«Eine Altersgrenze von 65 Jahren für Topmanager ist Quatsch», sagt der Unternehmer und Ex-Eichhof-Chef Werner Dubach Wer Ältere ausschliesse, verschenke viel Fachwissen, sagt der Besitzer von Datacolor. Auf Führungskräfte mit Hang zur Show ist er allergisch. Der 80-Jährige hat mit seiner Farbmesstechnik-Firma noch einiges vor und hat sie jetzt von der Börse genommen.
Wer Ältere ausschliesse, verschenke viel Fachwissen, sagt der Besitzer von Datacolor. Auf Führungskräfte mit Hang zur Show ist er allergisch. Der 80-Jährige hat mit seiner Farbmesstechnik-Firma noch einiges vor und hat sie jetzt von der Börse genommen.
An Werner Dubachs erstem Arbeitstag bei der Brauerei Eichhof zu Beginn der 1970er Jahre lag nur ein gelbes Plastik-Ringheft auf seinem Pult: die Regeln des Schweizer Bier-Kartells. «Das war ein böses Erwachen», erinnert er sich.
Nach Luzern zurückbeordert hatte ihn sein Vater, ein Anwalt, der als Präsident und Delegierter des Verwaltungsrats bei Eichhof das Sagen hatte. Eigentlich hatte der junge Chemie-Ingenieur in den USA einen MBA absolviert, weil ihn strategische Fragen interessierten («Ich wollte nie im Labor stehen»). Und nun sass er in dieser etwas veralteten Brauerei, deren Geschäftspolitik bis ins Detail vom Kartell diktiert war.
Trotz diesem wenig verheissungsvollen Anfang sollte der Einstieg bei Eichhof der Auftakt zu einer beachtlichen Karriere Dubachs als Manager, Investor und Unternehmer sein. Mit der Dekotierung des Farbmetrik-Unternehmens Datacolor – einst Teil der Eichhof-Gruppe – von der Schweizer Börse hat sich vergangene Woche ein weiteres Kapitel geschlossen. Doch ans Aufhören denkt der 80-jährige Luzerner noch lange nicht. «Ohne Herausforderungen geht es geistig rasch abwärts.»
Im Ausland wartet niemand auf Schweizer Bier
An Herausforderungen mangelte es Dubach nie. Als technischer Leiter bei Eichhof erneuerte er die Brauanlagen. Später interessierte er sich für die Internationalisierung, musste aber bald feststellen, dass es für Schweizer Bier im Ausland keinen Markt gibt. Dies und die begrenzten Wachstumsmöglichkeiten im Inland waren mit ein Grund, dass Eichhof zunächst in den Bereich Grossküchen und Laborapparate diversifizierte.
1980 kaufte Eichhof die Firma Datacolor, die Instrumente und Software für die Farbmessung, -rezeptierung und -kalibrierung herstellt. Das Unternehmen mit Sitz im Kanton Zug, das heute über 400 Mitarbeitende beschäftigt und hauptsächlich aus den USA heraus operiert, profitierte vom Aufkommen und der zunehmenden Rechenleistung der Personalcomputer. «Wir sind mit dem PC gewachsen», sagt Dubach.
Zu den Messgeräten brauchte es immer komplexere Software. Damit konnten die Analyseergebnisse einfacher berechnet, übermittelt und gespeichert werden. Ebenso wurden Kalibriersysteme für Farbbildschirme zum Geschäft. Heute sind auch handliche Messinstrumente erhältlich, die sich mit dem Smartphone verbinden lassen.
Identische Farben beim Designer und im Kleiderladen
Farbmetrik sorgt dafür, dass zum Beispiel im Textilbereich ein Stoff exakt die richtige Farbe hat. Ein Hemd, das die Fabrik in Asien verlässt, muss genau so aussehen, wie es die amerikanische Modekette bestellt hat – und wie es zuerst der Designer in Europa entworfen hat.
Auch wenn ihn die ganzen technischen Aspekte bei Datacolor von Anfang an faszinierten, so musste sich Dubach, mittlerweile CEO und Verwaltungsratspräsident der Eichhof-Gruppe, auch noch um ganz andere Fragen kümmern.
Weil die Gründerfamilien der Brauerei schon früh ausgestiegen waren, fehlte dem seit 1927 an der Schweizer Börse kotierten Unternehmen ein Ankeraktionär. Wie andere Bierhersteller verfügte Eichhof über einen bedeutenden Liegenschaftsbesitz. Diese Konstellation sorgte immer wieder zu Spekulationen über eine Aufspaltung der Firma.
Mit etwas Hilfe von Marc Rich
Dubach hat einst von seinen Eltern eine 5-Prozent-Beteiligung geerbt, die diese über die Jahre aufgebaut hatten. Selber habe er «mit jedem verdienten Franken Eichhof-Aktien gekauft».
Später konnte er gemeinsam mit seiner Frau Anne Keller Dubach, der 2021 verstorbenen Präsidentin der Zürcher Kunstgesellschaft, das Paket weiter aufstocken. Mit ihr und dem Rohstoffhändler Marc Rich schloss er einen Aktionärsbindungsvertrag. Gemeinsam hatten die drei einen Anteil, der gross genug war, um gegen eine feindliche Übernahme gewappnet zu sein.
Verschiedene Versuche Dubachs, Eichhof mit einem Konkurrenten aus dem Inland zusammenzuschliessen als Gegengewicht zu den ausländischen Riesen Carlsberg und Heineken, scheiterten. «Möglicherweise hätte eine mit einer Schweizer Brauerei fusionierte Eichhof noch länger eine Rolle spielen können», sagt er, «aber vielleicht ist das auch eine Illusion.»
Heineken greift doch noch zu
Lange hielt Dubach an der Eigenständigkeit fest, doch 2008 machte Heineken ein Angebot, das der Eichhof-Verwaltungsrat nicht ausschlagen konnte. Die Luzerner Brauerei ging an die Niederländer, die Immobilien an die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich – im börsenkotierten Mantel der Eichhof blieb nur noch Datacolor zurück.
Mit einem Umsatz von 93 Millionen Dollar im vergangenen Geschäftsjahr ist das Unternehmen so klein, dass sich eine Börsenkotierung nicht lohnt. Auch deshalb hat Werner Dubach seinen Anteil an Datacolor stetig ausgebaut und im Herbst 2023 ein Übernahmeangebot für die wenigen im Publikum verbliebenen Aktien lanciert.
Natürlich kann er jetzt als alleiniger Eigentümer freier schalten und walten. Das wird er auch. Denn Dubach hat mit seinem «Baby», wie er Datacolor bezeichnet, noch viel vor. Zwar ist die Firma bei Textilien mit über 80 Prozent Marktanteil international führend, doch im wichtigen Druck- und Verpackungsbereich ist es ihr bis heute nicht gelungen, Fuss zu fassen. Auch die Lack- und Farbenindustrie bietet noch viel Potenzial. Interessante Firmen hätten oft überrissene Preisvorstellungen und gleichzeitig Angst, sich in die Bücher blicken zu lassen.
Akquisitionen bringen Abschreibungen für Goodwill und immaterielle Werte mit sich, was auf den Reingewinn drückt – auch das geht als Privatunternehmen einfacher, als wenn man es Publikumsaktionären erklären muss.
Lieber Manager ohne «Showtime»
Dubach strahlt eine sympathische Mischung aus Lockerheit und Tatendrang aus. Wenn er von Datacolor spricht, sagt er stets «wir». Wir wollen. Wir müssen. Er betont den familiären Umgang mit dem CEO und innerhalb der Führungsetage: «Die ‹Showtime› gewisser Manager fällt bei uns weg.»
Er versteht nicht, warum viele Firmen auf die Erfahrung von älteren Fachleuten verzichten. «Eine Altersgrenze von 65 Jahren für Topmanager und 70 Jahren für Verwaltungsräte ist Quatsch», sagt er. «Obwohl die Menschen immer länger leben, hält man stur an diesen Amtszeitbegrenzungen fest oder fragt Personen ab einem gewissen Alter gar nicht mehr für Führungsfunktionen an.»
Zumindest bei Datacolor will Dubach als Präsident die Strategie noch eine Weile prägen. «Und ich stelle die sogenannt dummen Fragen.» Zwar könnte er die Firma theoretisch «morgen verkaufen», doch das sei kein Thema. Auch weil sich seine beiden Töchter aus erster Ehe für das Unternehmen interessieren und demnächst im Verwaltungsrat Einsitz nehmen sollen.
Sie werden eine offenere Betriebskultur antreffen als einst der junge Werner Dubach bei Eichhof.
Dieter Bachmann, «Neue Zürcher Zeitung»
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