Diese Lampen sind echte Leuchten In Büros, Hotels oder Schulen brennt fast immer Licht – das frisst Strom und Geld. Ein Zürcher Startup hilft beim Sparen: mit intelligenten Lampen, die sogar noch als Alarmanlagen taugen.
In Büros, Hotels oder Schulen brennt fast immer Licht – das frisst Strom und Geld. Ein Zürcher Startup hilft beim Sparen: mit intelligenten Lampen, die sogar noch als Alarmanlagen taugen.
Ein Parkhaus ist wahrlich kein Wohlfühlort. Reinfahren, parkieren, schnell wieder raus. Die Ecken sind düster, die Decken niedrig und die Ausgänge schlecht zu finden. Um Kunden anzulocken und Unholde abzuschrecken, brennt grelles Licht – tagein, tagaus. Das braucht Energie, die wir nicht im Überfluss haben – und die teuer ist. Die Strompreise werden auch 2024 wieder steigen.
Im Parkhaus Stampfenbach in Zürich wird dieses Problem aktiv angegangen. Hier ist alles angenehm ausgeleuchtet, sogar die Ecken. Aber die neue Lichtanlage, die dieses Jahr installiert wurde, braucht 80 Prozent weniger Strom als die frühere.
Jakob Tresch öffnet die Tür zum ersten Untergeschoss und tritt ein. «Hier, wo wir jetzt stehen, brennen die Lampen zu 100 Prozent», sagt der Projektingenieur des Zürcher Startups LED City, das für seine intelligenten Beleuchtungssysteme soeben den Green Business Award erhalten hat. «Jetzt sehen Sie dort rüber», sagt der 24-Jährige und zeigt auf die Parkplatzreihen auf der anderen Seite der Fahrbahn. Auch dort wirkt es hell. Doch weil sich auf dieser Seite gerade keine Menschen befänden, hätten sich die Lampen automatisch auf 5 Prozent heruntergedimmt, erklärt Tresch. Man spart also fast 95 Prozent Strom, aber für unser Auge ist der Unterschied aus der Distanz kaum zu erkennen.
Ein AKW wegsparen
Erst als wir hinübergehen, werden die Leuchten sichtbar heller, nicht plötzlich, sondern fast unbemerkt und so sanft, als würde jemand sie langsam hochfahren. Dieser «jemand» ist das System von LED City. Die Firma hat inzwischen schon zahlreiche Unternehmen mit ihren Beleuchtungen beliefert, den Zürcher Flughafen etwa, das Hotel Dolder Grand oder die Uni Zürich.
Beim Stromverbrauch ist das Licht zwar nur ein Faktor von vielen. Doch unbedeutend ist Licht nicht. Gemäss Energie Schweiz, dem Förderprogramm des Bundes im Bereich Energie, machte die Beleuchtung im Jahr 2021 rund 11,2 Prozent des Gesamtstromverbrauchs der Schweiz aus. 2012, im Jahr des höchsten Verbrauchs, waren es 14,6 Prozent gewesen. Dieser Rückgang ist vor allem dem Umstieg von Halogenlampen auf sparsamere LED-Leuchten zu verdanken.
Aber es liesse sich noch viel mehr erreichen, besonders in Geschäftsgebäuden, wo das Licht häufig unnötig brennt. Laut Schätzungen könnte man in Geschäftsimmobilien mit besseren Konzepten bis zu 90 Prozent der Kosten einsparen, die durch Beleuchtung anfallen.
Diese Zahlen lassen Patrik Deuss, den Gründer und CEO von LED City, gross denken: «Bis im Jahr 2030 wollen wir ein Atomkraftwerk wegsparen», sagt der 31-Jährige in den Büros von LED City, die mitten in Zürich an der Werdstrasse liegen. Der Weg zu diesem Ziel ist noch weit.
Um so viel Strom zu sparen, wie ein AKW jährlich produziert, müssten laut Deuss etwa 12 Millionen Leuchten umgerüstet werden. Bisher hat die Firma ein Prozent davon geschafft – etwa 120 000 Leuchtmittel hat LED City in den letzten sechs Jahren ersetzt. «Aber das Bedürfnis nach intelligentem Licht wächst exponentiell», sagt Deuss, der mehr als zuversichtlich ist.
Aufs Licht ist der 31-Jährige 2016 durch seine Bachelorarbeit in Energie- und Umwelttechnik an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften gekommen. Er wollte etwas entwickeln, was grün und wirtschaftlich ist, denn: «Nur mit grün kommst du noch nirgends hin.»
Sparsame LED-Leuchten und Bewegungsmelder waren schon weit verbreitet, doch die reichten Deuss nicht. Er wollte «nicht von einem unintelligenten System ins nächste» wechseln, sondern das System von Grund auf neu denken, und zwar ohne dass der Benutzer es merkt – ausser bei der Stromrechnung. Das heisst: Seine intelligente Beleuchtung sollte nicht zentral, sondern dezentral gesteuert werden. Es entscheidet daher nicht der Lichtschalter oder ein Bewegungsmelder, ob die Lichter in einem Raum angehen oder nicht. Nein, «wenn sich in ihrer Nähe etwas bewegt, entscheidet jede Leuchte für sich. Demokratisch wie die Schweiz», sagt Patrik Deuss und lacht.
Wenn also Besucher durch das Parkhaus Stampfenbach gehen, folgen ihnen die Lichter wie ein Schwarm Vögel. Die 240 Leuchten bilden ein Netzwerk. Jede einzelne hat eine daumengrosse Leiterplatte und damit eine Art eigenes Gehirn. Nimmt eine Leuchte über elektromagnetische Wellen eine Veränderung wahr – ein vorbeifahrendes Auto etwa oder einen Menschen –, entscheidet sie, ob sie angeht, und meldet diese Veränderung an das Netzwerk. Die Leuchten in ihrer Umgebung tun dasselbe. So brennt immer nur da Licht, wo es gebraucht wird.
Die Leuchten von LED City denken sogar noch weiter. Sie sammeln Daten und erkennen etwa, wie intensiv ein Sitzungszimmer genutzt wurde, wie gut die Luftqualität ist und ob eine Reinigung nötig ist. Und weil sie Bewegungen registrieren, können sie sogar als Alarmanlagen eingesetzt werden.
Sichtbarkeit ist wichtig
Patrik Deuss hat LED City 2017 gegründet. Heute hat die Firma 43 Mitarbeitende, Projekte in der Schweiz, in Deutschland und auch in Spanien und erzielte 2022 einen Umsatz von 4,2 Millionen Franken. Für die Kunden ist die Installation der intelligenten Leuchten zwar meist etwas teurer als die einer herkömmlichen Anlage. Aber nach zwei bis drei Jahren seien die Kosten dank dem tiefen Stromverbrauch meist schon amortisiert, sagt Deuss.
Mit seinem Konzept hat das Team um Patrik Deuss in diesem Jahr auch die Jury des Green Business Award überzeugt; sie zeichnet Firmen aus, die ökologische Innovationen mit unternehmerischem Erfolg verbinden. «LED City ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir mit Technologie und künstlicher Intelligenz die Herausforderungen in der Energiebranche angehen können», lobte Alt-Bundesrätin und Jurypräsidentin Doris Leuthard.
«Die Aufmerksamkeit ist unbezahlbar!», sagt der CEO Patrik Deuss. Für Startups wie seines seien solche Preise wichtig, vor allem wegen der Sichtbarkeit: «Grosse Kunden müssen erfahren, dass es Lösungen gibt. Wir können noch lange Energie sparen; wenn es niemand weiss, bringt es nichts.»
Brigitte Wenger, «Neue Zürcher Zeitung»