Was Sie schon immer über AGB wissen wollten – und sollten Aktenzeichen «KMU_today_003»: Die Kolumne von André Brunschweiler, Partner der Anwaltskanzlei Lalive in Zürich, gibt Antworten auf juristische Fragen, die Schweizer KMU beschäftigen können beziehungsweise beschäftigen sollten.

Aktenzeichen «KMU_today_003»: Die Kolumne von André Brunschweiler, Partner der Anwaltskanzlei Lalive in Zürich, gibt Antworten auf juristische Fragen, die Schweizer KMU beschäftigen können beziehungsweise beschäftigen sollten.

André Brunschweiler, Partner der Anwaltskanzlei Lalive in Zürich. (Foto: PD)

Allgemeine Geschäftsbedingungen, kurz AGB, sind aus dem Businessleben nicht mehr wegzudenken. Sie sollen Geschäfte standardisieren und damit vereinfachen. Der Umgang damit ist jedoch mit Risiken verbunden. Das gilt insbesondere für die Frage, wie AGB in einen Vertrag einbezogen werden, aber auch in Bezug auf die inhaltliche Gestaltung von AGB.

AGB müssen bei Vertragsschluss zugänglich sein

Um sich auf AGB berufen zu können, müssen diese zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zugänglich sein. Beweisen muss das die Partei, die sich auf die AGB stützen will.

Der Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist nicht immer klar: Abstrakt formuliert, ist ein Vertrag dann abgeschlossen, wenn eine übereinstimmende Willensäusserung der Vertragsparteien vorliegt. Dazu muss eine Partei ein Angebot ohne Änderungen annehmen, beispielsweise eine Bestellung ohne Änderungen bestätigen. Die Bestellung selbst gilt als Angebot, deren Bestätigung als Annahme. Sobald eine Bestätigung inhaltlich von der Bestellung abweicht, liegt ein (Gegen-)Angebot vor, das die Gegenpartei erneut annehmen muss. AGB, die beispielsweise erst mit der Rechnung oder dem Lieferschein vorliegen, gelten grundsätzlich nicht (mehr).

Um Beweisprobleme zu vermeiden, sollten AGB im Idealfall ausgedruckt vorliegen. Und die Parteien bestätigen (unter-)schriftlich, dass sie diese zur Kenntnis genommen und akzeptiert haben. Dies ist in der Praxis jedoch selten der Fall.

«Battle of Forms»: Krux der sich widersprechenden AGB

Gemäss Rechtsprechung genügt es, wenn AGB im Internet abrufbar sind. Es ist dabei empfehlenswert, einen (klaren) Hinweis und einen einfach zugänglichen Link zur Verfügung zu stellen. Werden AGB überarbeitet, muss sichergestellt werden, dass die Version der AGB verfügbar ist und bleibt, die bei Vertragsabschluss galten. Dazu sollte der AGB-Verwender die AGB bei Überarbeitungen mit Datum versehen und die relevante Version zusammen mit dem Vertrag ablegen. Der Nachweis, dass die AGB zum Zeitpunkt eines Vertragsschlusses verfügbar waren – und in welchen Versionen – bereitet in der Praxis oftmals Schwierigkeiten, auch bei grösseren Unternehmen.

Will jede Partei nur gemäss ihren jeweils eigenen AGB Geschäfte betreiben, gelten nur die übereinstimmenden AGB-Bestimmungen, das heisst jene, die sich grundsätzlich nicht widersprechen. Es empfiehlt sich dabei eine allgemeine Abwehrklausel in die AGB zu integrieren, wonach nur die eigenen AGB gelten sollen.

Was kann oder sollte (nicht) in AGB geregelt werden?

AGB können grundsätzlich alles regeln, was auch in einem «normalen» Vertrag steht. Typische Inhalte von AGB sind Bestimmungen zur Gewährleistung (umgangssprachlich «Garantie»), Haftungsbeschränkung, Liefer- und Zahlungsbedingungen, zum anwendbaren Recht sowie zum Gerichtsstand. Weil AGB aber nicht verhandelt – und oft nicht einmal gelesen werden –, kann ein Gericht inhaltlich ungewöhnliche oder unklare Bestimmungen für nicht anwendbar erklären oder zum Nachteil des AGB-Verfassers auslegen. Im Konsumentenbereich geht diese inhaltliche Prüfung durch Gerichte noch weiter. Die Rechtsprechung dazu ist nicht zahlreich und auch nicht einheitlich und jeweils einzelfallbezogen.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, Bestimmungen nicht in den AGB zu regeln, die für das eigene Geschäft wesentlich sind. Dies vor allem dann nicht, wenn die Gegenpartei dazu widersprechende AGB hat. Zu diesen Bestimmungen zählen typischerweise Haftungsbeschränkungen oder Garantiebestimmungen. Diese wesentlichen Bestimmungen sollten im Hauptvertrag stehen. Individualvereinbarungen im Hauptvertrag gelten vorrangig gegenüber (anderslautenden) AGB-Bestimmungen. Ein solches Vorgehen mag mehr Verhandlungsaufwand mit sich bringen, bietet jedoch den Vorteil, klare Verhältnisse zu schaffen.

Es lohnt also, die eigenen AGB kritisch zu prüfen und die Bestimmungen zu identifizieren, die für das eigenen Geschäft wesentlich sind, um diese bei Bedarf in den Hauptvertrag zu übernehmen.

Lalive

Rechtsanwalt André Brunschweiler ist spezialisiert auf die Beratung und Vertretung von Klienten in (meist strittigen) wirtschaftsrechtlichen Angelegenheiten mit einem Fokus auf Vertrags- und Gesellschaftsrecht, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht sowie Arbeitsrecht. Er ist Partner bei der Wirtschaftskanzlei Lalive, die von den Standorten in Zürich, Genf und London aus Unternehmen, Behörden sowie Privatpersonen in komplexen, vorwiegend internationalen Sachverhalten und vor allem Streitigkeiten berät.

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