Auf die Frage, wer beim Ausbau des Güterbahn-Korridors von Rotterdam an der Nordsee bis nach Genua am Mittelmeer seine Hausaufgaben nicht gemacht habe, sagte Füglistaler: „Deutschland“.
Die Schweiz und Italien seien weit. Wenigstens seien die wichtigen Entscheidungen in Deutschland endlich gefallen. „2024 und 2025 ist absehbar, dass es mehrere grössere Baustellen und Sperrungen gibt. Da wird in Krisenmodus gefahren.“ Das gelte für den Güter- und Personenverkehr.
SBB setzen auf eigene Züge
Die Schweiz und Deutschland hatten sich 1996 per Staatsvertrag unter anderem darauf geeinigt, dass die deutsche Strecke Karlsruhe-Basel vierspurig ausgebaut wird. Das soll mehr Platz für Personen- und Güterzüge schaffen.
In der Schweiz machte sich wegen der Verzögerungen und Verspätungen bei grenzüberschreitenden Personenzügen aus Deutschland Frustration breit. Inzwischen werden Züge, die 10 bis 15 Minuten oder mehr Verspätung haben, an der Grenze ausgesetzt. Die SBB setzen ab Basel eigene Züge mit pünktlicher Abfahrt ein. Gäste aus Deutschland müssen dort dann in den nächsten Zug umsteigen.
Versprochene Verlässlichkeit
„Zur Ehrenrettung von Deutschland muss ich aber sagen: Der bestehende Korridor funktioniert einigermassen“, sagte Füglistaler. Das heutige Verkehrsaufkommen könne bewältigt werden, aber nur „mit einer sehr schlechten Qualität“.
Wegen betrieblicher Unzulänglichkeiten fielen viele Güterzüge aus. „Das stärkste Argument für Schienengüterverkehr ist Verlässlichkeit.“ Es gehe weniger um Geschwindigkeit als klare Zusagen, wann Ware wo ankomme. „Dieses Versprechen können wir im Moment nicht einlösen. Auch da muss ganz massiv an der Qualität gearbeitet werden.“
Botschaft: „Seid geduldig“
Füglistalers Botschaft an Kunden der Deutschen Bahn: „Gebt die Hoffnung nicht auf“, sagte er. „Bleibt bei der Bahn, ertragt es, es wird besser. Aber es dauert. Also seid geduldig.“ Seine Botschaft an den deutschen Verkehrsminister: „Die Zukunft ist einfach die Bahn. Da braucht man Entscheidungen und politischen Willen. Und Stehvermögen.“
Eine Deutsche-Bahn-Sprecherin räumte ein, dass über Jahrzehnte in der Schienenverkehrspolitik andere Prioritäten gesetzt worden seien. „Das hat den Ausbau auf deutscher Seite im direkten Vergleich mit den Nachbarländern erheblich verzögert.“ Bürgerproteste hätten den Ausbau auch über Jahre fast ganz gestoppt. Aber ein Drittel der 200 Kilometer langen Strecke zwischen Karlsruhe und Basel sei inzwischen in Betrieb. „Bis 2035 stellt die Deutsche Bahn die durchgehende Viergleisigkeit zwischen Karlsruhe und Basel her und bis 2041 den vollständigen Ausbau für Geschwindigkeiten von bis zu 250 Kilometern pro Stunde.“