Der Bundesrat will Firmen verpflichten, ihre wirtschaftlich Berechtigten zu melden – und verspricht, dass dies KMU kaum Zusatzaufwand bringt Die Schweiz brauche neue Abwehrmassnahmen gegen Geldwäscherei, befindet die Landesregierung. Allen voran ein eidgenössisches Register derjenigen Personen, welche die Firmen und Stiftungen im Land kontrollieren. Die Daten will sie aber nur Behörden und Banken, nicht aber Journalisten zur Verfügung stellen.
Die Schweiz brauche neue Abwehrmassnahmen gegen Geldwäscherei, befindet die Landesregierung. Allen voran ein eidgenössisches Register derjenigen Personen, welche die Firmen und Stiftungen im Land kontrollieren. Die Daten will sie aber nur Behörden und Banken, nicht aber Journalisten zur Verfügung stellen.
Der Bundesrat beackert weiter seine Dauerbaustelle der Geldwäschereibekämpfung. Etwas mehr als zwei Jahre nach der letzten Reform, und unter Druck aus dem Ausland, möchte er diesen Kampf neuerlich verschärfen. Er hat am Mittwoch eine Gesetzesvorlage in Vernehmlassung gegeben, die einen bunten Strauss an neuen Abwehrmassnahmen enthält.
Erstens will er Anwälte, Notare und Treuhänder gewissen Sorgfaltspflichten unterstellen, wenn sie für Kunden etwa Firmen gründen oder Immobilien kaufen. Zweitens soll in der Schweiz ein landesweites Register aller wirtschaftlich Berechtigter aufgebaut werden, die Kontrolle über juristische Personen wie Unternehmen, Investmentgesellschaften oder Stiftungen ausüben. Damit soll erschwert werden, dass Kriminelle ihr Geld über Schweizer Firmen waschen und sich dafür hinter Strohmännern verstecken können.
Hauskauf mit Bargeld fällt unter Gesetz
Drittens will der Bundesrat das Paket mit einigen kleineren Massnahmen ergänzen, die etwa Immobilien- und Goldhändler betreffen. Die Sorgfaltspflichten gemäss Geldwäschereigesetz gelten fortan immer, wenn ein Hauskauf mit Bargeld abgewickelt wird. Zudem wird die Schwelle gesenkt, ab der auch Händler von Edelmetallen und Edelsteinen diese Sorgfaltspflichten zu erfüllen haben. Neu liegt diese Schwelle für Barzahlungen bei 15 000 Franken.
Der Bund würde damit Regeln einführen, die international zusehends Standard sind und von der FATF – dem bei der Geldwäschereibekämpfung global bestimmenden Länderklub – mit immer mehr Nachdruck eingefordert werden. Das neue Register sollte zudem bei der Umsetzung von Sanktionen von Nutzen sein, wie sie seit 2022 gegen zahlreiche Russen verhängt worden sind. Bekanntlich wird die Schweiz derzeit aus dem Ausland kritisiert, dass sie diese Sanktionen zu wenig streng durchsetze.
Bundesrätin Karin Keller-Sutter sprach vor den Medien denn auch davon, dass ein leistungsfähiges System zum Schutz vor Finanzkriminalität «für den guten Ruf und auch den nachhaltigen Erfolg» eines wichtigen Finanzplatzes unerlässlich sei. Das Abwehrdispositiv der Schweiz gegen Geldwäscherei werde von internationalen Gremien als gut eingestuft – «aber es bestehen Lücken». Das Dispositiv müsse laufend angepasst werden.
Die Vorlage des Bundesrats kommt nicht überraschend; er hatte die Schaffung des Transparenzregisters bereits Ende 2022 angekündigt. Ob ein solches Register Wirkung entfaltet, hängt aber stark davon ab, wer es nutzen kann und wer die Datenqualität kontrollieren muss. Das hat die Erfahrung in anderen Ländern gezeigt, die ein solches Register bereits eingeführt haben.
Die Schweiz soll nach dem Willen der Regierung eher vorsichtig vorgehen. Zugriff auf das Register erhalten nur die zuständigen Behörden – allen voran etwa die Staatsanwaltschaften – und die Finanzintermediäre, die den Sorgfaltspflichten des Geldwäschereigesetzes unterstehen. Das Register ist, anders als etwa die Grundbücher, aber nicht öffentlich zugänglich.
Das heisst: Weder die breite Öffentlichkeit noch NGO oder Medien sollen Einblick in die Daten erhalten. Der letzte Punkt wird umstritten sein. Transparency International beispielsweise fordert, dass zumindest Journalisten und Nichtregierungsorganisationen, die sich mit Korruption und Geldwäscherei beschäftigen, das Register für ihre Recherchen sollen nutzen dürfen.
Dass die breite Öffentlichkeit das Register nicht nutzen darf, ist wenig kontrovers. Dabei sind sicher auch die Erfahrungen der EU relevant, die solche Transparenz-Register schon seit einigen Jahren kennt. Die Union hatte ihre Mitgliedsstaaten vor einigen Jahren angewiesen, ihre jeweiligen Register komplett öffentlich zugänglich zu machen.
Der Europäische Gerichtshof hat Ende 2022 aber befunden, dass diese Offenheit nicht notwendig ist für den Kampf gegen Geldwäscherei und gegen die Grundrechte der betroffenen Personen verstösst. Die Staaten krebsten zurück und gewähren heute nur noch selektiven Zugang, wobei die Regeln bald wieder europaweit vereinheitlicht werden dürften. In Deutschland etwa erhalten derzeit aber auch Medienschaffende Zugriff auf die Daten zu den wirtschaftlich Berechtigten.
Finanzvorsteherin Keller-Sutter verwies gegenüber den Medien auf dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofes, um darzulegen, weshalb der Bundesrat den Kreis der Zugangsberechtigten klein halten möchte. Journalisten mit berechtigtem Interesse könnten auf Basis des Öffentlichkeitsgesetzes Einsicht beantragen; doch bleibe der Schutz der Privatsphäre ein prioritäres Anliegen.
Arbeitsinstrument oder PDF-Friedhof?
Der zweite wichtige Parameter ist die Qualität der gelieferten Daten: Kriminelle werden natürlich versuchen, sich weiterhin hinter Strohmännern und verschachtelten Firmennetzwerken zu verstecken. Wenn die Angaben, welche die Firmen machen, nicht überprüft und aktuell gehalten werden, entsteht mit dem Transparenz-Register bloss ein PDF-Friedhof, der allen Aufwand bringt und niemandem nützt.
Den wirtschaftlich Berechtigten zu eruieren, ist aber nicht so leicht. Dabei handelt es sich um diejenige Person, die letztlich die Kontrolle über ein Unternehmen oder eine Stiftung ausübt. Der Bund erläutert es folgendermassen: «Entweder hält sie (die Person) alleine oder gemeinsam mit einem Dritten eine Beteiligung von mindestens 25 Prozent am Kapital oder an den Stimmen, oder sie übt die Kontrolle auf andere Weise aus.» Falls diese Definition auf niemanden zutrifft, gilt der Chef des Leitungsorgans als wirtschaftlich Berechtigter.
Für juristische Laien ist nicht leicht zu durchschauen, was das im Detail heisst. Aber die Frage der richtigen Definition ist relevant und keine Rappenspalterei. Manche russische Oligarchen beispielsweise hatten ihre Vermögenswerte – Jachten, Häuser oder Firmen – in den Besitz von Familienmitgliedern und Freunden gegeben. Zugriff auf die Jachten hatten sie deswegen aber nach wie vor.
Der Bundesrat sieht nun einige Vorkehrungen vor, um eine gewisse Datenqualität im Register sicherzustellen. Geführt werden soll das Register durch das Bundesamt für Justiz, eine beim Finanzdepartement angesiedelte Kontrollstelle soll die Einträge risikobasiert überprüfen. Diese Stelle kann zudem Firmen bestrafen, die gegen ihre Meldepflichten verstossen. Dass die Beteiligung von zwei statt nur einer staatlichen Stelle zu besseren Resultaten führt, ist indes auf den ersten Blick nicht ersichtlich.
Erleichterungen für Vereine und KMU
Die Firmen, Stiftungen und Vereine haben künftig die Pflicht, ihre wirtschaftlich Berechtigten der Registerstelle zu melden. Sie müssen diese Angaben, die sie beispielsweise von ihren Grossaktionären erhalten, allerdings auch selbst verifizieren.
Die Befürchtung war, dass mit dieser Pflicht viel Papierkram auf Einmannbetriebe oder Tischtennisklubs zukommen wird. Dem versucht der Bundesrat entgegenzuwirken, indem er für Einpersonenfirmen, GmbH, Stiftungen und Vereine ein vereinfachtes Meldeverfahren vorsieht. Er liess eine Regulierungsfolgenabschätzung vornehmen – und schätzt, dass KMU diese Meldungen im ersten Jahr in zwanzig Minuten erstellen können. In den Folgejahren dann sogar in fünf Minuten.
Eine wichtige Rolle bei der Datenpflege kommt auch den Banken und weiteren Finanzintermediären zu: Sie dürfen das nationale Register für ihre eigenen Abklärungen konsultieren, die sie gemäss Geldwäschereigesetz vornehmen müssen. Sie müssen der Kontrollstelle aber auch Unstimmigkeiten melden, die ihnen bei diesen Recherchen auffallen.
André Müller, «Neue Zürcher Zeitung»