Generation 50 plus: von der Altlast zur strategischen Reserve Gut ausgebildete Fachkräfte werden auf dem Arbeitsmarkt knapper. Um die Reserve der Generation 50 plus besser auszuschöpfen, erproben Unternehmen flexible Arbeitsmodelle. Künftig werden sie aber noch stärker umdenken müssen.
Gut ausgebildete Fachkräfte werden auf dem Arbeitsmarkt knapper. Um die Reserve der Generation 50 plus besser auszuschöpfen, erproben Unternehmen flexible Arbeitsmodelle. Künftig werden sie aber noch stärker umdenken müssen.
30 Prozent der Arbeitnehmenden in der Schweiz sind heute 50 Jahre und älter. Die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer werden den Arbeitsmarkt bis 2029 verlassen. In vielen Nachbarländern ist die Lage mit einer guten Konjunktur, geringer Arbeitslosigkeit und demselben demografischen Wandel ähnlich wie in der Schweiz. Daher wird es trotz Digitalisierung und Offshoring nicht unbedingt einfacher, die Lücken mit ausländischen Arbeitskräften zu füllen.
Negative Wahrnehmung ändern
Als grösste Reserve gelten in dieser Situation neben Frauen ältere Arbeitskräfte. Sie sind gut ausgebildet, haben eine hohe tertiäre Bildungsrate, viel Know-how und Erfahrung. Am Arbeitsmarkt kämpfen sie dennoch zum Teil mit einer negativen Wahrnehmung. Viele Arbeitgeber zögern mit Neuanstellungen von älteren Mitarbeitenden.
Das Potenzial der über 50-Jährigen werde am Arbeitsmarkt unterschätzt, meint Hans Rupli, Präsident der Plattform Focus 50 plus, die unlängst unter dem Patronat des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes lanciert wurde. Um Abhilfe zu schaffen, drängt er auf eine Flexibilisierung der Arbeitsmodelle. Viele Menschen wollten und könnten auch im zweiten Teil ihrer Karriere sehr viel leisten, anderen werde die konstante Anstrengung zu viel. Wichtig sei es, in den Gesamtarbeitsverträgen individuelle Lösungen zu finden.
In Branchen, die stark von der Digitalisierung geprägt seien, müssten die Mitarbeitenden die richtigen Kompetenzen haben, um auf dem Arbeitsmarkt punkten zu können. In anderen Branchen geht es gemäss Rupli in den Jahren vor der Pensionierung hingegen darum, die körperliche Belastung zu reduzieren. Wenn das gewährleistet sei, würde zum Teil auch weniger Lohn akzeptiert, einfach weil die Bedingungen wieder den Vorstellungen der Menschen entsprächen.
Bogenkarrieren erlauben Flexibilität
Ein Unternehmen, das aktiv neue Wege verfolgt, ist Ypsomed. Die Medizinaltechnikfirma aus Burgdorf experimentiert seit einiger Zeit mit sogenannten Wellenlaufbahnen und Bogenkarrieren. Letztere verlaufen nicht bis zum Schluss nach oben, sondern erlauben einen sanfteren Übergang in die Pensionierung. So habe etwa der ehemalige Entwicklungschef von Ypsomed in den Jahren vor der Pensionierung seine Führungsfunktionen abgegeben und sich auf operative Tätigkeiten konzentriert, sagt der Ypsomed-Personalleiter Michael Zaugg. Damit sei er in der Firma hochangesehen geblieben, habe gleichzeitig aber seine verschiedenen Lebensbereiche besser vereinbaren können.
Die Akzeptanz von solchen Bogenkarrieren ist allerdings nicht selbstverständlich. Auch bei Ypsomed gebe es im Management viele Leute, die eine Karriere hauptsächlich als eine permanente Aufwärtsbewegung sähen, so Zaugg. Wenn man so denke, sei man aber sehr eingeschränkt. Weil ein Bogen als Statusverlust empfunden werden kann und nicht dem gewohnten klassischen Pfad entspricht, muss gemäss Zaugg auch betriebsintern immer wieder aufgezeigt werden, dass ein solcher Verlauf völlig okay sei.