Eine Firma kaufen? Ein reibungsfreier Weg in die Selbständigkeit! Immer mehr junge Menschen wollen sich selbständig machen und Unternehmer werden. Nicht ein Start-up soll es sein, sondern sie möchten ein bestehendes KMU in einer Nachfolgesituation übernehmen. Damit stossen sozusagen zwei Sichtweisen aufeinander. Risiko oder Chance?
Immer mehr junge Menschen wollen sich selbständig machen und Unternehmer werden. Nicht ein Start-up soll es sein, sondern sie möchten ein bestehendes KMU in einer Nachfolgesituation übernehmen. Damit stossen sozusagen zwei Sichtweisen aufeinander. Risiko oder Chance?
Das Vorhaben wirkt auf den ersten Blick charmant. Die Ausganslage ist günstig: Ein Verkäufer ist da, der kürzertreten will; auf der anderen Seite stehen Kaufinteressenten, die lieber heute als erst morgen starten möchten. Sie sind rund 35 bis 45 Jahre alt, verfügen über eine ausgezeichnete betriebswirtschaftliche Ausbildung, haben breite Erfahrung in diversen Branchen, oft auch in multinationalen Unternehmen, sind meistens in einer guten Position und können etwas hartes Eigenkapital investieren.
Auf der Gegenseite stehen gestandene Geschäftsleute, die über sehr viel Erfahrung und Intuition verfügen, aber weniger Diplome und renommierte Ausbildungen. Hier stossen zwei mitunter sehr unterschiedliche Welten aufeinander. Sie sorgfältig miteinander zu verknüpfen, ist oft anspruchsvoller als vermutet.
Zwei Welten wollen zusammenkommen
Die Bereitschaft, selber unternehmerisch tätig zu werden, ist allen Interessentinnen und Interessenten hoch anzurechnen. Selbständigkeit bedeutet viel Verantwortung, ein sehr hohes zeitliches Engagement und eine latent grosse Risikobereitschaft. Der Wille, sich auf dieses Abenteuer einzulassen, verdient deshalb uneingeschränkt Respekt und Hochachtung.
Nach einer anfangs grossen Begeisterung bleibt dennoch der eine Käufer oder die andere Interessentin hängen und stösst bei Verkäufern auf Widerstand. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit beleuchten wir drei Situationen, die sich für die jüngeren Kaufinteressenten immer wieder als gefährliche Fussangel herausstellen.
Unrealistisch hohe Erwartungen: Der Anforderungskatalog von Kaufinteressenten an die Verkäufer ist zuweilen immens hoch. Ob die Rentabilität, das Entwicklungspotenzial oder die Qualifizierung der Belegschaft betroffen sind: Die Wunschvorstellungen können nur auf ganz wenige Objekte zutreffen.
Interkulturelle Sprachlosigkeit: Betriebswirtschaftlich sehr gut ausgebildete Käufer treffen auf praxiserprobte Pragmatiker, die mit allen Wasser gewaschen sind und spontan oft den richtigen Zug machen. Das Gespräch um sehr technische betriebswirtschaftliche Details stösst sich am gesunden Menschenverstand des Verkäufers. Man redet aneinander vorbei.
Fehlender Stallgeruch: Viele Übernahmeobjekte sind Kleinbetriebe. Der neue Inhaber steuert und verantwortet ab der ersten Stunde alle Schlüsselaufgaben. Ohne langjährige Erfahrung in der Branche ist diese Aufgabe nicht zu meistern. Ein MBA, ein Doktorat oder Konzernerfahrung ist hier keine echte Hilfe.
Komfortzone oder Risikobereitschaft?
Wer regelmässig junge Kauf-Kandidaten beobachtet, kann sich zuweilen des Eindrucks nicht erwehren, dass der eigene Mut den Suchenden in die Quere kommt. Die Anforderungen an ein Übernahmeobjekt werden so sehr hochgeschraubt, dass am Ende gar kein Objekt zum Zug kommen kann.
In der Tat sieht der Alltag in vielen Verkaufsobjekten ganz anders aus. Die Nachfolge muss zunächst an vielen Ecken und Enden selber Hand anlegen und solide Hausaufgaben erledigen. Grosse Würfe folgen erst später. Die altkluge Erläuterung, was gemäss Schulbuch in der Vergangenheit ungünstig gelaufen ist, hilft kaum weiter. Und in Kleinbetrieben ist kein Verlass auf eine operative zweite Ebene, die das Geschäft autonom führen kann. Die neuen Inhaber verantworten ab dem ersten Tag die zentralen Schalthebel, etwa den Verkauf – eine Aufgabe, die ohne langjährige Erfahrung in der Branche nicht an Dritte delegiert werden kann.
Das Beste aus zwei Welten
Dies gesagt, ist das kein Plädoyer für oder gegen die jüngere oder ältere Generation. Erstere bringt Qualitäten mit, die der letzteren oft fehlt. Dazu gehören etwa die solide betriebswirtschaftliche Ausrichtung oder die deutlich aktivere Vertriebsgestaltung. Die abtretenden Inhaber haben ihrerseits Meriten, die nicht genug zu würdigen sind. Sie haben aus dem Nichts in jahrelanger Arbeit etwas aufgebaut, worauf sie zu Recht stolz sein dürfen. Am Ende macht es die Verbindung aus beiden Welten.