Lieferengpässe: Diese Schäden können KMU einfordern Immer wieder ist es in den vergangenen Monaten weltweit zu Lieferengpässen gekommen. Wer davon betroffen ist, kann Schäden geltend machen.

Immer wieder ist es in den vergangenen Monaten weltweit zu Lieferengpässen gekommen. Wer davon betroffen ist, kann Schäden geltend machen.

 

Der globale Handel ist 2021 immer wieder ins Stocken geraten. Bei Verzug können KMU gegen ihre Lieferanten vorgehen. Bild: Pixabay

Lieferengpässe können folgenschwere Auswirkungen für KMU haben: So ist von Verspätungen in der eigenen Leistungserbringung bis zum vorübergehenden Produktionsstopp grundsätzlich alles denkbar. Dies kann erhebliche Mehrkosten und –auslagen, verminderte Gewinne oder gar Reputationsschäden bei KMUs verursachen.

In diesem Zusammenhang stellen sich oft Fragen betreffend die Einforderung der geschuldeten Leistung sowie des Schadenersatzes vom fehlbaren Lieferanten.

Wenn mit dem Lieferanten nichts Spezifisches vertraglich vereinbart wurde

Im Grundsatz sind zwei Fälle zu unterscheiden: Haben die Parteien einen bestimmten Liefertermin vereinbart oder nicht? Während im ersten Fall der Lieferant sich bereits mit Ablauf des Liefertermins in Verzug befindet und keine zusätzliche Mahnung notwendig ist, muss im zweiten Fall zwingend gemahnt werden, um den Lieferanten in Verzug zu bringen.

Einmal im Verzug, ist dem Lieferanten generell nochmals eine angemessene Nachfrist zu setzen, in der ihm die nachträgliche Vertragserfüllung ermöglicht werden soll. Nach Ablauf dieser Nachfrist stehen dem KMU dann verschiedene Möglichkeiten offen: Es kann einerseits an der Erfüllung des Vertrages festhalten und Schadenersatz für den mit der Verspätung zusammenhängenden Schaden fordern, unverzüglich auf die Leistung verzichten und den Schaden verlangen, der durch die Nichterfüllung des Vertrages verursacht wurde, oder vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz aus dem Dahinfallen des Vertrages geltend machen.

Von welcher Möglichkeit das KMU im Einzelfall Gebrauch machen sollte, hängt von seinen Interessen ab. Insbesondere kann ausschlaggebend sein, wie wichtig ihm die Erfüllung der vertraglichen Leistung des Lieferanten oder wie dringend die Lieferung für das KMU und wie wichtig die Aufrechterhaltung der Lieferbeziehung ist.

Welche Schäden kann das KMU in Folge der Verspätung vom Lieferanten einfordern?

Grundsätzlich kann das KMU sämtliche Schadenspositionen fordern, die ihm durch die verspätete Lieferung des Lieferanten entstanden sind. Darunter fallen insbesondere Wertverminderungen der eigenen Leistung, allfällige vom KMU gegenüber seinen Vertragspartnern zu bezahlende Vertragsstrafen oder entgangener Gewinn.

Die einzelnen Schadenspositionen sind generell vom geschädigten KMU zu beweisen. Dieser Schadensbeweis kann im Einzelfall schwierig zu erbringen sein.

Es besteht ein grosser Spielraum für individuelle vertragliche Regelungen

Im Zusammenhang mit Lieferverzögerungen besteht grösstmögliche Flexibilität für eine vertragliche Regelung, auch über AGB. Die Haftung des Lieferanten kann sowohl erweitert wie auch gänzlich ausgeschlossen werden. Zudem können KMU mit klaren vertraglichen Regeln die Durchsetzung ihrer Ansprüche erheblich erleichtern. So erübrigt sich durch einen eindeutig bestimmbaren Liefertermin das Versenden einer Mahnung während beispielsweise mit einer Schadenspauschale dem KMU der Schadensbeweis erleichtert werden kann.

Wir empfehlen bereits bei Vertragsausarbeitung klare Regelungen und Massnahmen für den Fall von Lieferverzögerungen festzuhalten, da diese in der Praxis relativ oft vorkommen.

David Wohlgemuth ist Rechtsanwalt bei Wenger Vieli AG. Er ist vorwiegend in den Bereichen der Schiedsgerichtsbarkeit und Prozessführung sowie Vertrags- und Handelsrecht tätig.

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