Nachlassender Fachkräftemangel: Die Stellensuche wird für Ältere wieder schwerer 2023 hat die Polarisierung zwischen Jung und Alt sowie zwischen Gewinnern und Verlierern am Arbeitsmarkt wieder zugenommen.
2023 hat die Polarisierung zwischen Jung und Alt sowie zwischen Gewinnern und Verlierern am Arbeitsmarkt wieder zugenommen.
Wer sich 2023 in der Schweiz neu orientieren musste und Berufsfeld oder Branche wechseln wollte, hatte bei der Stellensuche wieder grössere Mühe. Der Grund dafür ist, dass sich der Fachkräftemangel im vergangenen Jahr wieder entschärft hat. Der Outplacement-Berater von Rundstedt hat die Informationen von 2182 Mitarbeitenden, die 2023 von einer Kündigung betroffenen waren und 223 Unternehmen, die in der Schweiz Kündigungen aussprechen mussten, ausgewertet. Daraus leiten sich sieben Trends ab.
1. Mehr Restrukturierungen und Personalabbau
«Es hat 2023 wieder wesentlich mehr Restrukturierungen und Abbauprojekte gegeben. Unternehmen suchen nicht nur Leute, sondern sie kündigen auch wieder vermehrt», schreibt Rundstedt in einer Mitteilung. Im Branchenvergleich gab es in der Pharma- und Life-Science-Branche mit 30 Prozent am meisten Kündigungen. Die Pharmabranche spüre den zunehmenden Druck vom Ausland und baue Kapazitäten in der Schweiz ab.
Überraschend klein ist die Betroffenheit im Finanzsektor. Mit einem Anteil von nur 15 Prozent sind 2023 weniger Kündigungen ausgesprochen worden als erwartet. Das könnte sich in den nächsten Monaten aber ändern, da das Ausmass der Redimensionierung im Rahmen der UBS/CS Restrukturierung erst 2024 sichtbar wird.
2. Management und Support am stärksten betroffen
«Von Kündigungen sind aktuell Führungs-, Support- und Stabsmitarbeiter am stärksten betroffen», heisst es weiter bei von Rundstedt. 37 Prozent aller Kündigungen hätten nicht operative Funktionen betroffen. Auch im Hierarchie-Vergleich werde klar, dass höhere Führungskräfte stärker betroffen seien als Fachkräfte.
3. Rückkehr zu alten Mustern
2023 hat die Polarisierung zwischen Jung und Alt sowie zwischen Gewinnern und Verlierern gemäss der Auswertung wieder zugenommen. Für Arbeitnehmer, die sich neu orientieren mussten oder die das Berufsfeld oder die Branche wechseln wollten, gestaltete sich die Stellensuche wieder schwieriger. Kündigungen hätten zu 80 Prozent Mitarbeiter ab 40 Jahren betroffen. Dagegen seien nur zwei Prozent der Kündigungen auf Arbeitnehmer unter 30 Jahren gefallen.
Auch bei der Suchdauer ist das Altersphänomen klar ersichtlich. So sei die Suchdauer bei den jüngeren Arbeitnehmern unter 30 Jahren auf 3,1 Monate zurückgegangen. Bei allen anderen Altersgruppen habe die Suchdauer zugenommen.
Seit 2022 nimmt zudem auch die Flexibilität der Unternehmen bei der Rekrutierung von Bewerbern aus anderen Branchen wieder ab. So ist der Anteil der erfolgreichen Branchenwechsel wieder auf Vor-Corona Niveau gesunken. Das Zurückkehren dieser alten Muster zeige auf, dass 2023 der Druck des konjunkturellen Fachkräftemangels stark zurückgegangen sei und Unternehmen nur noch in den spezifischen Bereichen zu grösserer Flexibilität bereit sind.
4. Jüngere Arbeitnehmer sind die Gewinner
Jüngere Arbeitnehmer seien kaum von Kündigungen betroffen und verzeichnen eine rekordtiefe Stellensuchdauer. Mit einem Plus von durchschnittlich 13 Prozent verzeichneten sie den mit Abstand grössten Salärsprung nach einem Stellenwechsel.
5. Längere Suchdauer, aber nicht für alle
Für Stellensuchende ist es gemäss der Auswertung zum ersten Mal seit der Coronakrise auf dem Arbeitsmarkt wieder schwieriger geworden. Das zeigt die Dauer bei der Stellensuche, die durchschnittlich 6,1 Monate anstieg. Betrachte man die Suchdauer altersunabhängig nach Schwierigkeitsgrad der Profile, sei die Polarisierung noch auffälliger. So benötigten schwierige Berufsprofile im Durchschnitt 9,1 Monate, bis sie eine neue Stelle gefunden hatten. Leichte und gesuchte Profile brauchten nur gerade noch 3,1 Monate.
6. Verdeckter Arbeitsmarkt gewinnt wieder an Wichtigkeit
Die zunehmende Digitalisierung der Rekrutierungsprozesse der Unternehmen (Stellenplattformen) hat dazu geführt, dass in den letzten Jahren immer mehr Arbeitssuchende eine neue Stelle über öffentliche Stellenausschreibungen gefunden haben. 2023 ist dieser Wert mit 42 Prozent etwas zurückgegangen, und zwar zu Gunsten des verdeckten Arbeitsmarktes, der 2023 zum ersten Mal wieder wichtiger wurde. So sind 35 Prozent der Sucherfolge dank informellen Netzwerken, Kontakten und Informationen zustande gekommen.
7. Positive Salärentwicklung
Bei Neueinstellungen haben 57 Prozent der neuen Arbeitnehmer gemäss der Auswertung von einem Saläranstieg profitieren können. Nur 22 Prozent mussten ein tieferes Salär in Kauf nehmen. Während im Falle von Direktabwerbungen der durchschnittliche Saläranstieg 14 Prozent betragen hat, war er bei Stellensuchenden nach Stellenlosigkeit mit 3 Prozent bescheidener. Betrachtet man die Gehaltsveränderungen nach Alter, so profitierten vor allem die jüngeren Arbeitnehmer unter 30 Jahren. Hingegen musste die Altersgruppe der Ü50 insgesamt bei einer Neueinstellung eine Einbusse von 8 Prozent hinnehmen. Wer also im höheren Alter seine Stelle verliert, muss damit rechnen, sein Gehalt nicht halten zu können.