«Wer erfolgreich sein will, muss ehrlich zu sich sein. Das gilt auch beim Scheitern», sagt der Startup-Gründer Manoj Harasgama 100 Ideen für ein besseres Leben: Viele fürchten das Versagen, doch für junge Unternehmer gehört es dazu. Warum es sich lohnt, auch einmal am Boden zu liegen.
100 Ideen für ein besseres Leben: Viele fürchten das Versagen, doch für junge Unternehmer gehört es dazu. Warum es sich lohnt, auch einmal am Boden zu liegen.
Ein Gründer ist ein Nerd. Zumindest behauptet das Manoj Harasgama, «Nerd by nature» steht in weissen Lettern auf seiner grünen Basecap. Von Natur aus verbissen und ein wenig schrullig? Harasgama findet, dass sich das lohnen kann. Vor zwei Jahren hat er mit seinem Vater ein Startup in Baden gegründet: Der Vater entwickelte ein Maschinenteil, mit dem Gaskraftwerke auf Wasserstoff umsteigen können, ohne neue Turbinen kaufen zu müssen. Der Sohn vermarktet es.
Harasgama ist ein Profi in der Schweizer Startup-Branche. Er hat schon mehrere Unternehmen gegründet – und gewinnbringend verkauft. Das Energie-Startup soll jetzt ein Unternehmen werden, das der Welt wirklich dient. Es soll den grossen Wandel bringen, den Klimawandel aufhalten. Auch dafür steht Harasgamas grüne Kappe.
Wer gründet, scheitert mit hoher Wahrscheinlichkeit
Wenn Harasgama über die Welt der Startups spricht, wirkt er euphorisiert. Er strahlt, manchmal überschlagen sich seine Worte. «Wer radikalen Fortschritt will, muss Risiko eingehen», sagt er. Möchte er etwas besonders betonen, wechselt er ins Englische. Zum Beispiel, wenn es um die Angst vieler Menschen vor dem Gründen geht. «What’s the worst that can happen?», fragt er. Was könne schon passieren? Harasgama sagt: «In der Schweiz nicht viel.» Wer falle, lande weich. In diesem Land voller Reichtum, Arbeitsplätze und Möglichkeiten.
Wer ein Unternehmen gründet, der scheitert mit hoher Wahrscheinlichkeit. Von 100 neuen Unternehmen überleben in der Schweiz nur etwas mehr als 80 das erste Jahr, nach fünf Jahren ist bloss noch jedes zweite übrig. Auch Harasgama kennt das. Bei seinem ersten Startup war nach ein paar Jahren Schluss, seine Agentur für Influencer-Marketing funktionierte nicht. Damals, als es noch gar keine Influencer gab. Er ist dann erst einmal zu seinen Eltern gezogen, um Kosten zu sparen. Das war vor zehn Jahren. Heute ist er 42.
Die Zeit im Kinderzimmer nutzte er zum Reflektieren: Was hätte er persönlich besser machen können? Wo hat die Arbeit mit dem Team nicht funktioniert? Und war das Geschäftsmodell überhaupt das richtige? Diese Fragen stellt sich Harasgama seitdem, wenn es schlecht läuft. Ich, die anderen, die Umstände.
Durch Fehler lernt man
«Scheitern macht stark», sagt er. Nur durch Fehler lerne man. Wenn immer alles gut laufe, hinterfrage man sich nicht. Über seine Erfahrungen als Startup-Unternehmer hält er Vorlesungen an Universitäten. Dort sagt er auch: «Wer erfolgreich sein will, muss ehrlich zu sich sein. Das gilt auch beim Scheitern.»
Zum Beginn eines Projektes sollte man sich einen Plan machen, der Zeit und Mittel absteckt. Was will ich investieren? Was will ich erreichen? Und bis wann will ich es geschafft haben? So ein Plan helfe, leichter zu erkennen, ob eine Idee funktioniere – oder nicht. Dann könne man über Alternativen nachdenken.
Im Idealfall sei man beim Gründen nicht allein. Schwierige Zeiten liessen sich so besser überstehen. «Das Gründen darf man nicht romantisieren», sagt Harasgama, «it’s hard work.» Über seine Zeit in seinem ersten Startup sagt er: «Es war die Hölle!» Harasgama grinst dabei. Er weiss: Ohne jemals gescheitert zu sein, wäre er heute nicht der, der er geworden ist.
Leon Igel, «Neue Zürcher Zeitung»