Die Generation Z hat am Arbeitsmarkt eine hohe Verhandlungsmacht – aber masslos sollte sie nicht werden In der Schweiz und in Deutschland verlassen mehr ältere Beschäftigte den Arbeitsmarkt, als Junge nachrücken. Doch der Wind droht in vielen Branchen wegen der schwachen Konjunktur zu drehen.
In der Schweiz und in Deutschland verlassen mehr ältere Beschäftigte den Arbeitsmarkt, als Junge nachrücken. Doch der Wind droht in vielen Branchen wegen der schwachen Konjunktur zu drehen.
Junge Arbeitnehmer haben es gut. Angehörige der sogenannten Generation Z, die zwischen 1997 und 2012 auf die Welt kamen, können am Arbeitsmarkt zunehmend ihre Vorstellungen durchdrücken. Sie profitieren davon, dass sie eine kleinere Gruppe bilden als die Babyboomer, die altershalber in grosser Zahl aus dem Erwerbsleben ausscheiden.
Home-Office, mehr Ferien und höhere Löhne
Und wenn immer die Nachfrage das Angebot übersteigt, sitzen jene am längeren Hebel, die etwas zu offerieren haben. Zoomer, wie die Angehörigen der Generation Z auch genannt werden, nutzen ihre vorteilhafte Position geschickt aus.
Wer mit Firmenchefs und Personalverantwortlichen spricht, bekommt zurzeit fast immer dieselben Klagen zu hören: Nicht alle, aber manche junge Bewerber würden masslose Forderungen stellen. Nicht nur, dass viele keine Lust mehr verspürten, stets im Büro zu erscheinen, und grosszügige Regelungen für das Arbeiten im Home-Office sowie für Ferien wünschten. Auch Teilzeit, schon bei der ersten Stelle, sei ein grosses Thema.
In den USA zeigen erste Erhebungen, dass Zoomer sich auch höherer Anfangslöhne erfreuen, als sie damals Angehörigen der Generation der Millennials und erst recht jener der Babyboomer zugestanden wurden. Die Millennials, die zwischen 1981 und 1996 geboren wurden, hatten allerdings das Pech, dass sie vielfach ausgerechnet während der Finanzkrise 2008 und in den nachfolgenden Krisenjahren ihre Ausbildung abschlossen. Wer seinerzeit einen Job suchte, hatte wenig Verhandlungsmacht.
Auch wenn Studien noch kaum vorliegen, berichten mittlerweile auch Schweizer Arbeitgeber anekdotisch, dass sie Nachwuchskräfte nur dann für sich gewinnen könnten, wenn sie ihnen höhere Einstiegsgehälter böten. Einmal eingestellt, kämen die Jungen auch rascher in den Genuss von Lohnerhöhungen. Offenbar lassen sich manche nur so halten.
Besorgte Patrons
Solche Schilderungen muten aus Sicht von Arbeitnehmern paradiesisch an. Dennoch sind auch gesuchte Zoomer gut beraten, mit ihren Forderungen den Bogen nicht zu überspannen. Noch bewegt sich die Arbeitslosenquote in der Schweiz mit 2,3 Prozent zwar auf einem sehr tiefen Niveau und signalisiert Vollbeschäftigung. Doch erwarten manche Patrons, dass es am Arbeitsmarkt bald wieder weniger Nachfrage nach Fachkräften geben könnte.
Gross ist das Unbehagen vor allem in der Industrie, die mit hartnäckig schwachen Absatzmärkten vorab in Europa, aber auch in China kämpft. Angespannt ist die Lage besonders in der Maschinenbau-, Elektro- und Metallbranche (MEM-Sektor). Der Berner Autozulieferer Feintool, der mit knapp 850 Millionen Franken Umsatz einen der grösseren Schweizer Industriekonzerne bildet, gab vorletzte Woche bekannt, an seinem Stammsitz in Lyss jeden dritten Arbeitsplatz streichen zu wollen. Er begründete dies damit, in der Schweiz nicht mehr wettbewerbsfähig produzieren zu können, und erwähnte neben dem starken Franken auch die hiesigen hohen Arbeits- und Energiekosten.
Das Sabbatical muss warten
Doch nicht nur im MEM-Sektor haben Betriebe damit begonnen, Arbeitsplätze abzubauen. In der deutlich margenstärkeren Pharmabranche mehren sich ebenfalls Kündigungen, wie Beispiele bei den Grosskonzernen Novartis, Roche, Pfizer und Takeda zeigen. Der gestiegene Kostendruck zwingt selbst Medikamentenhersteller, ihre Strukturen zu verschlanken. Und im Bankensektor steht bei der UBS im Zuge der Verschmelzung mit der CS der grosse Stellenabbau hierzulande erst noch bevor.
Arbeitnehmer brauchen vor diesem Hintergrund nicht in Panik zu verfallen. Noch herrscht in der Schweiz eher ein Arbeitnehmer- als ein Arbeitgebermarkt. Doch übertreibt man es lieber nicht mit Forderungen. Wer nun ein halbjähriges Sabbatical verlangt, muss sich nicht wundern, wenn seine Stelle nach der Rückkehr als erste weg sein wird.
Dominik Feldges, «Neue Zürcher Zeitung»