Als KMU exportieren ohne Sorgen: Was tun, wenn privaten Versicherungen das Risiko zu gross ist? Die Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV greift Exportunternehmern bei ihren Projekten im Ausland dort unter die Arme, wo private Anbieter passen (müssen), weil das Verlustrisiko zu gross ist. Die öffentlich-rechtliche Anstalt ist kein prominenter Akteur in der Schweizer Exportwirtschaft, aber ein bedeutender.
Die Schweizerische Exportrisikoversicherung SERV greift Exportunternehmern bei ihren Projekten im Ausland dort unter die Arme, wo private Anbieter passen (müssen), weil das Verlustrisiko zu gross ist. Die öffentlich-rechtliche Anstalt ist kein prominenter Akteur in der Schweizer Exportwirtschaft, aber ein bedeutender.
Was wir unter Risiko verstehen und wie viel wir gewillt sind, davon zu akzeptieren, unterscheidet sich von Mensch zu Mensch. Die Schweiz hat einen Ruf für ihre umfassende Versicherungskultur. Vom Velodiebstahl über den Parkschaden bis hin zu den unzähligen Kästchen, die man beim Buchen einer Reise ankreuzen kann, um sich gegen unvorhergesehene Kosten abzusichern. Die Schweizerinnen und Schweizer schätzen es, gut abgesichert zu sein.
Perspektivenwechsel: Stellen Sie sich nun vor, Sie wären Unternehmer und hätten am Bau einer Brücke mitgewirkt. Oder Schweizer Industriemaschinen ins Ausland geliefert – für die Fertigung von Asphalt bis zu Kleidung. Plötzlich kann oder will der ausländische Kunde die Waren nicht bezahlen. Der nicht versicherte Zahlungsausfall muss dann aus der eigenen Kasse bezahlt werden. Im schlimmsten Fall muss der betroffene Exporteur Insolvenz anmelden.
Hier greift das Angebot der Schweizerischen Exportrisikoversicherung SERV: Die öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes unterstützt Schweizer Unternehmen bei ihren Exportgeschäften . Die SERV würde beim genannten Beispiel den Zahlungsausfall bis 95 Prozent des versicherten Betrags übernehmen und den Schweizer Exporteur auszahlen. Ausserdem würde sie dem Käufer die Möglichkeit geben, die geschuldete Summe in einem ordentlichen Verfahren wieder abzuzahlen. Und zwar so, dass beide Seiten etwas davon haben.
Warum? Die kurze Antwort: Weil die Schweiz eine Exportnation ist.
«Für die Abschätzung eines Risikos reden wir mit Menschen, nicht mit Maschinen»
Yvonne Pusch ist CFO der Schweizerischen Exportrisikoversicherung SERV. Als solche ist sie für die finanziellen Belange des Unternehmens verantwortlich, einschliesslich der Risikomodelle und der digitalen Transformation im internationalen Handel.
Zunächst eine grundlegende Frage: Was unterscheidet die SERV von anderen Versicherungen?
Yvonne Pusch: Die SERV ist eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes. Wir haben zwei übergeordnete gesetzliche Ziele: Arbeitsplätze in der Schweiz zu erhalten und zu schaffen die Exporte von Schweizer Unternehmen zu fördern. Wichtig: Sie hat kein Renditeziel und wird auch nicht durch Steuergelder finanziert. Ein grosser Unterschied zu privaten Versicherungen ist auch, dass die SERV nicht FINMA-reguliert ist, was das Risikomanagement und die Risikomodelle betrifft. Wir versichern Risiken, die von privaten Versicherungen nicht oder nur unzureichend abgedeckt werden.
Sie unterstehen nicht der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht?
Richtig. Wir entwickeln unser eigenes Framework und müssen unsere eigenen Modelle gestalten, anstatt Vorgaben der FINMA zu folgen. Das heisst aber auch, dass wir etwas konservativer unterwegs sind – bei der Berechnung des Risikokapitals beispielsweise, also des Kapitals, das wir mindestens reserviert halten müssen, wenn alles schiefginge. Ein solches Szenario wäre aber höchst unwahrscheinlich.
Das klingt nicht sehr riskant …
Im Gegenteil. Unser Geschäft birgt sehr viele Risiken. Und es braucht sehr viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl, die richtige Balance zwischen Sicherheit und unternehmerischer Flexibilität zu finden.
Wer sind Ihre Kunden?
Unser Fokus liegt auf der Unterstützung von Schweizer Unternehmen, die Waren oder auch Dienstleistungen exportieren. Der Exporteur muss in der Schweiz domiziliert sein. Dabei kann das Volumen des versicherten Exportgeschäftes zwischen 10 000 und mehreren Hundert Millionen Franken liegen. Grundsätzlich gilt: Wir versichern die Geschäfte, die andere nicht versichern wollen. Das sind oft auch grosse Projekte von Generalunternehmen, sogenannte EPCs, sprich Engineering, Procurement und Construction.
Haben Sie ein Beispiel?
Die SERV hat 2023 ein wichtiges Textilprojekt in Benin unterstützt. Wir haben Schweizer Zulieferungen für den Bau einer modernen Textilfabrik nahe Cotonou versichert. Ein Zuger Unternehmen koordiniert das Projekt, an dem mehrere Schweizer Firmen beteiligt sind. So fördern wir die wirtschaftliche Entwicklung in Benin und stärken gleichzeitig Schweizer Exporte. Bedingung ist, dass mindestens 20 Prozent der Leistungen aus Schweizer Wertschöpfung stammen. Das ist gesetzlich vorgeschrieben. Neben der reinen Produktion zählen oft auch Forschung und Entwicklung dazu.
Wie gehen Sie bei der Kalkulation vor?
Unsere Risikomodelle basieren auf verschiedenen Faktoren und langjähriger Erfahrung in der Bewertung von Länder-, Bank- und Unternehmensrisiken. Wir schätzen die Sicherheit des Ziellandes ein und stufen es nach OECD-Kriterien ein. Anschliessend betrachten wir das spezifische Projekt und prüfen das Rating des Versicherungsnehmers. Das kann ein Unternehmen sein, aber auch ein Ministerium. Dabei achten wir besonders auf den Cashflow, die Investitionsvorhaben und die Nachhaltigkeit. Danach berechnen wir Prämien, die dem Risiko angemessen sind, um wirtschaftlich selbsttragend zu arbeiten. Wir arbeiten oft mit Projektverantwortlichen zusammen, aber kleinere Unternehmen kommen auch direkt auf uns zu.
Was ist der Vorteil einer SERV-Versicherung?
Dass wir einen längeren Schnuuf haben! (lacht) Viele unserer Geschäfte sind sehr langfristig – fünf Jahre ist für uns sogar noch kurz. Wir versichern oft Projekte mit Laufzeiten von zwölf oder sogar zwanzig Jahren. Private Versicherungen scheuen solche langen Laufzeiten aufgrund der regulatorischen Anforderungen und der Unsicherheit bezüglich des Risikokapitals.
«Viele unserer Geschäfte sind sehr langfristig – fünf Jahre ist für uns sogar noch kurz. Wir versichern oft Projekte mit Laufzeiten von zwölf oder sogar zwanzig Jahren. Private Versicherungen scheuen solche langen Laufzeiten.»
Verstanden. Dennoch die Frage: Wie ist es aufgrund der unsicheren weltpolitischen Lage überhaupt möglich, ein Risiko zu bewerten?
Das ist immer eine Gratwanderung. Die Spannungen zwischen China und den USA, der Russland-Ukraine-Krieg und andere globale Konflikte sind Faktoren, die direkten Einfluss auf das Geschäft der SERV sowie ihrer Kunden haben. Wir müssen unsere Risikoeinschätzungen kontinuierlich anpassen. Unser Team prüft bei Grossprojekten auch immer die Auswirkungen im Bereich Umwelt und Soziales, also etwa was Menschenrechte oder den Klimaschutz anbelangt. Am Ende ist der entscheidende Aspekt unserer Arbeit die menschliche Expertise. Für die Abschätzung eines Risikos reden wir mit Menschen, nicht mit Maschinen. Wir brauchen sowohl die künstliche als auch die natürliche Intelligenz, um komplexe Risiken angemessen zu bewerten.
Andererseits werden Sie ja genau an den Orten gebraucht, von denen andere Versicherungen sagen würden: Finger weg!
Genau das ist der Punkt, den ich hier illustrieren möchte. Wenn wir nur so rechnen würden, kämen viele dieser Projekte gar nie zustande. Das ist auch der Grund, weshalb wir subsidiär arbeiten. In meiner früheren Rolle als Risk Officer bei einer privaten Versicherung hätte ich gesagt: Danke, aber nein danke. Oder ich hätte so hohe Prämien verlangt, dass es sich für den Kunden nicht lohnt. Das sind wirklich die Länder, in die man sonst nicht unbedingt geht und wo die Kapazität auf dem privaten Markt noch nicht so ausgereift ist. Deshalb ist der Auftrag der SERV umso wichtiger.
Wie sehen Sie die Zukunft der Schweizer Exportwirtschaft, was beispielsweise neue Märkte anbelangt?
Wir sehen grosses Potenzial, insbesondere in Afrika. Der afrikanische Markt wächst und bietet viele Chancen, vor allem in den Bereichen Infrastruktur und Energie. Schweizer Exporteure können hier mit ihrem Fachwissen bei Spezialprodukten punkten. Es geht nicht nur um die Kalkulation, sondern auch um juristische und praktische Fragen. Die Bewertung von Projekten in solchen Märkten erfordert eine sorgfältige Analyse verschiedener Faktoren, wie politische Stabilität, wirtschaftliche Entwicklung und rechtliche Rahmenbedingungen. Unsere Risikomodelle müssen all diese Aspekte berücksichtigen, um eine angemessene Versicherung zu gewährleisten.
«Für die Abschätzung eines Risikos reden wir mit Menschen, nicht nur mit Maschinen. Wir brauchen sowohl die künstliche als auch die natürliche Intelligenz, um komplexe Risiken angemessen zu bewerten.»
Welche Rolle spielt die SERV für die KMU in der Schweiz?
Unser Mandat ist klar auf KMU und Exportförderung ausgerichtet. Tatsächlich machen KMU in der Regel rund drei Viertel unserer Kundschaft aus. Anders als private Versicherungen, die oft striktere Voraussetzungskriterien haben, gibt es bei der SERV keine Mindestgrösse für Projekte, die wir unterstützen. Und das ist auch, was ich an meiner Arbeit besonders schätze: Wir behandeln alle gleich, unabhängig von der Grösse des Auftrags. Dies soll auch kleineren Firmen und Startups ermöglichen, in den Export einzusteigen und ihre Produkte oder Dienstleistungen international anzubieten.
Dieser Artikel wurde von NZZ Content Creation im Auftrag von der Schweizerischen Exportrisikoversicherung SERV erstellt. Sie trägt die redaktionelle Verantwortung für diesen Inhalt. Hier geht es zu den NZZ-Richtlinien für Native Advertising.