Zollgesetz nimmt nach Marathondebatte die erste Hürde Bei der Beratung im Nationalrat haben sich im Wesentlichen die Bürgerlichen durchgesetzt. Die Ratslinke scheiterte am Mittwoch fast ausnahmslos mit Anträgen, die Kompetenzen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit einzuschränken.

Bei der Beratung im Nationalrat haben sich im Wesentlichen die Bürgerlichen durchgesetzt. Die Ratslinke scheiterte am Mittwoch fast ausnahmslos mit Anträgen, die Kompetenzen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit einzuschränken.

(Foto: economiesuisse)

Nach fast achtstündiger Debatte fiel der Entscheid der grossen Kammer relativ deutlich aus. Mit 120 zu 62 Stimmen bei 8 Enthaltungen sagte der Nationalrat Ja zum totalrevidierten Zollgesetz.

Mit dem Entscheid setzte sich eine bürgerliche Mehrheit von SVP, FDP und Mitte-Partei durch. SP und Grüne lehnten die Zoll-Reform ab, die GLP enthielt sich teilweise.

Umstritten waren unter anderem die künftigen Befugnisse des BAZG, das Verhältnis zur kantonalen Polizeihoheit und der Datenschutz. Die Ratslinke scheiterte fast ausnahmslos mit ihren Änderungsanträgen. Unter anderem beschloss der Nationalrat, dass Bundesangestellte an der Grenze Waffen tragen dürfen, wenn sie besonderen Bedrohungen ausgesetzt sein können.

DNA-Probe bei Personenkontrollen

In einem Punkt ging der Nationalrat sogar über den Vorschlag des Bundesrats hinaus: Nach seinem Willen soll die Grenzwache künftig bei Personenkontrollen eine DNA-Probe anordnen können.

Zudem beliess er gegen den Willen der Linken einen Passus im Gesetz, wonach das BAZG zur Strafverfolgung auch Daten über die religiösen, politischen und weltanschaulichen Ansichten von Personen bearbeiten können soll. Keine Chance hatte ein Antrag der SVP, systematische Kontrollen an den Landesgrenzen im Gesetz zu verankern.

Die für den Zoll zuständige Finanzministerin Karin Keller-Sutter betonte, dass es bei der Vorlage nicht um eine Ausweitung der Kompetenzen des BAZG gehe.

Der ursprüngliche Entwurf zur Totalrevision war bei den Kantonen auf scharfe Kritik gestossen – weil diese die föderalistische Kompetenzordnung in Gefahr sahen. Keller-Sutter setzte daraufhin eine Arbeitsgruppe ein, welche die Einwände aufnahm. Die Beschlüsse des Nationalrats basieren zu einem guten Teil auf den Vorschlägen jener Arbeitsgruppe.

Weniger Geld für Bundeskasse

Bei der Beratung des Zollgesetzes im Ständerat dürfte eine ganze Reihe von Punkten dennoch für Kontroversen sorgen. So möchte der Nationalrat, dass Einnahmen aus der Versteigerung von Zollkontingenten, etwa für Fleisch, künftig als Einfuhrabgaben gelten sollen.

Dies würde bedeuten, dass die Gelder in Zukunft nicht mehr der allgemeinen Bundeskasse zugutekommen. Vielmehr wären sie unter gewissen Umständen rückerstattungsfähig – nämlich dann, wenn Produkte nach der Weiterverarbeitung wieder exportiert werden.

Kritikerinnen und Kritiker aus den Reihen der Linken und der GLP sahen darin eine versteckte Exportsubvention. Die Neuregelung sei nicht mit dem internationalen Handelsrecht vereinbar. Auch Keller-Sutter stellte sich mit Verweis auf die finanzielle Lage des Bundes gegen den Vorschlag.

Umstrittene Anmeldepflicht

Zur reden geben dürfte in der kleinen Kammer auch eine vom Nationalrat gewünschte Lockerung der Zollanmeldepflicht: Nicht abgabepflichtige Waren sollen demnach bei der Einfuhr auch nicht mehr angemeldet werden müssen.

Markus Ritter (Mitte/SG) begründete den Systemwechsel namens der vorberatenden Kommission mit dem Abbau bürokratischer Hürden. Die heute geltende flächendeckende Anmeldepflicht sei „nur Arbeit, die zu nichts führt – ausser Mehraufwand für Importeure und Exporteure“.

SP, Grüne und GLP plädierten erfolglos für den Status quo. Wenn nur noch zollpflichtige Waren angemeldet werden müssten, werde der Schmuggel zum Kinderspiel, wandten sie ein. Auch sei ein massiver Einbruch der Zolleinnahmen zu befürchten.

„Monster-Vorlage“

Auch die Befürworter der grossen Zoll-Reform machten im Verlauf des Debatte deutlich, dass das Geschäft gelinde gesagt nicht perfekt sei. Verschiedentlich war von „Monstrum“, „Monster-Vorlage“ oder „Monster-Gesetz“ die Rede. Einige gaben zu, das Geschäft auch nach langer Zeit noch nicht vollständig verstanden zu haben.

„Einen rechtlichen Schönheitspreis gewinnen wir mit dieser Vorlage nicht“, räumte auch Keller-Sutter ein. Der Ständerat müsse zwingend noch einmal über die Bücher gehen.

Ziel der Totalrevision ist, Verfahren und Tarife zu vereinfachen und die Digitalisierung im Zollwesen umzusetzen. Zudem ist sie das Rahmengesetz zur Organisation des Zolls nach der Zusammenlegung von Zoll und Grenzwache.

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