teilen müssen. «Wir kennen das aus Indien», sagt Eggerding. Dort liegt der Zollsatz bei rund 20 Prozent. Wer in Indien verkaufen wolle, nehme bewusst geringere Margen in Kauf. Das gehe natürlich nicht unbegrenzt, wie das Beispiel Brasilien zeige. Dort betragen die Einfuhrzölle und Abgaben mehr als 60 Prozent, weshalb viele Marken einen Bogen um das Land machen.
Eine Branche im Gegenwind
Die neuen Zölle treffen die Schweizer Uhrenbranche in einer ohnehin schwierigen Phase. 2024 gingen die Exporte um 3 Prozent zurück. Dass der Rückgang nicht stärker ausfiel, lag vor allem am amerikanischen Markt. Die USA, mit einem Anteil von 17 Prozent der mit Abstand grösste Absatzmarkt für Schweizer Uhren, legten um 5 Prozent zu. Damit kompensierten sie weitgehend die deutlichen Einbussen in den ebenfalls wichtigen Märkten China (–26 Prozent) und Hongkong (–19 Prozent).
In der Branche rechnen viele damit, dass Trumps Ankündigung Realität wird – doch nicht alle teilen diese Einschätzung. «Mehrere amerikanische Händler, die bei uns am Stand waren, halten das Ganze noch für verhandelbar», sagt Küffer. Die Finanzmärkte hingegen gehen offenbar von einer Umsetzung aus: Die Aktien von Richemont und Swatch Group haben seit Mittwoch über 10 Prozent verloren, jene des britischen Uhrenhändlers Watches of Switzerland, der stark in den USA vertreten ist, sogar 18 Prozent.
Swiss Made statt Made in USA
Für Ben Küffer muss der Uhrenverband Fédération Horlogère nun unbedingt aktiv werden. «Der Bundesrat braucht ein Argumentarium, das erklärt, warum Strafzölle auf Schweizer Uhren keinen Sinn ergeben.» Etwa weil es in den USA keine High-End-Uhrenindustrie gibt, die von solchen Massnahmen profitieren würde. Oder weil Schweizer Marken in den Vereinigten Staaten Tausende von Mitarbeitenden beschäftigen – in Boutiquen, Logistikzentren oder Servicestellen.
Auch grössere Produktionsverlagerungen, wie sie sich Donald Trump offenbar wünscht, sind für die Branche kaum realistisch. «Swiss Made» gilt als zentrales Gütesiegel, und die Anforderungen sind streng: Mindestens 60 Prozent der Wertschöpfung müssen in der Schweiz erbracht werden, die Uhr muss hier montiert und kontrolliert werden.
Die Bauteile in der Schweiz zu fertigen und das Endprodukt dann in den USA zu montieren, kommt daher nicht infrage – zumindest nicht, wenn die Uhr als «Swiss Made» verkauft werden soll. Ganz ausschliessen wollen manche Hersteller eine Verlagerung dennoch nicht. Moser-Chef Meylan denkt zumindest offen über Alternativen nach. Seine Uhren tragen aus ästhetischen Gründen keine «Swiss Made»-Kennzeichnung – obwohl sie vollständig in der Schweiz hergestellt werden.
«Wir haben ein Service-Center in den USA», sagt Meylan. «Ich habe mir überlegt, ob wir unsere Uhren für den amerikanischen Markt dort montieren könnten.» Der logistische Aufwand wäre allerdings gross – und derzeit, wie er sagt, kaum sinnvoll.