Last oder Lust? Generationswechsel in Familienunternehmen Inzwischen sind rund die Hälfte aller schweizerischen Unternehmenslenker in hohem Tempo Richtung Pensionsalter unterwegs und müssen deswegen die vielleicht grösste Aufgabe in ihrem Leben lösen: Wer übernimmt mein Lebenswerk?
Inzwischen sind rund die Hälfte aller schweizerischen Unternehmenslenker in hohem Tempo Richtung Pensionsalter unterwegs und müssen deswegen die vielleicht grösste Aufgabe in ihrem Leben lösen: Wer übernimmt mein Lebenswerk?
Was macht es aber so schwierig und komplex und warum scheitern so viele Unternehmensnachfolgen?
Interessanterweise liegt einer der grössten Stolpersteine beim Inhaber, dem Übergeber, selbst. Jahrzehntelang ist eine Unternehmung der Rahmen und Inhalt, der vieles im Leben einer Unternehmerin oder eines Unternehmers bestimmt. Vergleichbar wie ein wärmendes Lagerfeuer an dem ich als Inhaber sitze und nicht nur finanziell über mein Einkommen „gewärmt“ werde, sondern auch nebenher ganz andere, emotionale und lebenswichtige „Nahrung“ erhalte. Meine Firma gibt mir ebenso ein wichtiges Lebensziel. Warum bin ich hier und was will ich überhaupt erreichen? Für begeisterte Unternehmer kann die Firma im wahrsten Sinne des Wortes der Antrieb, der Motor des Lebens sein. Sie erhalten über ihre Tätigkeit Anerkennung, Respekt, Wertschätzung und eine bunte Vielfalt sozialer Beziehungen auf allen Ebenen. Werte, Lernen, Entwicklung, Vitalität, Freude, Bestätigung…und…und…und.
Und dann kommt die Zeit, und jetzt schon bei über der Hälfte aller Familienunternehmen, wo es gilt von dieser wärmenden, sicheren Quelle Abstand zu nehmen. Wie unangenehm? Wie perspektivlos!
Warum soll ich alles loslassen, was so wichtig in meinem Leben war und ist?
Der Wunsch vieler KMU-Inhaber ist schliesslich die Übertragung auf die nächste Generation. Kinder sollen fortführen, was mit der Familie und dem eigenen Leben als Unternehmer so eng verbunden war. Ist doch ein Generationswechsel in Familienunternehmen auch der gelungene Ausdruck der eigenen Fortpflanzung im übertragenden Sinne. Ich hinterlasse als Übergeber eben nicht nur einen materiellen Rahmen, Arbeitsplätze und weitere Werte, sondern auch die biologische und ganz persönliche Nachfolge in genetischer Form durch meine Kinder als Übernehmer. Wie schön könnte dies doch sein. Zugleich spüren doch immer mehr Firmenlenker, dass diese Idealvorstellung aber nur noch in ca. 40% der Familienunternehmen realistisch umsetzbar ist.
Kinder wollen möglicherweise ihre eigenen Fussabdrücke in ihrem Leben hinterlassen. Sie folgen immer seltener den unternehmerischen Fussstapfen ihrer Eltern. Eine weitere Hürde für einen gelungenen Generationswechsel in Familienunternehmen ist der permanente Rollenwechsel zwischen den Systemen der Familie und der Firma.
Denke, spreche, höre und handle ich als Unternehmer oder als Vater bzw. Mutter?
Das ist entscheidend und wird in seiner grossem Unterschiedlichkeit häufig unterschätzt und noch seltener von den Betroffenen bewusst reflektiert. Fast alle Konflikte in Familienunternehmen haben die Unklarheit der Rollen in der täglichen Zusammenarbeit als Ursache. Egal über Übergeber oder Übernehmer. Wenn die Rollen als Mitglieder einer Familie und die Rollen als Gesellschafter bzw. Inhaber einer Unternehmung nicht bewusst voneinander getrennt werden, ist täglicher Ärger und Streit schon fast garantiert.
Was sind die 5 grössten Herausforderungen bei einem Generationswechsel in Familienunternehmen?
- Die mögliche Übernahme der Firma ist nicht freiwillig, sondern eine Pflicht.
- Verantwortung und Zuständigkeiten in der Übergabe der Unternehmung bleiben unklar. Wer macht wann was?
- Es fehlt ein Zeitplan für Übergeber und Übernehmer.
- Der Generationswechsel bleibt über viele Jahre unklar und der/die Übergeber können sich nicht lösen und halten fest.
- Die „Rollen“ als Mitglied der Familie und als Verantwortungsträger einer Firma geraten häufiger durcheinander und bleiben unreflektiert.
Die gnadenlose Realität der Demographie macht deutlich, dass es zu einer grossen Lücke im Nachwuchs von Unternehmern kommen wird. Die geburtenschwachen Jahrgänge der zukünftigen Generationen lassen innerfamiliäre Nachfolgen schon jetzt zahlenmässig immer schwächer werden. Umso wichtiger, dass somit bewusst und achtsam die möglichen Chancen eines Generationswechsels in jeder Familienunternehmung frühzeitig wahrgenommen werden.