Klimaneutrales Heizöl und klimapositiver Babybrei? Die Lauterkeitskommission rügt zwei Firmen wegen falscher Werbeversprechen Wer sein Produkt als klimaneutral anpreisen will, muss hieb- und stichfeste Beweise vorlegen. Das verlangt die Lauterkeitskommission. Konsumentenschützer wollen solche Versprechen in der Schweiz verbieten und damit eine EU-Regulierung nachvollziehen.
Wer sein Produkt als klimaneutral anpreisen will, muss hieb- und stichfeste Beweise vorlegen. Das verlangt die Lauterkeitskommission. Konsumentenschützer wollen solche Versprechen in der Schweiz verbieten und damit eine EU-Regulierung nachvollziehen.
Zwei Firmen haben am Dienstag einen Rüffel bekommen. Sie hätten es mit der Werbung für ihr Klimaengagement übertrieben. So versprach die Kübler Heizöl AG aus Winterthur, dass ihr Heizöl klimaneutral sei. Und die deutsche Firma Hipp setzte gar noch einen drauf. Ihre Babynahrung sei «klimapositiv», verspricht sie. Mit jedem gekauften Gläschen geht es demnach der Umwelt besser.
Lauterkeitskommission verlangt Beweise
Das sei gelogen, teilte am Dienstag die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) mit. Das Selbstregulierungsorgan der Schweizer Kommunikationsbranche forderte die Unternehmen auf, künftig auf diese Aussagen zu verzichten.
Die Firmen müssten für solche Versprechen alle Auswirkungen des Produktes auf das Klima aufzeigen, schreibt die SLK. Sodann hätten sie einen «unzweifelhaften» Beleg zu präsentieren, dass die Emissionen kompensiert beziehungsweise im Fall von Hipp überkompensiert würden. Das ist den Unternehmen aber laut der SLK nicht gelungen.
Die Firma Kübler wehrte sich gegenüber der SLK mit dem Argument, dass sich die Aussage der Klimaneutralität auf die Firma und nicht auf das Produkt beziehe. Man besitze das Label «Certified CO2 Neutral by Swiss Climate» und erhebe jährlich Daten zur CO2-Bilanz, die von einer externen Revisionsstelle überprüft würden.
Das Unternehmen bietet den Kunden ferner an, mit einem Beitrag an die Beratungsfirma Swiss Climate von ungefähr vier Franken pro hundert Liter Heizöl die Emissionen ihrer Heizung andernorts einzusparen. Das Geld fliesst nach Brasilien, wo Keramikfirmen dank nachhaltiger Energie weniger CO2 ausstossen.
Bereits seit 2011 produziere man dank erneuerbarer Energie und Klimaprojekten die Gläschen mit Babynahrung klimaneutral, preist sich Hipp selber. Doch damit nicht genug: Man gleiche deutlich mehr CO2 aus, als durch Rohwaren, Verpackungen und Transporte von der Produktion bis zum Lager entstünden, schreibt das Unternehmen im Internet. Es erklärt allerdings nicht, wie das genau geschieht.
Auf Anfrage teilt Hipp mit, man habe Anfang Jahr begonnen, den Ausdruck «klimapositiv» von den Produkten zu entfernen. Es habe sich gezeigt, dass die Konsumenten solche Begriffe nur unzureichend verstehen. Bis die letzten Bestände aufgebraucht seien, dauere es aber etwa noch ein Jahr.
Konsumentenschutz will EU-Regelung nachvollziehen
Die SLK stellt grundsätzlich hohe Anforderungen, damit eine Firma Produkte als «umweltfreundlich», «ökologisch sicher», «grün», «nachhaltig» oder «CO2-freundlich» bewerben darf. Sie verlangt eine allgemein akzeptierte Methoden zur Messung der Nachhaltigkeit.
Eingereicht hatte die Beschwerden die Stiftung für Konsumentenschutz (SK). Sie ist mit der Rüge der SLK zufrieden und forderte am Dienstag, dass nun Werbeaussagen mit Umweltbezug reguliert werden müssten.
Eine Rüge der SLK ist zwar unschön, ihre Empfehlungen kann sie aber nicht durchsetzen. Sie ist darauf angewiesen, dass die Kritisierten freiwillig Folge leisten.
Deshalb hat die SK auch beim Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) Beschwerde eingereicht. Sollten die Unternehmen ihre Werbeaussagen nicht anpassen, verklage das Seco diese aufgrund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, hoffen die Konsumentenschützer.
Sie kritisieren ferner, dass der Bundesrat wenig Interesse an der Regulierung von Grünfärberei zeige. Dabei hat Bern jüngst angekündigt, bei Finanzdienstleistern strenger gegen Täuschungen der Kunden im Namen der Nachhaltigkeit vorzugehen.
Doch die SK will mehr. Sie fordert, dass die Schweiz das kürzlich in Brüssel beschlossene Verbot von «Greenwashing» übernimmt. In der EU ist künftig der Begriff «klimaneutral» in der Werbung untersagt, wenn dieser auf Kompensationsgeschäften basiert.
Die hohen Anforderungen der SLK sowie das Verbot in der EU sind auch ein weiterer Rückschlag für die Kompensationsbranche. Mit South Pole ist ein wichtiger Schweizer Anbieter solcher Geschäfte in Schwierigkeiten geraten. Er musste sich jüngst aus einem Waldschutzprojekt in Simbabwe zurückziehen, das als wirkungslos kritisiert worden war.
Christoph G. Schmutz, «Neue Zürcher Zeitung»