Parlamentarische Aufsicht will schärfere Kontrollen bei Kurzarbeit Kurzarbeitsentschädigungen in Milliardenhöhe sind während der Corona-Krise an besonders eingeschränkte Unternehmen geflossen. Die parlamentarische Oberaufsicht kommt nun zum Schluss, dass die Missbrauchsbekämpfung lückenhaft war und fordert stärkere Aufsichtsgremien.
Kurzarbeitsentschädigungen in Milliardenhöhe sind während der Corona-Krise an besonders eingeschränkte Unternehmen geflossen. Die parlamentarische Oberaufsicht kommt nun zum Schluss, dass die Missbrauchsbekämpfung lückenhaft war und fordert stärkere Aufsichtsgremien.
Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) bezeichnete in ihrem am Donnerstag publizierten Bericht die Kurzarbeit als «zweckmässiges Instrument in der Corona-Krise». Sie begrüsse, dass die Bundesbehörden zu Beginn der Krise rasch eingriffen, um die Auszahlung der Kurzarbeitsgelder an die Unternehmen zu beschleunigen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) habe die Vollzugstellen in den Kantonen angemessen unterstützt.
Die Aufsicht müsse jedoch verstärkt werden, heisst es im GPK-N-Bericht. «Risiken, die mit der Anwendung von Notrecht verbunden sind, müssen besser antizipiert und die diesbezügliche Aufsicht verbessert werden.» Die Kommission stützt sich bei ihrer Beurteilung auf eine Evaluation der Parlamentarischen Verwaltungskontrolle (PVK).
Kontrollen rasch abschliessen
Ein Grund für die lückenhaften Kontrollen seien die «unzureichenden Ressourcen» beim Seco gewesen, so die GPK-N. Die Behörde habe Prioritäten setzen und verschiedene Kontrollen bei den Arbeitslosenkassen verschieben müssen.
Zudem habe das oberste Aufsichtsorgan – die Aufsichtskommission für den Ausgleichsfonds der Arbeitslosenversicherung – während der Corona-Krise keine aktive Aufsicht ausgeübt. Generell sei die Zusammensetzung dieser Kommission zu überprüfen. Heute seien alle zu beaufsichtigenden Vollzugsstellen selbst Mitglied dieser Kommission.
Aus Sicht der GPK-N ist es zudem zentral, dass sicherstellt wird, dass die noch laufenden Kontrollen zur ausbezahlten Kurzarbeitsentschädigung innerhalb der geltenden Fristen durchgeführt werden. Nur so sei sichergestellt, dass unrechtmässig bezogene Gelder von den fehlbaren Betrieben überhaupt noch zurückgefordert werden könnten.
Lückenhafte Information an den Bundesrat
Was die eigentliche Umsetzung der Aufsicht betrifft, fordert die GPK-N aus Transparenzgründen, dass die verfügbaren Daten zu den ausbezahlten Geldern sowie zu deren Kontrolle systematisch aktualisiert und ausgewertet werden. Für die Öffentlichkeit müsse der Anteil der Missbrauchsfälle und der Fälle unrechtmässigen Bezugs ersichtlich sein.
Weiter fordert die Geschäftsprüfungskommission den Bundesrat auf, die gesetzlichen Sanktionen bei missbräuchlichen Bezügen auf ihre abschreckende Wirkung hin zu untersuchen. Bei einer allfälligen künftigen Anwendung von Notrecht solle die Landesregierung zudem so früh wie möglich die Kriterien festlegen, nach denen die beschlossenen ausserordentlichen Massnahmen aufgehoben oder verlängert werden können.
Die Evaluation der PVK zeigt gemäss dem Bericht zudem, dass die Informationen, welche die zuständigen Departemente und Ämter dem Bundesrat im Laufe der Krise übermittelten, teilweise lückenhaft waren. Darin seien die wirtschaftlichen Risiken sowie die Missbrauchsrisiken nicht systematisch ausgewiesen gewesen.
Missbrauchsquote unter einem Prozent
Insgesamt formulierte die Aufsichtskommission sieben Empfehlungen zuhanden des Bundesrats. Dieser kann nun bis Anfang März dazu Stellung nehmen.
Der Bund hatte während der Corona-Krise Kurzarbeitsentschädigungen im Umfang von 16,2 Milliarden Schweizer Franken an besonders eingeschränkte Unternehmen ausbezahlt. Im Normalfall erhalten alle Angestellten von Unternehmen mit Kurzarbeit maximal 80 Prozent ihres versicherten Lohns. Bei Angestellten mit niedrigen Einkommen wurde die Entschädigung durch einen Entscheid des Parlaments ab Dezember 2020 auf 100 Prozent des Lohns erhöht.
Bis im August 2023 wurden von insgesamt 2241 Missbrauchsmeldungen 994 Meldungen nach einer analytischen Prüfung ohne Prüfung vor Ort als unbegründet erachtet. Bei den 747 vertieft geprüften Meldungen wurden 81 Fälle wegen mutmasslichen Missbrauchs vom Seco zur Anzeige gebracht. Gestützt auf diese Angaben ergibt sich aktuell eine Rückforderungssumme von rund 114 Millionen Franken – das entspricht weniger als einem Prozent der insgesamt ausbezahlten Kurzarbeitsentschädigung.