Luxus boomt – kein Wunder, wenn schon 15-Jährige auf Louis Vuitton und Rolex stehen Früher hiess es, Luxusgüter liefen gut, wenn es der Wirtschaft gut gehe. Heutzutage boomen die Luxusmarken sogar in der Krise.

Früher hiess es, Luxusgüter liefen gut, wenn es der Wirtschaft gut gehe. Heutzutage boomen die Luxusmarken sogar in der Krise.

 

Anstehen für Luxus vor der Louis Vuitton Maison Champs Élysées in Paris. Bild: unsplash

Die Weltwirtschaft ist derzeit eher holprig unterwegs, selbst eine Rezession ist in diversen westlichen Ländern nicht ausgeschlossen. Viele Menschen schnallen den Gürtel enger, weil Energie und Lebensmittel teurer geworden sind.

Starkes Wachstum auch ohne China

Doch es sieht ganz danach aus, als müssten längst nicht alle sparen: Das Geschäft mit dem Luxus boomt nämlich geradezu. Laut den Schätzungen von Bain & Altagamma haben die globalen Umsätze mit Luxusgütern wie Schmuck, Uhren, Lederwaren, Parfum und Kleidung im vergangenen Jahr um 22 Prozent auf 353 Milliarden Euro zugelegt.

Dies ist umso bemerkenswerter, als Chinesen – deren Nachfrage lange das Wachstum beflügelt hatte – im vergangenen Jahr wegen der strikten Zero-Covid-Politik kaum Gelegenheit für Shopping-Touren hatten. Stattdessen gingen die Luxusgüterumsätze fast überall sonst auf der Welt steil nach oben – sei es in Südostasien (+43 Prozent), Europa (27 Prozent) oder Nord- und Südamerika (25 Prozent).

Auch die Schweizer Uhrenindustrie hatte ein gutes Jahr. Sie konnte ihre Exporte wertmässig um 11 Prozent steigern, obschon China als zweitwichtigster Markt nach den USA um knapp 14 Prozent im Minus lag. Die teuersten Uhren schnitten dabei am besten ab.

Die Kundschaft wird jünger

Der starke Anstieg der Nachfrage nach Luxusgütern hat auch damit zu tun, dass die Marken nicht mehr nur ältere, begüterte Leute ansprechen. Auch die Jungen stehen zunehmend auf Luxusartikel. Zusammen waren die «Millennials» (Jahrgang 1981–1996) und die «Generation Z» (Jahrgang 1997–2012) im vergangenen Jahr für rund zwei Drittel der Umsätze verantwortlich.

Und der Anteil der Jungen dürfte noch zunehmen. «Die Ausgaben der Generation Z und sogar der jüngeren Generation Alpha werden bis 2030 dreimal so schnell wachsen wie die anderer Generationen», heisst es in der Studie. Von Postmaterialismus halten viele Jugendliche offenbar nicht allzu viel. Im Gegenteil: Die Lust auf Luxusgüter beginnt sogar immer früher.

Während die Millennials typischerweise 18 bis 20 Jahre alt waren, als sie mit dem Kauf von Luxusgütern begannen, stehen mittlerweile schon 15-Jährige auf Rolex-Uhren oder Louis-Vuitton-Taschen. Das hat nicht zuletzt mit Instagram und Co. zu tun, sind doch Luxusmarken auf den sozialen Netzwerken sehr präsent.

Im Fall von Luxusuhren spielt noch ein weiterer Effekt mit: So kaufen die jüngeren Generationen Uhren vermehrt auch als Investment – etwa Modelle von Richard Mille, Rolex, Hublot, Audemars Piguet oder Omega. Dank dem Aufkommen von Uhrenplattformen wie Chrono24Watchfinder oder Watchbox existiert heute ein globaler Markt für gebrauchte Uhren, und speziell Luxusuhren haben sich in der jüngsten Krise als vergleichsweise krisenresistente Investition erwiesen.

Rückkehr der Chinesen

Wie geht es nun weiter? Für 2023 ist die Prognose von Bain & Altagamma etwas verhaltener: Erwartet werden statt mehr als 20 Prozent nur noch 5 bis 7 Prozent Wachstum, was allerdings immer noch deutlich mehr wäre als das erwartete Wachstum der Weltwirtschaft.

Die Tatsache, dass China seine Zero-Covid-Politik aufgegeben hat und die Chinesen wieder reisen dürfen, könnte jedoch auch zu einem weiteren Boomjahr führenNach Berechnungen der Investmentbank JP Morgan haben Chinesen während der drei Pandemiejahre zusätzlich insgesamt 825 Milliarden Dollar gespart. Zumindest Teile davon dürften in den (Luxusgüter-)Konsum fliessen.

Das dürfte nicht nur Bernard Arnault, dem Chef und Hauptaktionär von LVMH, zupass kommen, der im vergangenen Jahr den Tech-Milliardär Elon Musk als reichsten Menschen der Welt abgelöst hat. Auch für die Schweizer Uhrenindustrie sind es gute Aussichten, wenn sich die Chinesen wieder frei bewegen und ihrer Leidenschaft für Schweizer Uhren frönen können, sei es im eigenen Land oder wie früher als Touristen.

Andrea Martel, «Neue Zürcher Zeitung»

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